Nach Absetzung und Nichtantritt: Plötzlich Neuansetzung?

12. November 2024, 19:35 Uhr

Doch keine drei Punkte am grünen Tisch: Jakob Schneider (rechts) und der SV Großenlüder werden das Spiel gegen die FSG Bebra wohl doch austragen müssen. © Jonas Wenzel

Der Streit zwischen dem SV Großenlüder und der FSG Bebra wird vermutlich ein neues Kapitel hinzugewinnen: Nach der Spielabsetzung und dem Nichtantritt der Gäste wird die Partie in der Gruppenliga Fulda wohl neu angesetzt.

Darüber informiert Hendrik Brönnecke, Vorsitzender des Regionalsportgerichts Fulda, der allerdings keine Entscheidung fällen konnte. Warum, weshalb, wieso? Wir veröffentlichen nachfolgend die Pressemitteilung im Wortlaut.

Was war passiert?

Bebra konnte am 6. Oktober wegen der Kirmes nicht spielen und teilte dies Großenlüder auch auf der Hinrundenbesprechung mit. Großenlüder konnte dort keiner Verlegung zustimmen, sagte jedoch, dass man sich melden würde. Von beiden Vereinen gab es dann keine weitere Kontaktaufnahme. Erst am 27. September meldete sich Bebra wegen der Verlegung erneut bei Großenlüder. Da das Ganze nun zu kurzfristig war, stimmte Großenlüder der Verlegung nicht zu. Bebra wandte sich dann am 3. Oktober an den Klassenleiter, der das Spiel daraufhin absetzte. Erst am Abend des 6. Oktober, also nach dem eigentlichen Spieltermin, wurde der Status im DFBnet auf „Nichtantritt Gast“ geändert. Bebra erhob deswegen Beschwerde nach § 2 SpO zum Verbandsausschuss für Spielbetrieb und Fußballentwicklung (Verbandsspielausschuss). Diese wurde zurückgewiesen, da der Klassenleiter mit „Nichtantritt Gast“ keine formelle Entscheidung getroffen hätte, dies sei lediglich eine unverbindliche Information.

Wie hat das Sportgericht entschieden?

Das Sportgericht hat in diesem Fall  nicht  entschieden. Denn es liegt hier unter keinem denkbaren Gesichtspunkt ein Anfangsverdacht einer sportwidrigen Handlung vor, da zum Zeitpunkt des ursprünglichen Spieltermins das Spiel abgesetzt war. Die Zuständigkeit liegt somit weiterhin ausschließlich beim Klassenleiter. Dieser hat in eigener Regie über das weitere Verfahren zu entscheiden, also vor allem darüber, ob er das Spiel neu ansetzt oder eine Spielwertungsentscheidung wegen genehmigten Nichtantretens trifft. Dies liegt darin begründet, dass der Klassenleiter das Spiel abgesetzt hat. Hierzu ist gem. § 13 Nr. 5 SpO ausschließlich der Klassenleiter als spielleitende Instanz berechtigt. Eine Spielabsetzung unterscheidet sich von der Spielverlegung dadurch, dass zunächst nur der ursprüngliche Spieltermin abgesagt wird, aber noch kein neuer Termin zur Austragung des Spiels bestimmt wird. Sie ist möglich, wenn beide Vereine sich einig sind, sonst (also ohne Zustimmung der anderen Mannschaft) nur nach § 14 SpO, wenn zwingende Gründe vorliegen. Ob solche Gründe vorliegen, prüft ausschließlich die Verwaltung (Klassenleiter, Verbandsspielausschuss), nicht das Sportgericht. Ein Klassenleiter muss deswegen vor einer Absetzung stets sorgfältig prüfen, ob „zwingende Gründe“ vorliegen. Da es sich beim Klassenleiter der Gruppenliga um einen langjährigen Klassenleiter handelt, geht das Sportgericht auch davon aus, dass es sich um eine bewusste Entscheidung handelt, die wohlüberlegt getroffen wurde. Hierfür spricht zusätzlich, dass die Absetzung in unmittelbarem Zusammenhang mit der Benachrichtigung durch den Gastverein am 3. Oktober erfolgte. Die Absetzung ist jedoch nach der Spielordnung verbindlich und lässt für beide Vereine die Pflicht zum Erscheinen/Austragen des Spiels entfallen. Damit ist denklogisch ein „Nichtantreten“ ausgeschlossen. Da der Klassenleiter auch noch nicht abschließend darüber entschieden hat, ob ein etwaiges Nichtantreten gem. § 64 Nr. 2 SpO zu genehmigen wäre, sodass lediglich eine Spielwertungsentscheidung (per Beschluss durch den Klassenleiter) zu treffen ist und nicht zusätzlich eine Strafe zu verhängen wäre, käme ohnehin eine Befassung des Sportgerichts nicht in Betracht. Dass eine solche Entscheidung nicht vorliegt, ist auch nur damit erklärlich, dass das Spiel abgesetzt wurde, also nach Meinung des Klassenleiters nicht zum ursprünglich vorgesehenen Termin ausgetragen werden sollte. Ob der Klassenleiter seine einmal getroffene Entscheidung zur Absetzung nachträglich (insbesondere nach dem eigentlichen Spieltermin) ändern kann, musste das Sportgericht nicht entscheiden. Das obliegt vielmehr dem Klassenleiter. Dem Sportgericht erscheint es jedenfalls sehr zweifelhaft. Zum einen ist eine Rechtsgrundlage hierfür nicht ersichtlich. Zum anderen spricht hiergegen der Aspekt eines fairen Verfahrens und des Vertrauensschutzes. Denn durch die Absetzung stellen sich die Vereine darauf ein, nicht spielen zu müssen und unterrichten entsprechend ihre Mannschaften und ehrenamtlichen Helfer.

Wie ist der weitere Verfahrensgang?

Der Klassenleiter hat nun in eigener Zuständigkeit über eine Neuansetzung bzw. ein genehmigtes Nichtantreten zu entscheiden. Hier erscheint aufgrund der vorgenommenen Absetzung und der geschilderten rechtlichen Problematik jedoch nur eine Neuansetzung rechtlich vertretbar. Einen persönlichen Hinweis erlaube ich mir auch noch: Wie schon im Verfahren zum Kreispokal-Halbfinale zwischen Ehrenberg und SV Neuhof zeigt sich jedoch, dass der Umgang mit Verwaltungsentscheidungen der Klassenleiter für alle Beteiligten, die oftmals praktische Anwender aus der Sportwelt und keine Juristen sind, nur sehr schlecht nachvollziehbar geregelt ist. Oft wissen weder Klassenleiter noch Vereine, wann eine Entscheidung anfechtbar ist und wie der weitere Verfahrensgang ist.