„Ein guter Wein macht mich glücklich“

04.11.2022

Seit dieser Saison trainiert Zeljko Radic die SG Giesel in der B-Liga Fulda. Dass es für einen wie ihn, der im Fußball weit herumgekommen ist, auch auf dieser Ebene Spaß machen kann, verrät der 51-Jährige im Interview. 

2019 stieg die SG Giesel aus der A-Liga ab, spielt nun die vierte Saison B-Klasse und ist auch diesmal chancenlos in Sachen Wiederaufstieg. Wie lautet Ihre Zwischenbilanz?

Da muss ich ein bisschen ausholen: Nach meiner Station in Sickels habe ich zum ersten Mal in meinem Leben ein Jahr Fußballpause eingelegt. Das hat gut getan. Ich habe viel Sport für mich gemacht, habe auch beruflich gut zu tun. Deshalb habe ich es genossen, mehr Zeit mit meiner Frau und meiner Tochter verbringen zu können. Einige Anfragen habe ich abgelehnt, dann kam Giesel: Das war für mich ideal, denn von meinem Wohnort sind es durch den Wald nur drei, vier Kilometer dorthin. Dazu waren das sehr ehrliche Gespräche. Der sportliche Plan von mir war aber ursprünglich ein anderer, leider hat es mit den geplanten Neuverpflichtungen nicht so geklappt, wie ich mir das gewünscht hätte. Das lag aber nicht an Giesel. Was mir dort super gefällt ist, dass wir viele junge Leute haben, bei denen eine Entwicklung zu erkennen ist und – was für mich ganz entscheidend ist – die mit Leidenschaft dabei sind. Es ist B-Liga, da muss man Abstriche machen, aber das passt schon alles so.

Giesel hat knapp 1000 Einwohner und die gleichen Probleme wie viele andere Vereine aus solch kleinen Orten auch. Es gibt keine zweite Mannschaft, der Kader ist nicht groß. Wie lange schafft es der Verein noch eigenständig zu bleiben?

Dass es keine zweite Mannschaft gibt, ist ein Problem: Wir haben 19, 20 Spieler und da hast du jede Woche Leute dabei, die nicht spielen können. Es wäre super, wenn wir den ein oder anderen Gieseler, der woanders spielt, für uns zurückgewinnen könnten. Dann würde es vielleicht für eine Zweite ausreichen. Vielleicht wäre auch eine Spielgemeinschaft im Bereich der zweiten Mannschaft keine schlechte Lösung.

Heute geht es gegen Spitzenreiter Kerzell/Löschenrod II. Gegen diesen Gegner gab es im Hinspiel ein 0:8. Gibt es eine Chance auf die Revanche?

Im Fußball hast du immer Chancen. Wir sind auf alle Fälle stärker als im Hinspiel, das früh in der Saison war. Seitdem sind wir gereift. Zudem haben uns beim 0:8 einige Leute gefehlt. Das wird ein anderes Spiel, in dem wir dennoch Außenseiter sind.

Sie sind jetzt 51 Jahre alt, haben viele erfolgreiche Stationen als Spieler und Trainer gehabt. Unter anderem spielten Sie mit Ihrem Bruder Zlatko beim FC Homburg. Was gibt Ihnen der Fußball heute auf fast der niedrigsten Ebene?

Die Motivation ist nicht von der Liga abhängig. Auch zu Hause, wenn wir ein Spiel mit meiner Tochter spielen, dann will ich gewinnen. Das sind die Gene. Verlieren gefällt mir nicht. Wenn ich spüre, dass die Jungs am Sonntag kämpfen und Leidenschaft an den Tag legen, dann macht mich das glücklich.

Wo haben Sie fußballerisch Ihre schönste Zeit verbracht?

Man hat durch den Fußball viele tolle Menschen kennengelernt und ich habe mir bei keiner Station die Tür zugestoßen. Es gab viele schöne Zeiten, ob bei Progres Frankfurt, Bad Soden oder auch in Horbach damals in der Hessenliga. In Eichenzell war ich zweimal, insgesamt sechs Jahre. Das war schon herausragend. Die Leute in Eichenzell sind besonders, sie sind fußballverrückt. Aber auch in Haimbach war es eine überragende Zeit. Der Fußball hat mir alles gegeben. Ohne Fußball wäre mein Leben ganz anders gelaufen. Die vielen Kontakte sind Wahnsinn.

Sie sind bekennender Weintrinker, betreiben einen Handel mit italienischen Weinen. Was macht den feinen Tropfen aus und welcher ist Ihr Favorit?

Durch meine Frau, die Italienerin ist, sind wir oft in Apulien und Kalabrien. Von dort habe ich so ein bisschen die Ess- und Trinkkultur übernommen. Es gibt doch kaum was Schöneres, als sich abends nach getaner Arbeit hinzusetzen, einen guten Wein zu trinken und dazu ein bisschen Käse und ein gutes Olivenöl zu probieren. Das genieße ich total. Für mich muss ein Wein fruchtig sein. Ob das ein roter, weißer oder ein rosé ist, hängt auch ein bisschen von der Stimmung ab. Da bin ich komplett offen.