Mittlerweile lässt sich Can Uzun ganz schön lange Zeit mit dem Toreschießen. Als der seit bald vier Wochen 19 Jahre alte Jungspund erstmals einen Treffer für Eintracht Frankfurt markierte, das 6:2 gegen den VfL Bochum (Endstand: 7:2), da brauchte er kaum 60 Sekunden nach seiner Einwechslung. Jetzt, am Samstag gegen unangenehme Augsburger, benötigte der Deutsch-Türke doppelt so lange, geschlagene zwei Minuten: In der 72. Minute eingewechselt, schlug sein (von Phillip Tietz) leicht abgefälschter Schuss erst in der 74. Minute zum 2:2 im Netz ein. Okay, wollen wir mal nicht so kritisch sein, sein Treffer war wichtig, wichtig für die Mannschaft, die folglich nach dem 0:3-Aus im Pokal gegen Leipzig die nächste Niederlage verhinderte, wichtig für Torsteher Kevin Trapp, dessen Patzer zum 1:2 damit nicht noch gravierendere Folge hatte, und vor allem wichtig für Can Uzun: „Eine Last ist von mir runtergekommen“, sagte er später. Und: „Ich habe mich sehr, sehr krass gefreut.“ Das war unübersehbar im Stadion, wie von der Tarantel gestochen rannte er nach dem Treffer über den Platz, erleichtert, glücklich, endlich wichtig.
Can Uzun, dieser mit Talent fast im Übermaß gesegnete Techniker, im letzten Jahr einer der Überflieger in der zweiten Liga beim 1. FC Nürnberg (16 Toren), dieser Can Uzun tut sich noch immer schwer, in der Bundesliga Fuß zu fassen. In der Liga hat er bislang 108 Minuten spielen dürfen, in sieben Partien, häufig kurze Einsätze, die meisten ohne groß aufzufallen, er schwamm halt bestenfalls so mit. Nach dem Bochum-Spiel hat er die nächsten drei Bundesligaspiele draußen gesessen, im Europapokal-Spiel gegen Slavia Prag stand er zwar erstmals in der Startelf, aber da gelang ihm so gut wie nichts. Der Druck wuchs, der Frust auch. Für ihn, für die Erwartungen des Umfeldes, war das bislang viel zu wenig. Und dann startet auch noch sein bester Kumpel Nathaniel Brown in den letzten Wochen geradezu durch.
Alternative im Sturm
„Keine einfache Zeit“ sei das für ihn gewesen, findet Sportvorstand Markus Krösche, umso mehr hat es ihn gefreut, dass Uzun an diesem 13. Spieltag so bedeutsam wurde für die Eintracht. „Er hat den Mut zum Schuss gehabt“, lobte der Boss. Mentale Unterstützung hatte Uzun zudem von Hugo Ekitiké erhalten, er, Ekitiké, kenne das Gefühl aus Paris, im vergangenen Jahr hat der längst aufgeblühte Stürmer gerade acht Minuten spielen dürfen, war komplett außen vor. „Das hat Can heute gut gemacht.“
Auch Trainer Dino Toppmöller war ein Stein vom Herzen gefallen. „Er geht nach innen, sucht den Abschluss, das war schon sehr frech, hatte Zug zum Tor. Das gefällt uns gut“, hob der Coach den Daumen, überhaupt: Alle Einwechselspieler, fast alle beinahe noch im Alter von A-Junioren, hatten gezündet.
Nun ist der Coach einer, der große Stücke auf Uzun hält, im Sommer für elf Millionen vom Valznerweiher gekommen. Er sei ein Spieler, „der extreme Qualitäten hat.“ Aber um in der Bundesliga regelmäßig zum Einsatz zu kommen, muss er an sich arbeiten, vor allem defensiv, er muss dagegen halten, darf sich nicht allein auf sein außergewöhnliches Talent zurückziehen. Das hat er inzwischen begriffen. „Er muss mit einer guten Intensität arbeiten. Das war heute, was die Intensität betrifft, ein großer Schritt nach vorne“, sagt Toppmöller. „Wenn du das machst, hast du das Quäntchen Glück, das du brauchst.“ Dann werde Uzun künftig mehr Tore erzielen. Der Treffer zum Punktgewinn sei „für seinen Kopf gut“ gewesen.
Denn Can Uzun, stabilisiert er sich auf diesem Niveau, könnte durchaus eine echte Alternative für den Sturm sein, dann nämlich wenn, Omar Marmoush oder Ekitiké nach 70, 75 Minuten den Platz räumen oder eine Pause benötigen. Denn der 19-Jährige passt fußballerisch viel, viel besser zum Frankfurter Kombinationsfußball als der etatmäßige dritte Angreifer Igor Matanovic. Und auflegen kann Uzun nämlich auch: Seine Flanke nach Dribbling über rechts hätte ein weiterer Jungspund, Jean-Mateo Bahoya, in der Nachspielzeit fast zum 3:2 veredelt - nur Augsburgs Torhüter Ned Labrovic verhinderte den Siegtreffer reaktionsschnell.