Mit 24 Zählern aus 22 Spielen befindet sich die Bommer-Elf weiter inmitten des Abstiegskampfes der Hessenliga. „Wir wussten von Anfang an, dass es nicht leicht wird und das haben die ersten drei Begegnungen gegen die direkten Konkurrenten Baunatal, Oberrad und Alzenau auch gezeigt“, erklärt Azaouagh, der aber mit der Situation umzugehen weiß. „Das ist für mich kein Problem, da kommt mir meine Erfahrung sicherlich zugute. Wir wissen, dass wir in der Mannschaft eine gewisse Qualität haben und sind davon überzeugt, am letzten Spieltag über dem Strich zu stehen.“ Doch die nächsten Aufgaben werden nicht leichter: Am Sonntag (15 Uhr) gastiert der TSV Lehnerz im Hahn-Air-Sportpark, danach bekommt es Dreieich mit Seligenstadt und Buchonia Flieden zu tun. Gerade vor dem Vorjahreszweiten Lehnerz hat der ehemalige U-21-Nationalspieler Deutschlands großen Respekt, auch wenn er selbst wegen einer Grippe fehlen wird. „Ich habe das Team im Spiel gegen Rot-Weiss Frankfurt gesehen (0:2, Anm. d. Red.) und mir gefällt vor allem ihre Ordnung in der Defensive. Sie haben ein Team, das bis zum Umfallen kämpft und mit Henry Lesser einen Trainer, der sie 90 Minuten pusht und kommandiert“, lobt Azaouagh die Osthessen. Auf einen Gegenspieler freut er sich bereits ganz besonders: Sebastian Sonnenberger. „Sonne und ich sind alte Kollegen aus unserer gemeinsamen Zeit beim 1. FC Kaiserslautern. Er ist ein ganz feiner Kerl, eine ehrliche Haut und ein sehr guter Verteidiger. Ich habe ihn in meiner Zeit in Kaiserslautern sehr gerne gehabt“, berichtet Azaouagh, der seit der Winterpause für die Südhessen aufläuft und zuvor eineinhalb Jahre pausiert hat.
Überzeugt vom Projekt
Ende des vergangenen Jahres hielt sich der 33-Jährige dann bei Ligakonkurrent Rot-Weiss Frankfurt fit, obwohl er zu diesem Zeitpunkt gar nicht wusste, ob es fußballerisch überhaupt weitergeht. „Nach meiner Zeit in Kaiserslautern hatte ich für mich mit dem Fußball eigentlich abgeschlossen. Es sind viele Sachen passiert und ich war mir nicht sicher, ob mein Körper das noch einmal mitmacht. Während meiner Auszeit habe ich aber schnell gemerkt, dass ich diesen Sport zu sehr liebe und nicht von heute auf morgen mit ihm abschließen kann“, berichtet Azaouagh. Sein langjähriger Freund Daniyel Cimen, gleichzeitig Trainer bei Rot-Weiss Frankfurt, habe ihn dann dazu überreden können, sich bei Rot-Weiss fit zu halten. Schnell sprach sich herum, dass Azaouagh wieder auf dem Markt ist und schnell flatterten die Angebote ins Haus des gebürtigen Marokkaners. „Ich wollte aber nicht alles stehen und liegen lassen“, sagt Azaouagh, der sich auch aufgrund seines Wohnortes im Rhein-Main-Gebiet für Dreieich entschied und mittelfristig mit dem Club in die Regionalliga möchte. Der Kontakt kam über den neuen Pressesprecher der Hessen, Antonio Abbruzzese, zustande, der ihn vom Vorhaben des Vereins unterrichtete. Seine Zusage gab er übrigens vor der Verpflichtung von Rudi Bommer, „Charly“ Körbel und Co. „Mich hat das Projekt auf Anhieb begeistert und ich halte es für den richtigen Weg, junge Talente zu fördern und diesen ein Sprungbrett in den Profifußball zu geben. Als ich dann erfahren habe, dass Rudi mein Trainer wird und er noch weitere Leute mit Kompetenz mitbringt, habe ich mich in meinem Gefühl bestätigt gefühlt.“ Zudem habe ihm der Verein eine berufliche Perspektive aufgezeigt, wie es für den derzeitigen Vertragsamateur nach Beendigung seiner fußballerischen Laufbahn weitergehen könne.
"Vielleicht wäre Slomka dann nicht um mich herumgekommen"
Anpassungsprobleme hatte der Ex-Profi, der 104 Bundesliga-Einsätze absolviert hat und dabei 15 Treffer erzielte, in der fünfthöchsten Spielklasse keine. Während er im ersten Spiel gegen Baunatal noch wegen eines Hexenschusses pausierte, feierte er gegen Oberrad nicht nur sein Debüt, sondern auch noch seine ersten beiden Pflichtspieltreffer im Trikot des SC Hessen. Zudem fällt es Azaouagh, der im Oktober 2007 im Trikot des FC Schalke 04 an der Seite von Manuel Neuer an der Stamford Bridge gegen den FC Chelsea und Spieler wie Didier Drogba oder Petr Cech sein einziges Spiel in der Champions League bestritt (0:2-Niederlage), überhaupt nicht schwer sich zu motivieren, wenn er plötzlich vor 300 statt 30 000 Zuschauern aufläuft. „Für mich macht es keinen Unterschied, ob ich in London oder Baunatal spiele. Ich liebe diese Sportart und es ist für mich immer noch das Größte, wenn ich auf dem Platz stehen darf. Ich will einfach nur Fußball spielen“, sagt Azaouagh, der einst als eines der größten Talente im deutschen Fußball galt und zwischenzeitlich sogar beim damaligen Nationatrainer Jürgen Klinsmann ein Kandidat für die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland gewesen sein soll. „Insgesamt bin ich sehr zufrieden mit dem, was ich habe und aus meiner Karriere herausgeholt habe“, zieht Azaouagh ein positives Fazit seiner Karriere, die von schweren Verletzungen geplagt war. „Im Fußball ist es enorm wichtig, verletzungsfrei zu bleiben, damit du dich kontinuierlich weiterentwickeln kannst. Ich hingegen wurde immer wieder zurückgeworfen und musste stehts bei den Basics anfangen.“ Zahlreiche Verletzungen verhinderten seinen großen Durchbruch auch auf Schalke, wohin er 2005 als gefeierter Jungstar aus Mainz gewechselt war. Gerade der damalige Trainer Ralf Rangnick machte sich für eine Verpflichtung stark. „Hätte ich unter Rangnick mein Potenzial zeigen können, wer weiß? Vielleicht wäre Mirko Slomka dann gar nicht um mich herum gekommen“, sagt Azaouagh heute. Denn schnell stellte sich heraus, dass Slomka andere Spielertypen als den kleinen, technisch versierten Mittelfeldspieler bevorzugen würde. Erinnern will sich Azaouagh viel lieber an die schönen Momente seiner Profi-Karriere – wie den Aufstieg mit Mainz 05 am letzten Spieltag der Saison 2003/04 in die Bundesliga. Damaliger Trainer: Jürgen Klopp, der jetzt beim englischen Traditionsverein FC Liverpool in der Verantwortung steht. „Eine super Zeit mit einem tollen Trainer. Er gehört neben Rangnick, Marcel Koller und Friedhelm Funkel zu den vier Trainern aus meiner Profikarriere, von denen ich sehr, sehr viel halte. Es gab aber auch Coaches, die zwar fachlich top, aber menschlich katastrophal waren. Sie konnten die Inhalte der Mannschaft einfach nicht herüberbringen.“