Eintracht Frankfurt: Bravourös ins Achtelfinale

30.10.2024

Die Eintracht kämpft trotz 75-minütiger Unterzahl Mönchengladbach verdient nieder und bringt das Stadion zum Beben. Das sagenhafte Sturmduo macht den Unterschied.

Als der packende Pokalkrimi im Frankfurter Stadtwald dann nach 96 Minuten endlich abgepfiffen war und Eintracht Frankfurt in einem wahren Parforceritt und in 80-minütiger Unterzahl den Kontrahenten aus Mönchengladbach mit 2:1 niedergerungen hatte, ging Torwart Kevin Trapp an seinem Sechzehner auf die Knie, ballte die Fäuste und brüllte seine Freude hinaus in den Abendhimmel. Ein paar Meter weiter verwandelte sich Trainer Dino Toppmöller in ein HB-Männchen, sprang auf und ab wie ein Flummi und wusste gar nicht wohin mit seiner aufgestauten Emotion. Und oben, auf den Tribünen, flippten die Menschen förmlich aus. Mit einer bravourösen Leistung sicherte sich die Eintracht den Einzug ins Achtelfinale, es war ein spezieller Sieg, ein Sieg der Leidenschaft, der Mentalität – aber auch Ausdruck der spielerischen Klasse.

„Unglaublich“, sagte der sonst so nüchtern daherkommende Sportvorstand Markus Krösche. „Hut ab vor der Mannschaft, ganz großes Kompliment.“ Die Eintracht habe an diesem denkwürdigen Abend im Waldstadion „nur Maschinen“ auf dem Platz gehabt. Dieser Sieg, errungen mit einem Mann weniger, könne eine Art Erweckungserlebnis sein. „Es ist ein Zeichen nach außen und innen“, findet der Sportchef. „Wir sind immer in der Lage, außergewöhnliche Dinge zu bringen. Die Mannschaft ist mit dem Stadion und den Fans noch mal zusammengewachsen.“ Und auch Axel Hellmann, der Vorstandssprecher, der nur zur Presse spricht, wenn er eine besondere Botschaft unters Volk zu bringen gibt, lobte die Mannschaft überschwänglich: „Solch eine Leistung in Unterzahl kann für den Verlauf der weiteren Saison ausgesprochen wichtig sein.“

Die das Spiel verändernde Szene ereignete sich bereits nach einer Viertelstunde. Da nämlich rutschte der Frankfurter Verteidiger Arthur Theate kurz vor dem Strafraum im Zweikampf mit Lukas Ullrich als letzter Mann weg und spitzelte den Ball im Liegen mit der Hand dem Gladbacher vom Fuß. Eine mehr als unglücklich Aktion – und die Verhinderung einer klaren Torchance. Die richtige Folge: Rote Karte. „Das ist ein Reflex, das passiert“, sagte Manager Krösche. „Aber aufbauen müssen wir ihn nicht, er ist sehr professionell.“

Für den Belgier bedeutet diese Hinausstellung einen doppelten persönlichen Nackenschlag: Schon am vergangenen Sonntag beim Auswärtsspiel bei Union Berlin flog Theate mit Gelb Rot vom Platz. War diese Entscheidung eine fragwürdige, war der rote Karton im Pokal gerechtfertigt. „Er hat sich bei den Jungs in der Kabine entschuldigt und sie zum Essen eingeladen“, berichtete Dino Toppmöller.

Kurioserweise veränderte die Eintracht-Unterzahl das Spiel, aber nicht so, wie man es hätte denken können. Die Gladbacher reagierten auf die Überzahl einigermaßen ratlos, fast so, als hätte diese neue Situation ihren Matchplan über den Haufen geworfen. Kopflos rannten sie an, fanden aber kaum eine Lücke in der Eintracht-Abwehr, die nach dem Theate-Aussetzer durch Nnamdi Collins verstärkt wurde. Für ihn musste Eric Dina Ebimbe weichen. So viel vorneweg: Collins machte ein sensationelles Spiel, „das Spiel seines Lebens“, wie Vorstandssprecher Hellmann befand.

Die Eintracht blieb sogar durchaus gefährlich, immer wieder durch Hugo Ekitiké, einen von zwei Ausnahmestürmern im Frankfurter Ensemble. Der andere, Omar Marmoush, saß zwecks Schonung schon ein wenig überraschend draußen. Ekitiké war es auch, der eine gute Möglichkeit der Platzherren einleitete, doch Nathaniel Brown drosch den Ball in den zweiten Stock (34.). Der Youngster hatte bei seinem Startelfdebüt sichtlich mit Nervosität zu kämpfen. Und Ekitiké war es, fast schon logisch, der für die Führung der dezimierten Gastgeber sorgte. Ellyes Skhiri hatte den Ball in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit hinten erkämpft und den Franzosen auf die Reise geschickt, der den Gladbacher Verteidiger Marvin Friedrich zum Tänzchen bat. Ein, zwei Hüftschwünge später hatte Ekitiké freie Schussbahn und traf zur umjubelten Führung ins lange Eck. Eine Punktlandung.

So ging es aber nicht weiter, die Elf vom Niederrhein brauchte im zweiten Abschnitt nicht lange, um zurückzuschlagen, und zwar in Person von Kou Itakura, der unmittelbar nach Wiederanpfiff mit einem unhaltbaren Schuss von der Strafraumgrenze den Spielstand egalisierte (47.). Die Eintracht musste sich erst einmal schütteln doch das Team verteidigte bravourös, warf sich mit allem, was drin steckte in die Gladbacher Angriffsbemühungen.

Es entwickelte sich ein echter Pokalfight, rassig, packend und unterhaltsam. Und die Frankfurter blieben gefährlich. Längst war nicht mehr zu erkennen, dass die Frankfurter dezimiert waren. Und dann wechselte Dino Toppmöller den anderen Angreifer der Extraklasse ein, nach gut einer Stunde kam der frenetisch gefeierte Omar Marmoush, und ja, wie es so ist: Nach klasse Vorarbeit von Collins war es der Ägypter, der die Eintracht wieder in Front brachte. Aus dem Getümmel behielt er die Übersicht, wackelte vier Gladbacher irgendwie aus schoss ein (70.). Das Stadion stand Kopf – und Marmoush jubelte pünktlich zu Halloween mit furchteinflößender Maske.

Das Spiel hatte sich endgültig gedreht, man hätte meinen können, die Eintracht sei numerisch in Überzahl. Und am Ende hätte sie sogar noch deutlich höher gewinnen können, ein 4:1 wäre drin und verdient gewesen. Doch auch so geht die Eintracht-Reise weiter – mit dem Fernziel: Berlin im Frühjahr 2025.