Frankfurt - Als Bo Henriksen im Februar des vergangenen Jahres die Zügel beim FSV Mainz 05 übernahm, befand sich der Verein in einer prekären Lage . Nach der Trennung von Erfolgstrainer Bo Svensson und den Rheinländern im Herbst und nur einem Sieg unter Nachfolger Jan Siewert, zogen die Verantwortlichen um Christian Heidel und dem mittlerweile nicht mehr als Sportdirektor tätigen Martin Schmidt nach 21 Spieltagen die Notbremse. Mit lediglich zwölf Punkten auf dem Konto war der erste Nichtabstiegsplatz, besetzt von Union Berlin, neun Punkte entfernt.
Henriksen hat alle Tristesse vertrieben
Doch zehn Monate später ist von dieser Situation nichts mehr zu spüren. Am vergangenen Samstag besiegten die Rheinhessen den FC Bayern München mit 2:1 und fügten dem Tabellenführer die erste Niederlage in der Bundesliga zu. Sportdirektor Nico Bungert erklärte bei Sky: „Das Team hat sich in den letzten Wochen ein unglaubliches Selbstbewusstsein erarbeitet, das ist uns nicht zugeflogen, wir haben die richtigen Schritte eingeleitet“. Er fügte hinzu: „Durch diese Maßnahmen haben wir uns eine ganz andere Souveränität aufgebaut und immer mehr Qualität in allen Bereichen hinbekommen.“
Mit diesem Selbstvertrauen treten die Mainzer nun auch zum Lokalderby gegen Eintracht Frankfurt an. Der traditionsreiche hessische Verein belegt mit 27 Punkten den dritten Platz, obwohl die Leistung zuletzt etwas nachließ. Die 05er hingegen konnten in den letzten sechs Ligaspielen 13 Punkte sammeln. Diese beeindruckenden Zahlen belegen die erfolgreiche Arbeit von Henriksen. Seine Verpflichtung war zweifellos ein Glücksgriff.
Heidel hatte wieder einen sehr guten Blick
Christian Heidel, der während seiner Zeit bei Mainz bereits mehrere kluge Trainerentscheidungen (unter anderem Jürgen Klopp oder Thomas Tuchel ) getroffen hat, stellte Henriksen mit den Worten vor : „Wir haben uns intensiv mit unserer aktuellen Situation beschäftigt und analysiert, welcher Trainertyp mit welchem fußballerischen Ansatz in dieser schwierigen sportlichen Situation zu uns passt. Dies hat uns zu Bo Henriksen geführt, einem Trainer, dem es in seiner Karriere wiederholt und unter sehr verschiedenen Voraussetzungen gelungen ist, Mannschaften zu formen und dabei einen gleichermaßen pragmatischen, aber auch mutigen und schlussendlich erfolgreichen Fußball spielen zu lassen.“
Der Däne mit der blonden Mähne hat einen ganzen Verein wiederbelebt. In den verbleibenden 13 Partien der Saison holte er noch 23 Punkte. Ein Schlüssel zum Erfolg: Henriksen stabilisierte sofort die Defensive, die fünfmal ohne Gegentor blieb. Er führte ein 3-4-2-1-System ein und holte aus seinen Topspielern Jonathan Burkardt, Brajan Gruda (der im Sommer nach Brighton wechselte) und Nadiem Amiri das Beste heraus. Nach der Stabilisierung folgte die Torgefahr. In den letzten neun Spielen der vergangenen Saison erzielten die Mainzer 19 Tore - bis zum 25. Spieltag hatten sie nur 20 Tore erzielt. Auch in dieser Saison sind die 05er wieder torgefährlich, nur fünf Teams haben mehr Tore erzielt. Und nur drei Teams haben weniger Tore kassiert. Mainz hat bei einem Torverhältnis von 25:19 eine ausgezeichnete Balance gefunden.
Henriksen strahlt enorm viel Energie aus
Und Henriksen hat einen großen Anteil daran. Der 49-Jährige wird von Weggefährten als sehr lebensfroher Mensch beschrieben, der durch Positivität und Energie besticht. Dies zeigt er nicht nur in Pressekonferenzen, sondern auch, wenn er weit vor Spielbeginn in Richtung Fanblock läuft und die Fans anfeuert. Nach 27 Spielen als Trainer von Mainz hat er einen Punkteschnitt von 1,67 - das würde hochgerechnet 57 Punkte und damit Europa bedeuten.
Der aktuelle siebte Platz ist also kein Zufall. Und die 22 gesammelten Punkte sind eng mit dem „Energiebooster“ an der Seitenlinie verbunden. Denn Henriksen zeichnet sich durch zwei weitere Eigenschaften aus: Ehrlichkeit und die Fähigkeit zur Selbstkritik. Nach einer 1:8-Niederlage gegen den FC Bayern in seinem vierten Spiel in Mainz, konterte das Team eine Woche später mit einem 2:0-Sieg gegen den VfL Bochum.
So ging er mit seiner bittersten Pleite in Mainz um
Henriksen erklärte im Gespräch mit dem Magazin 11Freunde: „Ich habe das Spiel auf meine Kappe genommen., denn ich hatte es komplett in den Sand gesetzt. Weil ich taktisch cleverer als Bayern sein wollte, habe ich die Spieler jeden Tag der Trainingswoche mit meinen Ideen überfrachtet. Aber wenn du glaubst, an der Taktiktafel besser als alle anderen zu sein, bist du verloren.“ Es ist diese Mischung, die den Trainer von Mainz auszeichnet - und den Verein von einer großartigen Saison träumen lässt.