Gruppenliga: „Vereinsleben – genau mein Ding“

Künzells Neuer Jose Ramon Bacale hat interessante Vita

20.09.2014

Seit fünf Wochen gehört Jose-Ramon Bacale erst dem TSV Künzell. Längst ist der Neuzugang aber schon im Verein integriert. Der 30-jährige stach als Fußballer beim Gruppenligisten, aber auch als Typ. Dazu hat er eine äußerst spannende Vita zu bieten.

Wer sich mit dem 30-Jährigen trifft, vermutet zunächst, er habe es ob des lateinamerikanisch anmutenden Namens mit einem Spanier oder vielleicht Südamerikaner zu tun. „Das stimmt“, lacht Bacale, „eigentlich geht mir das fast immer so, dass die Leuten meinen, ich sei Südeuropäer oder vielleicht Kolumbianer.“ Doch die Wahrheit ist eine ganz andere: Bacale wurde in Litauen geboren. Von dort stammt seine Mutter. Der Vater dagegen kommt aus Afrika – genau aus Äquatorialguinea, einem kleinen Land, das an Kamerun und Gabun grenzt. „Meine Heimat ist aber Norddeutschland“, grinst Bacale, der in der Nähe von Aurich in Ostfriesland groß geworden ist.Sein Leben gleicht einer kleinen Odyssee. Denn Litauen und Ostfriesland folgte der Umzug nach Wuppertal. Dort studierte Bacale Wirtschaftswissenschaften, ehe es ihn im Sommer berufsbedingt nach Fulda verschlug. Bei einer großen Kette für Damen- und Herrenmode absolut er gerade eine Ausbildung zum Handelsfachwirt. „Am Anfang fiel mir die viele Umzieherei schon schwer. Aber mittlerweile habe ich mich daran gewöhnt – auch dank des Fußballs, der mir vieles leichter macht“, erklärt der Wahl-Künzeller, der sich zunächst bei Borussia Fulda zwecks eines Engagements erkundigte. „Da war der Kader aber schon zu und man wollte mich nicht haben. Im Nachhinein ein Glücksfall. Denn so habe ich gewartet, bis ich eine Wohnung gefunden hatte und so kam ich nach Künzell.“ „Glücksfall“ deshalb, weil sich Bacale nach nur wenigen Wochen bereits wie zu Hause fühlt. „Der TSV Künzell erinnert mich so ein bisschen an meinen Heimatverein in Norddeutschland. Auch dort steht das Vereinsleben an oberster Stelle. In Künzell spielen ja fast ausschließlich Einheimische. Auch deshalb sitzt man nach den Spielen und dem Training noch länger zusammen, isst und trinkt was. Das ist genau meine Welt.“ Bacale überließ indes nichts dem Zufall und „beobachtete“ die Künzeller zunächst bei zwei Spielen, ehe er sich vorstellte und Trainer Marcel Müller ansprach, ob er denn mittrainieren dürfe. Auch das Gerücht, dass er bereits im ersten Training alle Teamkameraden beim Vornamen nannte, stimmt. „Ich kann mir Namen unheimlich gut merken. Deshalb ist es mir auch nicht schwer gefallen. Der eine oder andere hat aber schon ein bisschen verdutzt geschaut, weil ich gewusst habe, wie er heißt“, schmunzelt der Globetrotter. Nach Stationen beim TuS Holtrim, dem TuS Esens und der Spvgg. Aurich in Ostfriesland folgten ab 2008 drei Engagements in Wuppertal. Nach dem TSV Ronsdorf schnürte Bacale die Stiefel für den ASV Wuppertal und zuletzt für die Zweite des Wuppertaler SV. Sein Rekordspiel: Für Ronsdorf schoss er in der dortigen Gruppenliga mal bei einem 8:2-Sieg sieben Treffer. „Schießen ist verkehrt“, lacht er. „Sechs habe ich mit dem Kopf gemacht, nur eines mit dem Fuß.“ Damit bestätigte er die Aussage eines ehemaligen Trainers, der sagte: „Bacale ist 90 Prozent Kopf und 10 Prozent Fuß.“ „In der Tat ist das Kopfballspiel meine Stärke. Eine weitere gute Eigenschaft von mir ist, dass ich nie aufgebe und meine Mitspieler immer weiter versuche zu pushen – auch wenn es 0:2 oder 0:3 steht“, so Bacale. Diese Selbsteinschätzung, trifft den Nagel wohl auf den Kopf. Denn letzten Sonntag wurde Bacale erstmals für Künmzell eingewechselt – sein Team lag 0:2 hinten. Was folgte, war die Wende mit Bacale, der das 2:2 mit einem herrlichen Treffer selbst markierte und in der Nachspielzeit – mit der allerletzten Aktion – Peter John das 3:2-Siegtor so vorbereitete, dass der den Ball nur noch reinschieben musste. Was auf ihn in acht Tagen wartet, weiß Bacale schon. „Da gibt es für mich das erste Derby mit Bachrain. Ich weiß zwar nicht, woher die Rivalität rührt, aber die Künzeller haben mir im ersten Training schon gesagt, dass ich überall hinwechseln kann – bloß nie nach Bachrain. Da muss also Feuer drin sein“, grinst der Neue, der im Sturm, aber auch in der Innenverteidigung spielen kann. Offen ist indes, wie lange der TSV Spaß an seiner lockeren Art und seinen Toren haben wird. „Meine Ausbildung in Fulda dauert maximal drei Jahre. Dann geht es wahrscheinlich wieder weiter. Ich habe im Betrieb aber auch schon gehört, dass ich bereits nach 18 Monaten möglicherweise in eine andere Filiale komme.“ Aber ans Umziehen hat sich Bacale schließlich längst schon gewöhnt.