Es gab ja eine Menge aufzuarbeiten nach dem jüngsten Spiel unterm Bayer-Kreuz, die Themen lagen auf der Hand, nur gehörte das nächste Spiel nicht unbedingt dazu, aus nachvollziehbaren Gründen. Dabei ist es gängige Praxis, kaum ist die eine Begegnung abgepfiffen, schon einen Blick auf die nächste zu werfen. Zumal die nächste die Frankfurter Eintracht am morgigen Donnerstag zur krummen Zeit (18.45 Uhr/live RTL) im Stadtwald in ihrem Lieblingswettbewerb antreten lässt, und zwar gegen ein Team, das sie in ihrer langen, inzwischen 125 Jahre währenden Historie noch nie als Gegner hatte: FK Riga Futbola Skola, das liegt in Lettland, einen weiten Abschlag von den Gestaden der Ostsee entfernt.
Die dritte Begegnung in der Ligaphase der Europa League ist der Auftakt zu einem wahren Berg an Spielen, sechs Partien in allen Wettbewerben stehen in den nächsten 18 Tagen an, das ist eine ordentliche Menge oder, wie Verteidiger Rasmus Kristensen im Überschwang der Gefühle findet: „Das Geilste, was es gibt.“ Viele Spiele heißt übersetzt wenig Training: Riga am Donnerstag, Union Berlin am Sonntag, dann Borussia Mönchengladbach (im DFB-Pokal), VfL Bochum, Slavia Prag, VfB Stuttgart – und dann ist erst einmal Länderspielpause, was für ein gutes Dutzend Eintracht-Spieler bedeutet: auf ins Flugzeug zu Dienstreisen mit den jeweiligen Ländermannschaften. Es ist aber auch ein Tort als Fußballprofi!
„Volle Kanone nach vorne“
Derlei Belastung will gesteuert sein, und für dieses etwas anspruchsvollere Programm haben die Klubs, hat auch Eintracht Frankfurt einen größeren Kader. Wer auf drei Hochzeiten erfolgreich tanzen will, muss wechseln, muss die Belastung der einzelnen Spieler steuern, muss rotieren.
Auch Trainer Dino Toppmöller, selbst wenn darüber öffentlich noch nicht gesprochen wurde, wird rotieren, wird einigen Vielspielern schöpferische Pausen einräumen. Wenn nicht jetzt, wann dann? Der Coach wird sicher nicht alles umkrempeln, eher moderat und dosiert umbauen, den zweiten Anzug aus dem Schrank holen. Die Partie gegen Riga bietet sich für einen Personalwechsel geradezu idealerweise an: Der amtierende (und wohl neue) lettische Meister gehört nicht zur ersten Adresse im internationalen Fußball, Riga FS ist von allen Frankfurter Gegnern der mutmaßlich leichteste, ein Heimsieg Pflicht, wollen die Hessen ihr ambitioniertes Ziel erreichen, „auf direktem Weg“ (Markus Krösche) ins Achtelfinale einziehen. Also gibt Sportdirektor Timmo Hardung vorsichtshalber die Parole aus: „Volle Kanone nach vorne“ – ohne freilich den Underdog aus dem Baltikum zu unterschätzen. Wer Bayern München und Bayer Leverkusen Paroli bietet, sollte das schaffen
Selbst mit einer anderen Mannschaft als die vom vergangenen Samstag. Spieler also, die vernehmlich mit den Hufen scharren und zuletzt über Kurzeinsätze nicht hinausgekommen sind. Igor Matanovic zum Beispiel, der Stürmer, der an den beiden Top-Angreifern Omar Marmoush und Hugo Ekitiké nicht vorbeikommt, dürfte ziemlich sicher in der Startelf stehen. Er brennt auf seinen Einsatz, in der kroatischen Nationalelf hat er zuletzt einen Treffer erzielt, bei der Eintracht beim 4:2-Sieg in Kiel. Der 21-Jährige zeigt Anlagen, aber ihm fehlt es an Handlungsschnelligkeit, auch sind seine Abschlüsse in der Liga durchaus verbesserungswürdig. Die Partie am Donnerstags ist auch insofern perfekt für ihn, weil Riga tief stehen wird, und da dürfte seine Kopfballstärke (sollten entsprechende Flanken kommen) wichtig werden. Denkbar ist, dass Jean-Matteo Bahoya auf den Flügeln eine Bewährungschance erhält. Es wäre sein zweiter Einsatz von Anfang an, der erste war beim 0:3 im April beim VfB Stuttgart. Mo Dahoud hat beste Chancen auf die erste Elf, seine Ballsicherheit, sein Blick für die Situation prädestiniert ihn dafür, Hugo Larsson dürfte sich ein Päuschen gönnen.
Kevin Trapp bleibt im Tor
Spannend wird sein, ob Dino Toppmöller glaubt, den bald 19 Jahre alten Can Uzun von Anfang an einsetzen zu können. Bislang hat der Talentierte, für immerhin elf Millionen Euro vom 1. FC Nürnberg geholt, in Frankfurt keine Rolle gespielt, 69 Minuten hat er insgesamt spielen dürfen, allenfalls ein paar längere Augenblicke zum Ende. Uzun muss noch einiges lernen, gerade in der Rückwärtsbewegung. Dennoch vergeht kaum eine Woche, in der Toppmöller den jungen Mann nicht öffentlich lobt. Uzun sollte dann auch mal liefern.
Wer drängt sich noch auf für dieses Spiel? Aurele Amenda könnte Arthur Theate (oder Robin Koch) in diesen 90 Minuten in der zentralen Abwehr ersetzen, auch Nnamdi Collins oder Nathaniel Brown auf der linken Außenbahn können sich Hoffnung auf tragendere Rollen machen. Im Tor wird es keine Veränderung geben: Kevin Trapp wird unter der Latte stehen – trotz seines Lapsus aus dem Leverkusen-Spiel. Oder gerade deswegen. Ihn ausgerechnet jetzt aus dem Tor zu nehmen, würde den Kapitän erheblich schwächen.