Zauberhaftes im Stadtwald
Sie mussten erst einmal tief durchpusten, ehe sie sich feiern ließen konnten vor der Kurve, die Spieler der Frankfurter Eintracht, die in einem sehr intensiven Spiel in der Europa League bis an die Grenze gehen mussten, um Slavia Prag mit 1:0 (0:0) in die Knie zu zwingen. Omar Marmoush war der Schütze des entscheidenden Treffers, einem wunderbaren Schuss in den Torwinkel. Damit stehen die Hessen mit zehn Punkten aus vier Spielen sehr komfortabel in der Tabelle dar. Das sei sehr gut, sagte Sportvorstand Markus Krösche in einer ersten Stellungnahme, „aber wir sind noch nicht am Ende“. Der Sieg war aufgrund der bessere Chancen nicht unverdient,
Es war ein Spiel, das kaum Zeit zum Luftholen ließ, ungemein intensiv war, anstrengend und kräfteraubend. Aber es war auch eine fußballerisch auf hohem Niveau stehende Partie in der Europa League, abwechslungsreich, spannend, mit enorm hohem Tempo, beide Teams schenkten sich nichts, warum auch. Und für den dritten Heimsieg nacheinander mussten die Hausherren richtig ackern.
Sportvorstand Krösche war natürlich zufrieden mit der sehr engagierten Vorstellung der Mannschaft: „Slavia war der erwartet schwere Gegner, sie haben eine sehr gute Mannschaft. Aber wir haben es gut gemacht, das war ein wichtiger Sieg.“ Ein Sonderlob verteilte Krösche an den Siegtorschützen; „Omar hat einen Lauf, das Selbstbewusstsein und die Qualität, natürlich auch die Schusstechnik.“ Verteidiger Robin Koch meinte indes lachend: „Im Training hat er noch nie einen Freistoß reingemacht“, so ist es ihm freilich deutlich lieber.
Trainer Toppmöller hatte auch für dieses Spiel auf internationalem Parkett personell kräftig durchgemischt. Erstaunlicherweise nahm auch Topstürmer Hugo Ekitiké anfangs auf der Ersatzbank Platz, zudem Ellyses Skhiri und Jean-Mate Bahoya, die noch am Samstag für Furore im Spiel gegen den VfL Bochum gesorgt hatten. Mario Götze war wieder dabei, dazu Hugo Larsson und Arthur Theate. Ungewöhnlich, dass Can Uzun in der Startformation ran durfte. Aber Wechsel gehören ja mittlerweile bei Eintracht Frankfurt zum Selbstverständnis, „wir tun diese Dinge aus Überzeugung“, hatte Toppmöller noch er vor dem Spiel gesagt, er vertraue all seinen Spielern.
Es hat nicht lange gedauert, bis auch dem Letzten klar war: Das heute ist nicht Bochum, das ist ein anderes Klaiber. Und am ehesten kam die Dominanz, die Slavia Prag ab der ersten Spielminute an den Abend legte, der Spielweise der Bayern unter Trainer Vincent Kompany nahe: Der tschechische Meister, nicht ohne Grund von führenden Fachleuten zu einem der Topfavoriten auf den Europa-League-Titel erklärt, drückte die Hausherren sofort tief in die eigene Hälfte, entwickelte eine imponierende Power. Es wurde sofort ein ungemein intensives Spiel, oft Mann gegen Mann über den ganzen Platz. Beide Teams ließen sich kaum Zeit, den Ball zu kontrollieren, jeder attackierte sofort. Prag stresste und presste die Frankfurter wie lange kein Klub mehr, außer den Bayern beim 3:3 vor Wochen vielleicht. Die Hessen mussten sehr lange sehr viel leiden, hatten alle Hände voll zu tun, sich gegen diese Übermacht zu stemmen.
Die Eintracht konnte in den ersten 20, 25 Minuten so gut wie nie ein Kombinationsspiel aufziehen, viel zu schnell wurde der Ball verloren, weil Slavia sofort und immerzu attackierte. Toppmöller hatte schon Recht, als er tags zuvor noch geunkt hatte, man werde „ein dickes Brett zu bohren“ haben, um Bestehen zu können gegen die enorm spielstarken Prager, die zudem lange auch deutlich mehr Ballbesitz hatten als die Hessen im eigenen Stadion.
Und doch hatten sich den Frankfurtern im ersten Abschnitt die besseren Möglichkeiten geboten, vier Einschussgelegenheiten verpassten sie: Erst war es natürlich Omar Marmoush, der nach feinem Solo und einem fulminanten Schuss an Prags Torwart Antonin Kinsky scheiterte (7.), dann flog ein Schuss von Mo Dahoud (12,) aufs Tordach, erneut Marmoush verfehlte in der 26. Minute knapp das Ziel, ehe sich Ansgar Knauff die größte Chance bis dahin geboten hatte: Nach einem weiten Einwurf von Theate lief der Flügelmann allein aufs Prager Tor zu, konnte aber Keeper Kinsky mit seinem Schlenzer nicht überwinden (33.).
Das Tor fiel dann etwas später, in der 53. Minute, und wer hätte es anders schießen können, als Marmoush, dem in diesen Tagen und Wochen einfach alles zu gelingen scheint, vermutlich könnte der Ägypter derzeit auch über Wasser laufen. Dieses Mal zirkelte er einen Freistoß, an ihm verursacht, mit feinem Fuß haargenau in den Torwinkel. Da passte kein Blatt Papier dazwischen. Ein kleines Kunstwerk. Und hätte nicht der Prager Igor Ogbu in der 68. Minute mit einer sensationellen Grätsche gegen Marmoush in höchster Not gerettet, die Eintracht wäre gar mit 2:0 in Führung gegangen.
Danach ging es für die Frankfurter vornehmlich darum, die wütenden Angriffe abzuwehren, denn die Gäste erhöhten noch einmal den Druck. Dazu taten die vielen Spielerwechsel dem Frankfurter Spielfluss nicht gut, sie mussten ihr Heil fast nur noch in der Defensive suchen. Und sie brauchten Glück und Kevin Trapp, der kurz vor Schluss hervorragend und blitzschnell gegen Matej Jurasek parierte. In der Nachspielzeit hätte der inzwischen eingewechselte Hugo Ekitiké dann alles klarmachen können, doch er schoss Torwart Kinsky an - zum Sieg reichte der Zaubertreffer von Marmoush auch so.