Schiedsrichterei

Altersgrenze – auch im Amateurfußball

02. Juni 2021, 09:00 Uhr

Kurzer Blick auf die Uhr. Für Markus Hildenbrand lief die Zeit in der damaligen Bezirksoberliga altersbedingt ab. Foto: Karl-Heinz Burkhardt

Manuel Gräfe darf altersbedingt keine Spiele in der Bundesliga mehr leiten. Doch auch in der Verbands- und Hessenliga dürfte der beliebte Unparteiische nicht mehr pfeifen. Im Amateurfußball gibt es ebenfalls eine Altersgrenze für Schiris.

Diese „Diskriminierung“, wie Manuel Gräfe sagen würde, widerfuhr ebenfalls Markus Hildenbrand. Der damalige Bezirksoberliga-Schiedsrichter pfiff elf Jahre auf hohem Niveau – und hätte das gerne weiterhin getan. „Ehrlich gesagt habe ich nicht verstanden, warum ich aus Altersgründen abgestuft wurde“, erinnert sich der 58-Jährige, der für die TSG Mackenzell Begegnungen leitete. „Wir haben jährlich einen Leistungs- und Regeltest. Fallen diese Werte positiv aus, sollte ein Schiedsrichter auch weiter pfeifen dürfen.“ Worte, die sich mit denen von Gräfe ähneln. Das Ergebnis aber blieb gleich. Beide wurden abgestuft.

Einen Unterschied gibt es dann aber doch. In den vergangenen fünf Jahren wurde die Altersgrenze bei Schiedsrichtern für die Kreisoberliga stufenweise von 50 auf 60 Jahre angehoben. Dies lag aber nicht an rebellierenden Unparteiischen, sondern am Schiedsrichter-Mangel in ganz Hessen. „Viele Fußballkreise hatten Sorge, die Begegnungen nicht mehr besetzen zu können. Daher wurde gemeinsam entschieden, die Altersgrenze hochzusetzen“, erklärt Fuldas Kreisschiedsrichterobmann Hans-Dieter Köhler. Die Entscheidung, ob ein Unparteiischer – egal welchen Alters – auf Kreisebene in Liga X eingesetzt wird, obliegt aber weiterhin dem Kreisschiedsrichterausschuss.

Nur wenige Schiris pfeifen bis zur Deadline

Der Fall Hildenbrand ist allerdings die Ausnahme. Nur selten kommt es vor, dass Schiedsrichter auf Amateurebene bis zur Altersgrenze pfeifen. „Ein Spiel in einer höheren Liga zu leiten, geht auf die Substanz. Die Akteure müssen sich dafür fit halten, die Leistungstests für höhere Ligen sind anspruchsvoller“, betont Köhler. Beispiel: Ein Schiedsrichter bis 34 Jahre muss für den Leistungstest auf Verbandsebene 32 Läufe á 100 Meter absolvieren. Die ersten 75 Meter müssen in 15 Sekunden gelaufen werden, die übrigen 25 in 18. Dann fängt der nächste Lauf an. „Das sind anspruchsvolle Werte. Ohne regelmäßiges Training ist es schwer, diesen Test zu besten. Die aktuell geltenden Altersgrenzen sind daher für mich nachvollziehbar“, betont er. Und so kommt es oft vor, dass sich Schiedsrichter schon vor der Deadline in eine niedrigere Klasse abstufen lassen. Ähnlich wie beim Kicken selbst. Nur selten spielen Fußballer bis über 40 Jahre in der Hessenliga. Beruf und Familie lassen Akteure auf allen Ebenen kürzertreten.

Unabhängig davon sieht der Kreisschiedsrichterobmann die Altersgrenze als legitim. „Die Grenze hat ihre Hintergründe. Jeder Schiedsrichter kennt sie und kann sich darauf einstellen. Von Altersdiskriminierung würde ich daher nicht sprechen.“ Zudem ist im Amateurfußball nach einer Abstufung die Laufbahn nicht vorbei. In einer niedrigeren Klasse kann das Hobby weiterhin ausgeübt werden. „Das war für mich kein Problem. Es ist nicht so gewesen, dass ich dann den Reiz am Pfeifen verloren habe“, sagt Hildenbrand, der mittlerweile nicht mehr aktiv ist. Im Endeffekt entscheidet in 98 Prozent der Fälle, sagt Köhler, sowieso neben dem Auftritt in der Öffentlichkeit und dem Engagement der Regel- und Leistungstest über die Ligazugehörigkeit.

Altersgrenzen für Schiedsrichter im Amateurfußball

Hessenliga: Bis 47 Jahre.
Verbandsliga: Bis 47 Jahre.
Gruppenliga: Bis 50 Jahre.
Kreisoberliga: Bis 60 Jahre.
A-Liga: Keine Altersgrenze.
B-Liga: Keine Altersgrenze.
C-Liga: Keine Altersgrenze.

*Als Stichtag für das Alter zählt immer der 1. Juli.

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