Eine Frage der Schärfe

19. November 2024, 12:11 Uhr

Das Spiel gegen Bremen könnte die Richtung weisen: Beim letzten Aufeinandertreffen kochte Robin Koch Romano Schmid ab. Imago/Osnapix © IMAGO/osnapix

Eintracht Frankfurt geht mit Selbstvertrauen, aber auch Demut in den heißen Jahres-Endspurt

Die letzte Bundesligapause des Jahres neigt sich dem Ende entgegen, so langsam trudeln die Nationalspieler aus allen Ecken der Welt wieder bei ihren Stammklubs ein. Natürlich auch bei Eintracht Frankfurt, dem zurzeit so hochfliegenden Bundesligisten aus dem Stadtwald. Die letzte Unterbrechung vor Weihnachten kam den Spielern entgegen, die nicht auserwählt waren für ihre Länderteams. Sie durfte ein paar freie Tage nach ihrem Gusto genießen. Mario Götze etwa nutzte die Zeit für einen Kurztrip in die Wüste, Destination Dubai. Abschalten vor dem Endspurt.

Ab dem kommenden Wochenende geht es Schlag auf Schlag für die Spieler und die Entourage der Eintracht: Mit dem Heimspiel am Samstag (18.30 Uhr) gegen Werder Bremen beginnt die heiße Phase in der kalten Jahreszeit. Für die Hessen heißt das in Kurzform: acht Spiele in 29 Tagen – ehe es in die denkbar kurzen Weihnachtsferien geht. Aufgrund des engen Terminkalenders verzichten die Frankfurter in diesem Winter auf ein Trainingscamp. Schon am 11. Januar geht es beim FC. St. Pauli weiter, die Vorbereitungszeit wird daher nur rund zehn Tage betragen.

Das Programm bis zum Jahresende hat es auch deshalb in sich, weil die Frankfurter gleich fünfmal auswärts antreten müssen, zweimal in der Liga (in Heidenheim und Leipzig), einmal im Pokal (erneut in Leipzig) und zweimal auf internationalem Geläuf – in acht Tagen beim FC Midtjylland und am 12. Dezember in Lyon. Durch die Reisen sind die Strapazen für die ohnehin schon beanspruchten Spieler noch mal ungleich höher. „Das werden schwierige Spiele“, sagt Sportvorstand Markus Krösche. Die Marschroute ist klar: „Gerade vor der Winterpause wollen wir so viele Punkte holen wie möglich.“ Wäre nicht verkehrt, denn: Die zweite Halbserie gehört traditionell nicht zu den besseren der Eintracht. Aber vielleicht ändert sich das ja auch mal.

Trainer Dino Toppmöller hatte zuletzt immer wieder ein gutes Rotationsprinzip gefunden, das den Spielern Verschnaufpausen ermöglicht, ohne einen nennenswerten Qualitätsabfall befürchten zu müssen. Ein Ausdruck für eine gute Tiefe in der Breite des Kaders. Markus Krösche findet, es sei das „spannendste“ Aufgebot, seit er in Frankfurt das Sagen in sportlichen Fragen hat. „Wir haben eine gute Mischung.“ Aus Routiniers und Youngsters, Mentalitätsspielern und Zauberkünstlern. Das passt.

Zudem betonten die Frankfurter Verantwortlichen stets die gleichgewichtige Wertigkeit der Wettbewerbe, also keine Priorisierung, sondern höchste Leistungsbereitschaft in jedem einzelnen Spiel. Auch das hat bisher hervorragend funktioniert. Sowohl in der Liga als auch im Pokal und auf europäischer Bühne gab sich die Eintracht keine Blöße, nahm jeden Wettbewerb seriös an. In der Bundesliga rangiert sie auf Platz drei, europäisch auf Rang vier und im Pokal steht sie im Achtelfinale, allerdings auch vor der hohen Hürde auswärts in Leipzig antreten zu müssen. Für die selbstbewussten Frankfurter aber kein Grund zum Jammern.

Fortuna und Trapp helfen

Sie werden allerdings mit der nötigen Schärfe die kommenden Herausforderungen annehmen müssen, sollten sich nicht zu sicher sein und auch nicht glauben, dass der Lauf einfach so anhält. Der berühmte Flow kann sich sogar schneller verflüchtigen, als er gekommen ist. Und nicht immer, aber ab und an musste zum Schluss einiger Spiele auch schon Fortuna (oder die kalibrierte Linie oder Torwart Kevin Trapp) nachhelfen, um die Erfolgsserie anhalten zu lassen. Das muss man sich zweifelsfrei auch verdienen, sollte es aber nicht als selbstverständlich ansehen. Gegeben ist nichts.

Das sieht auch Markus Krösche so, der die Bundesliga generell als herausfordernd empfindet. Jede Woche. Einerlei, wer der Gegner ist. „Es gibt keine Selbstläufer“, sagt der Sportvorstand und nennt das Schlusslicht als Beispiel: „Bochum hatte vorher ordentlich auf die Mütze bekommen und spielt dann 1:1 gegen Leverkusen.“ Ergo: „Wir sollten beide Beine auf dem Boden halten.“

Und die Eintracht sollte sich fußballerisch weiterentwickeln. Der Ansatz, nicht mehr Ballbesitz als Selbstzweck zu sehen, ist der richtige. Doch sie müsste sich, gerade beim Pressing und in Drangphasen des Gegners, besser befreien. Es vergeht kaum ein Spiel, nach dem Sportchef Krösche nicht mehr Ruhe im Spielaufbau fordert, mehr Resistenz gegen die Pressinglinie des Gegners. „Da haben wir unsere Probleme.“ Das ist korrekt und zeigte sich insbesondere in den Partien gegen Union Berlin, Slavia Prag und auch in Stuttgart, als die Opponenten die Frankfurter Defensive zu Fehlern zwang und sie in eine gewisse Passivität drückten. Zur Wahrheit gehört auch: Die beiden herausragenden Stürmer Omar Marmoush und Hugo Ekitiké dürfen ihre Arbeit gegen den Ball zu keiner Zeit vernachlässigen. Auch nicht bei einer vermeintlich komfortablen 3:0-Führung.

Generell gilt: Dank stark verbesserter Verteidigungsmentalität und hervorstechender Individualleistungen schafft es die Eintracht derzeit, auch enge Spiele zu gewinnen. „Aber wir müssen fokussiert und konzentriert bleiben“, sagte Krösche und geht davon aus, dass die Gegner sehr wohl versuchen werden, die Eintracht zu entschlüsseln. „Sie werden Lösungen finden, ihre Herangehensweise verändern“, sagt er völlig zu Recht. „Darauf müssen wir vorbereitet sein.“ Wahrscheinlich schon am Samstag im gar nicht so dankbaren Heimspiel gegen Werder Bremen.

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