Ganz besondere Eintracht-Momente
So sieht es aus, wenn die Dämme brechen: Trainer Toppmöller springt Stürmer Ekitiké an. © IMAGO/Eibner
Im Nachklapp des packenden Pokalduells zwischen der Eintracht und Borussia Mönchengladbach drehte sich plötzlich nicht alles, aber vieles um eine Belanglosigkeit: eine Halloweenmaske. Die hatte sich der Frankfurter Ausnahmestürmer Omar Marmoush nach seinem Siegtreffer zum 2:1 an der Ersatzbank abgeholt, übergezogen und damit vor der Fankurve ausgelassen gejubelt. Ganz schön gruselig sah das Teil aus, das der Ägypter auf freundliche Bitte von Sky-Moderator Patrick Wasserziehr auch im Interview nach dem Abpfiff noch mal präsentierte. Dabei wusste der Himmelsstürmer gar nicht, was er da zur Schau trug. „Ich gucke keine Horrorfilme, also weiß ich gar nicht, woher die Maske kommt“, sagte Marmoush lächelnd und klärte auf, dass Ersatztorwart Kaua Santos sie mitgebracht und ihn davon überzeugt habe, sie anzuziehen, wenn er denn treffen sollte. Gesagt, getan.
Sky-Mann Wasserziehr brachte erst einmal Licht ins Dunkel und vermochte sogar noch sein fundiertes Horrorfilm-Fachwissen anzubringen. Die Maske stamme aus dem Gruselschocker „Smile 2“, wobei es da auch andere Darstellungen gibt. Die Hessenschau schreibt, es handele sich um ein Faschingsutensil namens „blutiger Clown“, Kostenpunkt 11,99 Euro. Wäre das geklärt. Das Halloween-Schlusswort gebührte dann dem Frankfurter Cheftrainer Dino Toppmöller: „Omar kann immer ein Schreckgespenst sein, für jeden Gegner – dazu braucht er keine Maske.“
Auch Borussia Mönchengladbach hat der 25-Jährige nicht nur erschreckt, sondern letztlich erlegt – trotz einer 80-minütigen Unterzahl der Eintracht. Sein Treffer zum 2:1 war absolut hochklassig, und auch danach hatte er noch zwei, drei spektakuläre Szenen, die für Erstaunen beim Gegner sorgten. „Wir wissen, dass die Eintracht im Umschaltspiel stark ist und haben es nicht geschafft, die Konter zu bremsen“, stöhnte der Gladbacher Trainer Gerarde Seoane, für den die Luft im Borussia-Park immer dünner wird. „Das hat auch mit der individuellen Qualität von Marmoush und Ekitiké zu tun.“
Hugo Ekitiké, der kongeniale Partner Marmoushs, war es, der die Eintracht ebenso unwiderstehlich in Führung brachte. Auch Ekitiké war von den hüftsteifen Borussen-Verteidigern nie zu halten. Das Sturmduo ist zurzeit sicher das heißeste in der ganzen Bundesliga.
Dabei gewährte Trainer Toppmöller Omar Marmoush sogar eine Verschnaufpause, setzte seinen besten Schützen (elf Tore und sieben Vorlagen in 13 Pflichtspielen) erstmals auf die Bank. Der ägyptische Nationalstürmer, so Toppmöller, habe nach der Partie bei Union Berlin über eine gewisse Müdigkeit geklagt. Und daher habe er, der Cheftrainer, auf sein Bauchgefühl gehört und Marmoush zunächst draußen gelassen, zumal er schon vor dem Anpfiff der festen Überzeugung war, dass „das Spiel erst hinten raus entschieden wird“. Und die Einwechslung des pfeilschnellen Angreifers sollte eine nicht zu unterschätzende Wirkung entfalten: „Wenn Omar kommt, macht das etwas – mit dem Publikum, mit unseren Jungs, aber vor allem mit dem Gegner.“ Eine grundsätzlich richtige Einschätzung des Trainers, der sich für seinen Matchplan zu Recht selbst lobte: „Es war eine goldrichtige Entscheidung.“
Genauso wie die Idee, nach der frühen Hinausstellung von Arthur Theate nach einer Viertelstunde den zweiten Stürmer, Igor Matanovic, auf dem Feld zu belassen. Für den blassen Kroaten war es zwar ein undankbares Spiel, aber durch die Doppel-Präsenz in der Spitze waren die Gladbacher auch nach hinten gebunden. „Wir haben gesagt, wir bleiben mutig, wir bleiben bei zwei Stürmern, das kann für den Gegner unangenehm sein.“ Und die Konter der Eintracht konnten die Borussen nie stoppen. Insofern veränderte die Rote Karte „das Panorama des Spiels“ (Seoane), aber eher zugunsten der Frankfurter, die ihre Stärken im überfallartigen Umschalten voll ausspielen konnten. Hinten verteidigen sie schon einige Zeit sehr erwachsen und mannhaft. Toppmöller lobte seine Spieler verständlicherweise über die Maßen, wollte eigentlich auch keinen herausheben, weil das Kollektiv „über allem steht“, der Spirit, der im Team herrsche, sei außergewöhnlich.
Toppmöllers Strategie fiel am Mittwoch Eric Dina Ebimbe zum Opfer, der aus taktischen Gründen früh ausgetauscht wurde. Für ihn kam Nnamdi Collins – und wie. Der 20-Jährige, der zuletzt in der Bundesliga gar nicht im Kader stand, hat ein sensationelle Leistung gezeigt, „das Spiel seines Lebens“ abgeliefert, wie Vorstandssprecher Axel Hellmann findet. Auch Toppmöller war begeistert: „Er hat es überragend gemacht.“
Der U-20-Nationalspieler bestach durch Mut, Tempo und Körperlichkeit, setzte in der Offensive zu rasanten Flügelläufen an und verteidigte hinten resolut. „Ich habe mein Herz auf dem Platz gelassen und mir nicht viele Gedanke gemacht“, befand der Verteidiger, der lange auf seine Chance warten musste, zuvor nur zwei Minieinsätze mit sechs Minuten Spielzeit vorweisen konnte. „Er hat nicht so viel Spielzeit bekommen, wie er verdient gehabt hätte§“, räumte Toppmöller ein. Doch er sei mit dem Talent stets im Austausch gewesen und habe ihm mit verdeutlicht: „Dein Moment wird kommen.“ So kam es.
Nach dem Ausrufezeichen im Pokal rät der Trainer zwar weiter zu Demut, glaubt aber auch an eine Kräfte freisetzende Wirkung der Energieleistung gegen Gladbach. „Das kann einen Push geben, das Team merkt, was möglich ist“, sagt Toppmöller. „Wenn wir über Grenzen gehen und jeder sich fürs Team aufopfert, haben wir immer die Möglichkeit, besondere Momente zu erreichen.“
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