Die gute Seele

Bei der Abmeldung flossen Tränen

Seit eh und je ist Hartmut Herchenhan für den FV Germania Wendershausen zur Stelle – und kann stets auf die Unterstützung seiner Frau Ramona sowie seiner Töchter Shalyn (links) und Noelle zählen.

Es gibt keinen Verein, der ohne eifrige Menschen im Hintergrund überleben würde. Die guten Seelen des Vereins kennt meist kaum jemand, weshalb in unserer Serie jene Vereinsikonen im Rampenlicht stehen. Heute im Blickpunkt: Hartmut Herchenhan vom FV Germania Wendershausen.

Nur die Brücke über die Ulster muss Herchenhan gehen, um auf den Sportplatz des FV Germania zu gelangen. Sitzt er in seinem Garten, müsste er normalerweise nicht einmal den Weg auf sich nehmen, um bei Heimspielen des Vereins zusehen zu können. Doch der 51-Jährige denkt überhaupt nicht daran, seinen Club nur aus der Ferne zu beobachten. Täglich weilt er auf dem Sportgelände, packt die Dinge an, die erledigt werden müssen. An erster Stelle steht das Rasenmähen, wenngleich Herchenhan betont, „dass ich das eigentlich schon immer mit kleineren Unterbrechungen mache“.

Seit 1986 ist der glühende Bayern-Fan für den FVW zur Stelle, ist bekannt wie ein bunter Hund, zumal er bereits jede Funktion durch hat. Einst Spieler über Jahrzehnte (Herchenhan: Ich habe auf alle Positionen gespielt), dann Trainer, schließlich Vorstandsmitglied und mittlerweile in nicht mehr offizieller Funktion als Hausmeister tätig. Außerdem ist der Haustechniker bei der Tanner Diakonie treuer Edelfan, gemeinsam mit seiner Familie werden die Sportplätze der Region wöchentlich besucht. „Manchmal sind wir die einzigen Zuschauer“, entgegnet die Vereinsikone. Das zustimmende Nicken seiner Frau Ramona sowie seiner Zwillingstöchter Noelle und Shalyn bestätigt das. Wie wichtig ihm seine Familie ist, wird deutlich, dass jeder Gang mit dem Verein gemeinsam angetreten wird. „Ramona war sogar schon Obfrau. Damals, als ich das erste Mal Trainer war“, frohlockt Herchenhan.

2003 war das. Nach 12 Jahren fußballloser Zeit in Wendershausen meldete der Verein wieder eine Mannschaft – und startete durch. Im Gegensatz zu den Jahren davor, denn 1991 meldete der Club den Fußball aus Personalmangel ab. „Das war hart, denn mit 17 Jahren habe ich endlich bei den Senioren gespielt, ehe fünf Jahre später nichts mehr ging. Da flossen auch Tränen“, gibt Herchenhan zu, der fortan in Neuswarts aktiv blieb, jedoch postwendend mit der Wiederaufnahme des Spielbetriebs zur Verfügung stand. Mit 34 war er bereits damals ein Routinier, schnürte allerdings bis 2019 sporadisch die Schuhe im Tanner Ortsteil. Außerdem war Herchenhan nach seiner ersten Amtszeit als Trainer der Notnagel. Mal kürzer, mal länger.

Dass der Familienvater so lange aktiv bleiben konnte, verdankte er auch seinen Knochen. „Einmal hatte ich einen Bänderriss. Das war es schon“, bilanziert Herchenhan, der deshalb auf einige Highlights zurückblicken kann: „Wir haben zweimal die Relegation gespielt. 2017 haben wir zwar gegen Frischauf Fulda verloren, allerdings eine riesige Sause gemacht. Im Dorf dachten viele, wir sind aufgestiegen. Das ist uns dann ein Jahr später gelungen. In Erinnerung bleibt zudem das Kreispokalspiel 2011 gegen Hessenligist Flieden. Ich hatte die schlimmsten Befürchtungen, da wir als C-Ligist nur Kanonefutter waren. Beim 0:11 haben wir uns allerdings ganz gut präsentiert“, so der damalige Trainer, der gar am 15. Mai 2018 bei der Verabschiedung von Trainerlegende Jupp Heynckes in der Allianz Arena weilte.

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