Crazy Gruppenliga

Hat der einstige Abstiegskandidat SG Oberzell/Züntersbach (links mit Valentin Ankert) plötzlich noch Chancen auf die Aufstiegsrelegation? © Oliver Müller

Verrückte Gruppenliga für das Schlüchterner Quartett: Ein Wintermeister in (zumindest theoretischer) Abstiegsgefahr, ein (ehemaliger) Abstiegskandidat in Schlagdistanz zur Verbandsliga-Relegation, ein Vorjahres-Relegant, der die Saison mit sechs Auswärtsspielen beschließt, und ein seit drei Spielen siegloses Team.

„Nichts ist unmöglich“, dieser allgegenwärtige Werbespruch aus der Automobilbranche lässt sich auf die Tabellensituation der Gruppenliga Fulda übertragen. Hinter dem wahrscheinlichen Meister SG Aulatal bewirbt sich unter dem Motto „Heute patze ich, morgen bist Du an der Reihe“ ein halbes Dutzend Mannschaften um Relegationsrang zwei.

Obwohl die SG Schlüchtern (39 Punkte) seit drei Spielen auf einen Sieg wartet und zuletzt vor allem beim 1:1 im Heimspiel gegen Neuenstein und bei der 0:3-Pleite in Oberzell enttäuschte, sind die Chancen des Tabellenvierten nach wie vor intakt. Denn auch die beiden davor platzierten Rhön-Clubs Ehrenberg und Elters/Eckweisbach/Schwarzbach haben erst 39 Punkte erspielt. Derweil erlitt die SG Freiensteinau (37 Punkte) beim 0:2 gegen Johannesberg die siebte Heimniederlage der Saison und bestreitet die sechs noch ausstehenden Begegnungen allesamt auswärts.

Verrückte Gruppenliga Fulda: Kämpft Wintermeister gegen Abstieg?

Zweifelsohne im Aufwind befindet sich hingegen die SG Oberzell/Züntersbach (35 Punkte), die nicht nur Schlüchtern unter der Woche 3:0 schlug, sondern auch der SG Neuenstein beim 4:0 keine Chance ließ. Gelingen in den beiden bevorstehenden Heimspielen gegen den FV Horas – das Hinspiel in Horas gewann die Gajic-Elf sensationell mit 9:0 – und gegen die SG Freiensteinau weitere Siege, dann greifen die Sinntaler womöglich noch ins Rennen um Platz zwei ein. O/Z also ein ernsthafter Kandidat für die Verbandsliga-Relegation? Der Sportliche Leiter Andreas Dorn lacht erst einmal schallend, weiß aber auch: „Jeder kann die Tabelle lesen. Und wenn wir alle Spiele gewinnen, sind wir am Ende womöglich Zweiter.“ Es verböte sich allerdings, betont Dorn, dieses Ziel auch nur spaßeshalber in Erwägung zu ziehen: „Wir wissen um unsere Stärken, wir wissen aber auch um unsere Schwächen. Wer unser Spiel in Johannesberg gesehen hat, kommt erst gar nicht auf so einen Gedanken. Außerdem ist unser Kader viel zu dünn und jetzt beginnt so langsam die Urlaubszeit, da ist mit Ausfällen zu rechnen.“ Aktuell freilich ist die Mannschaft mit dem besten Sturm der Liga (62 Tore) so ziemlich die einzige, die frei von Verletzungssorgen ist.

Und die SG Bad Soden II : Trotz erneut sehr ordentlicher Leistung befindet sich der Wintermeister nach der 3:5-Heimniederlage gegen die SG Aulatal weiterhin in der Ergebniskrise und richtet den Blick nicht nach vorne, sondern nach hinten in Richtung Tabellenende. Denn ob 35 Punkte zum direkten Klassenverbleib genügen, ist noch nicht in trockenen Tüchern. Zwei Mannschaften steigen sicher direkt ab, eine dritte kommt hinzu, falls der SV Steinbach aus der Hessenliga und FC Eichenzell aus der Verbandsliga Nord runtermüssen. Dann müsste der Viertletzte der Gruppenliga in die Relegation, und zu diesem Verein (aktuell Neuenstein) haben die Sodener nur noch sieben Punkte Vorsprung.

Für neutrale Zuschauer war die Bad Sodener 3:5-Heimniederlage gegen Ligakrösus SG Aulatal nicht nur wegen der acht Treffer ein sportlicher Leckerbissen, bei dem Erinnerungen an alte Zeiten wach wurden. Die TSG Oberaula, neben dem TSV Kirchheim zweiter Stammverein der seit zwölf Jahren bestehenden Spielgemeinschaft, spielte Ende der 1970er-Jahre in der Bezirksklasse Fulda Süd. Unter den zahlreich nach Bad Soden mitgereisten Fans befand sich ein 72-Jähriger, damals Aktiver, der sich noch sehr gut an den „Tapeten-Ab-Hartplatz“ der SG Ulmbach zu erinnern vermochte. „Das waren heftige Schlachten, die wir meist verloren haben“, erinnerte sich der Oberaulaer. Gestützt auf seinen Torjäger Bernd Huhn und unter der Regie des damaligen Trainers und heutigen Ehren-Kreisfußballwarts Rainer Grammann wurde die SG Ulmbach Vizemeister, durfte aber keine Relegation um den Aufstieg in die Landesliga Nord spielen, weil es eine Relegation vor 45 Jahren noch gar nicht gab. /osl