Daniel Hanslik vor DFB-Pokalfinale: Natürlich ist der Glaube da

Daniel Hanslik spielt heute mit dem 1. FC Kaiserslautern das DFB-Pokalfinale gegen Bayer Leverkusen. © dpa/Uwe Anspach

Daniel Hanslik war in keinem Nachwuchsleistungszentrum, spielte mit 20 noch Hessenliga und steht nun mit dem 1. FC Kaiserslautern im DFB-Pokalfinale.

In nicht wenigen Wohnzimmern der Region werden heute Abend (20 Uhr, ARD) insbesondere einem alle Daumen gedrückt: Daniel Hanslik, vor wenigen Jahren noch Hessenliga-Spieler des SV Steinbach, steht mit dem 1. FC Kaiserslautern im DFB-Pokalfinale und kann gegen die vermeintliche Übermacht Bayer Leverkusen sein persönliches Märchen krönen.

Daniel Hanslik spielt mit 1. FC Kaiserslautern DFB-Pokalfinale

Die Kommunikation mit Daniel Hanslik ist leicht. Eine kurze WhatsApp und schon steht das Telefondate, um mit dem 27-Jährigen über das größte Spiel seines Lebens sprechen zu können. Noch leichter ist das Telefonat selbst. Denn Hanslik hat sich in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert. Damals war er A-Jugendspieler des JFV Bad Hersfeld , spielte ein überragendes Hallenturnier – ohne auch nur ein Tor zu erzielen. „Mit dem muss ich sprechen“, dachte ich mir und schrieb über den Artikel in fetten Lettern: „Der Teamplayer.“ 

Von Profifußball träumte er damals nicht, sondern beschäftigte sich vielmehr mit einer fußballerischen Schaffenspause, schließlich wollte er ein Studium bei der Polizei beginnen. Zum Glück verband er Fußball und Studium, schlug wenig später beim SV Steinbach ein wie eine Bombe und ging fortan unbeirrt seinen Weg. Schluss mit Polizei, Willkommen im bezahlten Fußball. Erst im Regionalliga-Team des VfL Wolfsburg, das er mit Fabelwerten zur Meisterschaft schoss. Dann über Holstein Kiel und Hansa Rostock zum 1. FC Kaiserslautern. Seit 2020 ist er in der Pfalz. 

Und dort der Mann für die wichtigen Tore. Er hielt den FCK in seiner ersten Saison mit sechs Toren in den letzten sechs Spielen in der 3. Liga. Damals ging es um die Existenz des Vereins. Vielleicht wäre der Traditionsclub beim Sturz in die Viertklassigkeit nicht wieder aufgestanden. Ein Jahr später wurde er zum Aufstiegshelden. Nullnummer im Relegationshinspiel zur 2. Liga, im Rückspiel schoss Hanslik weit in der zweiten Hälfte das erlösende 1:0 in Dresden , das die ganze Pfalz zum Beben brachte. Und jetzt? Der Verein schien zwar im DFB-Pokal unaufhaltsam, aber im Ligaalltag drohte der Abstieg in Liga drei. Eine verkorkste Spielzeit. Doch wieder war auf den in dieser Saison lange verschmähten „ Hansi “ Verlass, er der gefragteste Mann. Vier Tore in seinen letzten drei Saisonspielen. Das wichtige 1:0 in Kiel und gegen Magdeburg.

Spricht Hanslik über die in dieser Saison nicht leichte Zeit, klingt das nicht nach Verdruss. Im Gegenteil. Er hat daraus Kraft geschöpft – und es mal wieder allen gezeigt. Hansliks Mindset ist immer positiv. Sein Einsatz Woche für Woche vorbildlich. Er lässt sich nicht hängen und somit auch nicht seinen Verein oder gar den Trainer. Das weiß Friedhelm Funkel, der in der entscheidenden Saisonphase auf Hanslik setzte – und belohnt wurde. Hansliks Vertrag läuft nach der Saison aus, Funkel verlässt den Verein definitiv. Über seine Zukunft will sich Hanslik heuer keine Gedanken machen. Das Endspiel steht im Fokus. Alles andere ist für den Moment egal. 

Denn Kaiserslautern hat nichts abzuschenken. Schaffen sie in Berlin ein Fußballwunder und gewinnen als zweiter Zweitligist nach Hannover 96 im Jahr 1992 den DFB-Pokal, qualifizieren sich die Pfälzer gar für die Europa League. Da hatte Leverkusen in dieser Saison für Furore gesorgt, erst am Mittwoch im Finale gegen Atalanta Bergamo den Kürzeren gezogen. Die erste Saisonniederlage des in der Bundesliga ungeschlagenen Deutschen Meisters. Ob das ein gutes oder schlechtes Omen für den FCK ist? Das kann niemand beurteilen. Hanslik und Co. hätten sich die bis dato schwächste Saisonleistung des Finalgegners aber lieber in Berlin und nicht in Dublin gewünscht. Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, sollte Leverkusen nicht gewinnen. Mit den Roten Teufeln.

Apropos Berlin: Hanslik hat gute Aktien heute von Beginn an zu spielen. Dann wird die Nationalhymne erklingen und für einen kurzen Moment Hansliks geübte Routinen über den Haufen werfen. Dann wird er sich Druck machen. Positiven Druck. Unter Druck funktioniert er am besten. Auch, weil er sich viel mit Psychologie beschäftigt. Seit diesem Existenzkampf in Liga drei. Er wird sich in seinen Tunnel begeben. Alles um sich herum vergessen und versuchen sein persönliches Märchen mit einem Schleifchen zu versehen. Und sich dann über die Glückwünsche bedanken. Per WhatsApp. Unkompliziert. Bodenständig. 

Daniels Bruder Dominik spielt beim osthessischen Verbandsligisten SG Eiterfeld/Leimbach. Er feuert seinen Bruder an seinem Geburtstag in Berlin an.

Hansliks einziger Vorgänger: Sebastian Kehl Nicht vielen Fußballern ist es vergönnt, das DFB-Pokalfinale zu spielen. Der bislang einzige in der Region Fulda geborene Fußballer, dem diese Ehre zuteilwurde, ist Sebastian Kehl. 2012 gewann Kehl mit Borussia Dortmund als Kapitän dank des grandiosen 5:2-Erfolgs gegen Bayern München den Pokal. Auch 2008 und 2015 spielte Kehl im Finale von Beginn an, unterlag aber jeweils mit dem BVB. Weitere osthessische Spieler sind der Redaktion bei ihrer Recherche nicht untergekommen. Richard Kreß (1964) und Fred Schaub (1981) schrammten ihrer Zeit knapp an einem Einsatz vorbei. Sie standen in den jeweiligen Spielzeiten bei Eintracht Frankfurt unter Vertrag, wurden in den Endspielen aber nicht eingesetzt. Der heutige Lautern-Trainer Friedhelm Funkel gewann 1985 als Spieler mit Bayer Uerdingen den Pokal. Einer seiner Mitspieler war Wayne Thomas, der später für Borussia Fulda spielte und in Osthessen Wurzeln schlug.

Drei Fragen an Daniel Hanslik: Hätte jemand im Sommer 2016 gesagt, dass Daniel Hanslik beim DFB-Pokalfinale dabei ist? Vielleicht als Zuschauer. Damals bin ich gerade nach Steinbach in die Hessenliga gewechselt. Jetzt in Berlin spielen zu dürfen, ist ein Traum, der in Erfüllung geht. Das ist das größte Spiel im deutschen Fußball. Ich will alles aufsaugen, alles genießen und natürlich am liebsten den Pokal in der Hand halten. Wie wahrscheinlich ist es, dass Kaiserslautern Leverkusen schlägt? Leverkusen ist die beste Mannschaft in Deutschland. Sie spielen überragenden Fußball, dem wahrscheinlich jeder gerne zuschaut. Mit viel Kontrolle und viel Tempo. Aber: Diese DFB-Pokal-Saison ist verrückt. Wir stehen als Zweitligist im Finale, Saarbrücken hat die Bayern rausgeworfen. Es ist alles möglich.  Also ist der Glaube für die Sensation spürbar?  Natürlich! Wir sind alles Sportler und bestreiten Wettkämpfe, um sie zu gewinnen. Natürlich brauchen wir einen Tag, bei dem alles passt, unser Tor wie vernagelt ist und bei Leverkusen viel schiefläuft. Der Glaube ist da und der FCK hat schon so manches Wunder in seiner Historie vollbracht.

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