Thomas Stein bei den „Lilien“
Darmstadts Zahlen sind das täglich Brot
Im Merck-Stadion am Böllenfalltor fühlt sich Thomas Stein wohl. Der 30-Jährige arbeitet für den Zweitligisten SV Darmstadt 98 im Finanz- und Personalbereich. Foto: privat
Etwa 47 Millionen Euro für den Umbau des Merck-Stadions am Böllenfalltor. Ein geschätzer jährlicher Etat von 15 Millionen Euro für die Lizenzspielerabteilung. Summen, die für den Otto Normalbürger nicht zu greifen sind. Für Stein gehören sie in gewisser Weise zum Arbeitsalltag. Geld, so viel ist klar, muss immer fließen. Mal hat der Verein Einnahmen, mal Ausgaben. Und dabei kommt der 30-Jährige ins Spiel. Die Abwicklung des Zahlungsverkehrs ist sein Tagesgeschäft, für die Buchhaltung und das Controlling ist er mitverantwortlich. Dass es dazu kam, war nicht vorgezeichnet.
Mit dem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Bayreuth begann alles. Der Bachelor war in der Tasche, darauf aufbauend folgte das Masterstudium im Bereich Sportmanagement. Den Blick für die Zahlen, so ehrlich ist Stein, habe er erst nach und nach entwickelt, "weil am Anfang andere Teilbereiche sicherlich interessanter sind". Er weiß um die Beliebtheit des Studiengangs auf der einen und das schwer zugängliche Arbeitsumfeld auf der anderen Seite. "Viele Studenten streben eine Stelle in einem Sportverein an. Es macht aber einen Unterschied, ob man in der Marketing-, Medien- oder Finanzabteilung arbeiten möchte. Sein eigenes Ziel sollte jeder klar formulieren können und den Glauben daran nicht verlieren. Ich bin froh, dass ich meinen Wunschbereich gefunden habe. Der Sport bietet aber noch viele weitere spannende Möglichkeiten", so der ehemalige Spieler des SC Soisdorf.
Wie das Kind zur Jungfrau kam er beim Zweitligisten nicht an. Während der Studienzeit absolvierte er ein Praktikum beim 1. FC Magdeburg, gewann erste Einblicke in das Innere eines Profivereins. Richtige Praxiserfahrungen sammelte Stein indes nach dem Studium bei einem Sport- und Gesundheitsdienstleister im Main-Taunus-Kreis. Zweieinhalb Jahre arbeitete er dort. Eine Bewerbung später darf er seit nun acht Monaten den SV Darmstadt 98 als seinen Arbeitgeber betiteln. Die Basis für eine langfristige Zusammenarbeit ist gelegt, doch Stein ist sich bewusst, dass der unternehmerische Bereich in einem Sportverein sehr sensibel und abhängig vom sportlichen Ausgang ist.
Vorfreude aufs erste Spiel vor Zuschauern
Klassische Buchhaltungsaufgaben, die konsequente Abstimmung der Konten, relevantes Zahlenmaterial aufbereiten, Reports erstellen, dem Vorstand so bei der Entscheidungsfindung für die aktuelle und die kommende Saison unterstützen – so lässt sich sein Aufgabenbereich vereinfacht beschreiben. Hinzu kommen stets wiederkehrende Themen wie die Lizenzierung, Monats- und Jahresabschlüsse oder projektbezogene Aufgaben. All das bereitet ihm in diesem emotionalen Arbeitsumfeld Freude. So viel, dass sich Stein beim Zweitligisten merklich wohlfühlt. Die Leidenschaft zum Fußball – Stein kickte jahrelang selbst und ist derzeit Trainer beim Frauen-Hessenligisten SC Opel Rüsselsheim – spiegelt sich in seiner Arbeitszufriedenheit wider. Entsprechend einfach ist es, sich mit dem Verein zu identifizieren, der die soziale Verantwortung groß auf die eigene Fahne schreibt. "Ich schätze die Arbeit und den Verein sehr", stellt er unwiderruflich klar.
Dass er sich in einem professionellen und verlässlichen Umfeld befindet, merke er immer wieder daran, dass Internas kaum nach außen durchsickern. Unruhig wird es deshalb kaum im Club, obwohl vor einigen Wochen der sportliche Blick eher noch in Richtung Abstiegskampf ging. Mindestens genauso seriös scheint Darmstadt wirtschaftlich aufgestellt zu sein. So schreitet der Umbau des Stadions planmäßig voran. Trotz des Wegfalls der Ticketeinnahmen und der sinkenden Medienerlöse. Doch Angst und Bange wird Präsident Rüdiger Fritsch nicht. "Wir müssen zwar ans Sparbuch gehen, aber immerhin haben wir eins", wird Fritsch in einem Bericht des "Kicker" zitiert.
Die Hoffnung, bald wieder vor Fans spielen zu können, haben derweil nicht nur die Beteiligten am Platz. Auch Stein würde "gerne die Atmosphäre am Böllenfalltor kennenlernen". Seit seinem Jobantritt waren dem 30-Jährigen lediglich leere Stadien vergönnt. Es darf also gerne ein Stück weit Normalität zurückkehren. In etwa so, wie es für Stein mittlerweile zur Normalität gehört, den Profis in der Geschäftsstelle immer mal über den Weg zu laufen.