Der etwas andere Jugendförderverein

Der JFV-Vorstand inklusiver der Jugendpaten, die in der Umgebung sicherlich einmalig sind: Jonas Dittmann, Jörg Hildebrand, Lorenz Wenzel, Michael Kimpel, Martin Rösner, Julius Kimpel, Michael Ludwig und Udo van den Berg.

Es war ein ambitioniertes Projekt, welches Udo van den Berg da vor sechs, sieben Jahren angeleiert hatte: Er wollte den ersten Jugendförderverein Osthessens gründen und damit die Fußballvereine der Gemeinde Burghaun vereinen. Mittlerweile gibt es den JFV Burghaun fünf Jahre – und alle vier Gemeindevereine sind dabei.

Van den Berg war seinerzeit der ideale Initiator und Vermittler, "weil ich völlig unbedarft an die Sache rangehen konnte." Zwar ist er Mitglied bei Rot-Weiß Burghaun und der SG Kiebitzgrund: "Das liegt aber nur daran, dass ich in Langenschwarz als Jugendtrainer angefangen und die Senioren von Burghaun auch zwei Jahre trainiert habe. Ich könnte auch genauso gut in Rothenkirchen oder Steinbach Mitglied sein." Van den Berg konzentrierte sich bis zur Idee des JFV hauptsächlich auf seine Funktion als Kreisauswahl- und DFB-Stützpunkttrainer und seine Torwartschule, in der unter anderem Hendrik Hilpert, Marcel Hein, Tim Gutberlet oder Tizian Göbel aktiv waren. "Mit dem Stützpunkt habe ich dann aber Schluss gemacht, ich wollte einen Interessenskonflikt unbedingt vermeiden, auch wenn mir die Arbeit riesig Spaß bereitet hat."

Stattdessen zog er es vor, Strippenzieher des JFVs zu werden, der zunächst ohne Steinbach ein Jahr (09/10) als JSG "übte". So ein neuer Verein erfordere schließlich eine Riesenstruktur, inklusive tragfähigem Konzept und genug kompetente Personen, die voll und ganz dahinter stünden. Der Probelauf ging gut, der Verein wurde gegründet und auch die zunächst noch skeptischen Steinbacher traten alsbald bei. Aber nur die: "Es gab auch andere Anfragen, allerdings sind die vier Gemeindevereine einerseits eine Einheit und andererseits stehe ich noch größeren Jugendfördervereinen eher skeptisch gegenüber", sagt van den Berg ehrlich, der ohnehin kein Freund des in Osthessen mittlerweile so häufigen Konzepts ist: "Weil es fast überall nur auf Erfolg ausgelegt ist. Es fallen einfach zu viele der weniger talentierten Spieler durch den Rost."

Sepp-Herberger-Preis und Auszeichnung durch Bertelsmann-Stiftung

Deswegen stellte van den Berg zu Beginn auch ein Fünf-Jahres-Konzept auf: Mindestens zwei Teams pro Altersklasse, wobei einmal mehr der Erfolg und einmal mehr der Spaß im Vordergrund stehen könne. Zumindest bedingt erfüllt ist das, wobei in der kommenden Saison vor allem van den Bergs A-Junioren mit einem schmalbrüstigen Kader daherkommt: "Deswegen habe ich auch ein simples Ziel: Ich will nachher sagen können, dass es keine Jungs gibt, die so gut zusammenhalten wie meine." Taktisch, mannschaftlich, kollegial heißen die Stichworte.

Doch auch sportliche Ziele gab und gibt es: Von A- bis D-Junioren sollten alle ersten Teams in der Gruppenliga spielen. Ebenfalls bedingt erfüllt. Viel wichtiger sind jedoch andere Dogmen: "Trainingsregeln gleich Lebensregeln", sagt der 57-Jährige lapidar, erklärt aber auch, was für ihn dahintersteckt: "Die Spieler sollen den Horizont erweitern. Deswegen gab es bei uns unter anderem schon Blindenfußball-Training und deswegen gibt es auch das Unified-Team, in dem Mädchen und Jungs mit und ohne Behinderung regelmäßig in einer Mannschaft Fußball spielen." Letzteres wurde zuletzt durch Sebastian Burmester trainiert und strich den Sepp-Herberger-Preis ein. Van den Berg versucht zudem Kinder und Jugendliche von Asyl-Bewerbern zu integrieren: "Weil Fußball verbindet!"

Van den Berg sieht sich als Teil des Großen und Ganzen

Auch die Trainingsmethode van den Bergs ist besonders und rührt sicherlich auch von seinem Job als Psychotherapeut: "Ich kritisiere nicht die Persönlichkeit eines Spielers, sondern nur sein Verhalten. Wichtig ist dabei, dass jeder Spieler Fehler machen darf. Und ebenso wichtig ist es, dass die Spieler selbst Ideen entwickeln, um die Fehler nicht wieder zu machen. Deswegen werden oft Situationen im Training „eingefroren“ und direkt besprochen. Auf manche Ideen komme ich da selbst manchmal nicht", schmunzelt der Inhaber der DFB-Jugend-Elite-Lizenz, der sein Wissen in vereinsinternen Trainerschulungen weitergibt.

"Besonders gefördert werden zusätzlich die Trainer bei uns, die sich über den HFV weiterbilden. Denn ein lizensierter Trainer kann den Spielern grundsätzlich mehr beibringen als einer ohne Lizenz. Pflicht ist das bei uns aber nicht." Dennoch sei es umso erfreulicher zu sehen, wie junge Trainer wie Michel Wolfram oder Marius Schwalbach bei der Sache sind: "Die sind unsere Zukunft." Van den Berg selbst feierte mit den C-Junioren gerade den Gruppenliga-Aufstieg, trainiert in der kommenden Saison die A-Junioren, möchte mit 60 Jahren allerdings abtreten.

Bis dahin sollen noch viele Erfolge gefeiert werden, so wie die Teilnahme an einer Studie der Bertelsmann-Stiftung, bei der der JFV als eine von zwölf Jugendorganisationen in Deutschland den Erfolgskriterien entsprach: "Darauf sind wir besonders stolz", gibt Udo van den Berg unumwunden zu. Grund für die besondere Wertschätzung der über zweijährigen Studie war sicherlich auch die Tatsache, dass der JFV mit Jugendpaten arbeitet. Jedem Vorstandsmitglied (Martin Rösner, Jörg Hildebrand, Michael Ludwig, Michael Kimpel) ist ein Nachwuchsspieler zwischen 14 und 19 Jahren zugeteilt. "Einmalig in Hessen", sagt van den Berg - zu Recht nicht ohne Stolz.

Die besten Zitate:

"Ziel im Sport ist es doch Erfolge zu maximieren und Misserfolge zu minimieren"

"Erfolg ist das Ergebnis von richtigen Entscheidungen. Richtige Entscheidungen sind das Ergebnis von Erfahrungen. Und Erfahrungen sind meist das Ergebnis von falschen Entscheidungen"

"Ich sage nie einem Spieler: ,Du bist schlecht'. Ich kritisiere nie die Persönlichkeit eines Spielers, sondern nur dessen Verhalten."

"Ich habe als Auswahltrainer nie gegen eine Vereinsmannschaft verloren, und als Vereinstrainer auch noch nie gegen eine Auswahlmannschaft. Taktisch, mannschaftlich, kollegial: Das will ich vermitteln"

"Ich sehe Jugendfördervereine durchaus kritisch, wenn zu viele wenig talentierte Spieler durch den Rost fallen"

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