Die Identifikationsfigur liefert ab
Stefan Kirsch (im Hintergrund) mischt nun die Rhöner B-Liga mit Wendershausen auf. Foto: Charlie Rolff
2013 verließ Kirsch erstmals seinen Heimatclub, nachdem er ihn beim Wiederaufbau tatkräftig unterstützt hatte. „Eigentlich sollten es nur zwei Jahre in Ulstertal werden, aber das Hause Kehl lässt einen dann doch nicht so schnell wieder entfliehen“, sagt der seit Dienstag 34-Jährige und beteuert, dass der Wechsel bereits vor dem Ulstertaler Abstieg und dem Wendershausener Aufstieg beschlossen Sache gewesen sei. „Weil es immer klar war, dass ich meine Laufbahn in Wendershausen beenden werde – und das bevor die Knochen total rostig sind.“
Sind sie noch nicht, wie die „Kirsche“ nun beinahe jeden Sonntag beweist. Nur in drei Ligaspielen trug er sich als Torschütze nicht in die Statistik ein. An ihm will er die tolle Hinserie dennoch nicht festmachen. „Die Jungs sind auch ohne mich aufgestiegen“, weiß er und nennt Erfolgsfaktoren: „Der Schritt zum externen Trainer war genau richtig, zumal Mohammed Ghasem auch noch zwei wichtige Spieler mitgebracht hat.“ Unter Ghasem gelang die souveräne Meisterschaft. An einen Durchmarsch glaubt Kirsch indes nicht, „weil die Gegner uns zu Saisonbeginn sicherlich auch ab und an unterschätzt haben. Das wird nun anders sein“.
Gerade der famose 5:4-Sieg nach 0:2-Rückstand gegen Neuswarts, als Kirsch in letzter Minute den entscheidenden Treffer besorgte, oder das 3:3 nach 0:2 gegen den Vorjahresvize Elters/Eckweisbach/Schwarzbach IIsorgten früh in der Saison für einen Hype im Team. „Solche Spiele dienen gerade für die jungen im Team als Hupfer ins Boot, verleihen viel Selbstvertrauen, was uns ein bisschen durch die Hinrunde getragen hat.“
"Zustände wie 1812" in Wendershausen
An das Saisonziel Klassenerhalt können Kirsch und Co. schon jetzt einen Haken machen. Alles andere sei Zubrot, ohne sich Träumereien hingeben zu müssen. Wichtig sei Kirsch, dass das Team im Gegensatz zum ersten B-Liga-Aufstieg anno 2011 nun mehr Spiele gewinnt als verliert. „Dann ist die Spannung auch eine andere, die Spielvorbereitung stimmt automatisch, die Jungs trinken am Vorabend auf der Kirmes eher ein Bier weniger als mehr, weil sie wissen, dass sonntags was gehen könnte.“
Doch insgesamt macht der passionierte Eintracht Frankfurt-Fan eine schwierige Entwicklung des Fußballs aus. Mit der jungen Generation hat er so seine Problemchen: „Viele meinen ja, dass sie schon alles wissen, aber dann googlen müssen, wie man ein Ei kocht. In meinen jungen Jahren war das noch anders, da wurde das Training nicht wegen des Geburtstags des Hamsters abgesagt.“ Und doch kann er sich mit dem Team bestens identifizieren. Ist froh, dass Kumpels wie Jochen Seifert, Alexander Schreiber oder Heiko Hofmann den Verein in flachen Hierarchen am Leben halten – und bemüht sind, eigenständigen Fußball im Tanner Stadtteil zu garantieren.
Auch im Umfeld des Sportplatzes herrscht nun kein Stillstand mehr, was für Kirsch auch bitter notwendig erscheint. „Sind wir mal ehrlich, die Zustände sind wie 1812, was allein durch das Hochwasserschutzgebiet und andere Hinderungsgründe aber keineswegs als Problem des Vereins gewertet werden kann, vielmehr müssen hier viele Behörden zusammenarbeiten – und da gibt der Vorstand alles“, stellt Kirsch fest, dem nach seiner Rückkehr aus Ulstertal eines bewusst wurde: „Am schönsten ist es doch, wenn du am Sonntag nach dem Spiel drei Bier trinkst , deine Tasche nimmst und nach Hause laufen kannst. Auch dafür spielen wir doch am Ende Fußball.“