Nur die Lehrer konnten sie kurzzeitig trennen

Bei Prügeleien auf dem Pausenhof haben sich Michael Straub (links) und Marius Ebert früher vornehm zurückgehalten, für das Interview machten die beiden Freunde aber mal kurzzeitig eine Ausnahme. Foto: Christian Halling

Es ist zwar keines von vielen Derbys in der A-Liga Hünfeld/Hersfeld, dennoch birgt das Duell heute um 15.30 Uhr eine gehörige Portion Brisanz: Schließlich treffen mit den Spielertrainern Marius Ebert (30, Rasdorf) und Michael Straub (29, Wölf) zwei Kumpels aufeinander, die schon ein Vierteljahrhundert durch dick und dünn gegangen sind.

Marius Ebert und Michael Straub kennen sich seit 25 Jahren – und doch gibt es manchmal noch Überraschungen, wenn sich die beiden begegnen. So geschehen bei der Begrüßung vor dem Interview. „Dafür warst Du bestimmt beim Friseur?“, fragt Straub Spezi Ebert beim Blick auf dessen voluminösen, aber akkurat gestutzten Bart. „Nene, alles selbst rasiert“, entgegnet Ebert augenzwinkernd.

Ihren Anfang hat die Freundschaft zwischen Straub und Ebert Anfang der 90er Jahre auf dem Bolzplatz und wenig später in der F-Jugend des Hünfelder SV gemacht, damals trainiert von Marius Eberts Opa Bernd. Straub trug noch eine Sportbrille, Ebert volles Haar. „Mein Bruder Patrick war wie Marius Jahrgang 1987, die haben zusammen in Hünfeld gespielt. Ich war ein Jahr jünger und so auch schnell dabei. Mittlerweile hat mein Bruder nichts mehr mit Fußball am Hut, wir dafür umso mehr“, erinnert sich Michael Straub schmunzelnd zurück.

Wenn mal kein Training war, dann ging es nachmittags auf den Bolzplatz mitten in der Haunestadt. „Ich war früher oft bei meiner Oma, das Haus war nur 500 Meter von Straubs entfernt. Dazwischen lag der Bolzplatz“, erzählt Ebert. Die Durchwahl der Straubs kennt der heute 30-Jährige immer noch auswendig: „Die Nummer, damals noch auf einem urigen Drehscheibentelefon, habe ich fast täglich gewählt.“ „Unglaublich, wie man sich damals noch ohne WhatsApp verabreden konnte“, merken Straub und Ebert bei dieser Geschichte, wie alt sie mittlerweile geworden sind.

In 25 Jahren, in denen man durch dick und dünn gegangen ist, haben sich viele Anekdoten eingebrannt: So ging das Duo immer mit dem Trend, ließ sich gemeinsam Ohrlöcher schießen und stand für Modenschauen parat. Die Bolzplatztruppe, bei der auch Fußballgrößen des Hünfelder Landes wie Dominik Vollmer, Christian Aha und Johannes Wiegand dabei waren, spielte alsbald im Hünfelder Honigfeld als mehr oder weniger inoffizielles Team gegen andere Hobbytruppen, Showtanz war mehrere Jahre mit den „Blue White Spezi Boys“ neben dem Fußball das große Hobby von Straub und Ebert. „Vor allem Marius hat sich da organisatorisch immer hervorgetan. Für mich war klar, dass er irgendwann Trainer wird“, sagt der zweifache Familienvater Straub.

"Titi14" und "ME7"

Auf dem Schulhof geprügelt haben sich „Titi14“ (Michael Straubs Spitzname in Anlehnung an Idol Thierry Henry und seine Lieblingsrückennummer) und „ME7“ (Eberts Initialien und präferierte Nummer) laut eigener Aussage nie, dennoch brachten die beiden ihre Lehrer oft zur Weißglut. „Wir haben in der Jahnschule bis zur 9. Klasse immer nebeneinander gesessen und über Fußball geredet. Irgendwann wurde eine Lehrerkonferenz einberufen und man entschied, dass wir ab sofort in unterschiedlichen Klassen weitermachen sollen. Getrennt waren wir da aber nur von 8 bis 13 Uhr“, müssen Straub und Ebert lachen, wenn sie an ihre Schulzeit zurückdenken.

Eine Szene, exemplarisch für die Karrieren der Fußballer Straub und Ebert. Beide spielten in der Jugend größtenteils bei ihrem Heimatverein Hünfelder SV, wagten dann Abstecher zu Borussia Fulda, Steinbach und Rothemann (Straub) beziehungsweise Ehrenberg und Kerzell (Ebert), ehe es die Kumpels ein weiteres Mal in Hünfeld beziehungsweise später in Burghaun wieder zusammenführte.

Straub fehlt wohl mit Oberschenkelzerrung

Nun stehen sich die beiden Hünfelder erstmals als Spielertrainer gegenüber, wobei Ebert auch hier ein Jahr Vorsprung hat. „Als der Spielplan herauskam, habe ich gleich geschaut, wann es gegen Rasdorf geht“, sagt Stürmer Straub, der im Gegensatz zu seinem Gegenüber seine Oberschenkelzerrung auskuriert hat. „Bei mir wird es vermutlich nicht gehen. Trotzdem wird es brisant, weil nicht nur mit uns viele Freunde aufeinandertreffen. Ich denke da nur an Mario Henning auf Wölfer Seite oder Daniel van Thiel und Loris Isberner bei uns, die alle ebenfalls vor zwei Jahren noch in Burghaun gespielt haben“, betont Ebert, der auf einen offenen Schlagabtausch hofft: „Beide Teams spielen offensiv und stehen bislang wie erhofft im oberen Tabellendrittel. Wir wollen den Zuschauern etwas bieten.“

Ein besonderes Spiel also unter vielen, schließlich spielen in der A-Liga Hünfeld/Hersfeld in dieser Saison 18 Mannschaften mit. „Die Liga ist wirklich geil, weil man gefühlt jede Woche ein Derby hat und viele interessante Charaktere unterwegs sind“, freut sich Straub, der Projekt- und Bereichskoordinator bei der EDAG ist, während Einzelhandelskaufmann Ebert sich gewünscht hätte, „dass für die Nachrücker Mackenzell und Nüsttal ein bis zwei Hersfelder Vereine in die Hersfeld/Rotenburg-Staffel gehen. Bei 34 Saisonspielen wird letztlich die Mannschaft oben stehen, die den breitesten und homogensten Kader hat.“

Verletzungen wie bei Ebert oder Sperren, wie sie sich Michael Straub nach seiner Roten Karte gegen Unterhaun im ersten Spiel als Wölfer Coach eingehandelt hat, sind da natürlich Gift. Mit Platzverweisen kennen sich beide aus, während ihrer Zeit bei Hünfeld II flogen sie sogar mal gemeinsam in einem Gruppenligaspiel vom Platz. „Ich habe meinen Gegenspieler an der Außenlinie erwischt, das war nie Rot. Titi dagegen hat eine Grätsche mit 80 Metern Anlauf ausgepackt“, klärt Marius Ebert lachend auf, wobei Straub diese Aussage generell so nicht stehen lassen will: „Marius hat auf dem Platz die kürzere Lunte. Wenn er sich provoziert fühlt und man in seine Stieraugen schaut, dann weiß man, dass es demnächst knallt. Ich bin eher ein Typ, der sich verbal mit seinem Gegenspieler behängt und sich Zeit lässt, bis er austeilt. Natürlich muss alles im Rahmen bleiben.“ / hall