Interview

Reinhard: „In einer traumhaften Situation“

Geht keinem Zweikampf aus dem Weg: OFC-Mittelstürmer Moritz Reinhard (links). Foto: O. Müller

Seit Januar 2019 trägt der Elterser Moritz Reinhard (24) das Trikot des Fußball-Regionalligisten Offenbacher Kickers. Über Gegenwart und Zukunft beim OFC erteilte der Mittelstürmer im Gespräch mit uns Auskunft.

Moritz, wie gestaltet sich aktuell der Trainingsbetrieb beim OFC?

Ein ganz normales Training, etwa mit Zweikämpfen, ist nicht möglich. Wir müssen den Mindestabstand einhalten, trainieren in Kleingruppen von bis zu fünf Personen auf den beiden Plätzen hinter dem Stadion, da haben wir reichlich Platz, um uns aus dem Weg zu gehen. Das wird auch tatsächlich vom Gesundheitsamt überwacht; die kommen vorbei und machen auch schon mal Bilder.

Wo liegen die Schwerpunkte im Training?

Ganz allgemein vor allem darauf, Spaß zu haben. Das ist in dieser Situation sicher auch besonders wichtig. Ich hielte es jedenfalls für kontraproduktiv, den Fokus zu sehr auf Kraft und Ausdauer zu legen. Das Trainerteam sieht das auch so und hält uns mit Torschussübungen oder Fußballtennis bei Laune, natürlich kommen auch taktische Fragen nicht zu kurz.

Inwiefern ist Dein Alltag beeinträchtigt?

Da hat sich durch Corona für mich nicht viel geändert. Ich wohne wie gehabt in Elters und pendele zum Training. In einer ländlichen Region wie der unseren kommt man in Zeiten wie diesen sicher leichter zurecht. Ich brauche ja nur vor die Tür zu gehen und bin im Wald und kann in Ruhe joggen.

Vor der Saisonunterbrechung hast Du gegen Bahlingen ein Riesenspiel gemacht und standest anschließend beim Coup in Elversberg 90 Minuten auf dem Platz. Ist die Zwangspause nicht gerade für Dich besonders bitter, da Dir die Gelegenheit genommen wurde, sich für eine Vertragsverlängerung zu empfehlen?

Sicher ist gerade das Bahlingen-Spiel für mich besonders gut gelaufen. Aber ich habe damals schon in der Pressekonferenz gesagt, dass das keine Rolle spielt, ob einer zweimal goldrichtig steht, denn mir ist klar: Ohne die anderen geht es nicht. Und zu Elversberg: Für Außenstehende mag das überraschend gekommen sein, dass wir da gewinnen. Aber uns war bewusst: Wenn wir defensiv gut stehen, können wir sehr schmerzhafte Nadelstiche setzen – und das haben wir getan.

Bei aller Bescheidenheit: Dein Vertrag läuft aus, Du hattest gerade einen Lauf, kannst dich nun nicht mehr beweisen. Das muss doch ärgerlich für sein ...

Natürlich. Aber wir hatten ja zuvor schon eine längere Zeit miteinander gearbeitet, waren im Trainingslager, und dann konnte ich in den Spielen zeigen, wo meine Stärken liegen. Grundsätzlich ist also durchaus bekannt, was Verein und Trainer an mir haben. Ich glaube jedenfalls schon, dass es mir gelungen ist, einen guten Eindruck zu hinterlassen.

Ist denn in absehbarer Zeit mit einer Entscheidung zu rechnen, ob der Vertrag verlängert wird?

So wie der Spielbetrieb auf Eis liegt, so verhält es sich auch mit diesem Thema. Es hängt einfach ganz viel davon ab, ob, wann und wie es weitergeht. Ich gehe davon aus, dass in dem Moment, wo darüber Klarheit herrscht, Vertragsgespräche intensiviert werden.

Welches Szenario für die Regionalliga bevorzugst Du: Fortsetzung oder Abbruch?

Ehrlich gesagt, habe ich mich damit wenig beschäftigt. Natürlich ist mir das eine oder andere Meinungsbild, etwa aus der 3. Liga bekannt, aber es gibt mit Sicherheit viele Leute, die da deutlich mehr Einblick haben, auf welchen Grundlagen Entscheidungen getroffen werden können oder müssen. Ich lasse mich überraschen. Klar ist nur: Recht machen kann man es eh nicht allen.

Am 16. Mai setzen die Bundesliga und die 2. Liga den Spielbetrieb fort. Was hältst Du davon?

Solange gewährleistet ist, dass die dazu notwendigen Corona-Tests nicht an anderer Stelle im Gesundheitswesen fehlen – was ja offenbar der Fall ist –, sehe ich keinen Grund, warum die Profis nicht wieder spielen sollen. Für meinen Geschmack beginnt man aber ein, zwei Wochen zu früh. Die Vereine hatten recht unterschiedliche Möglichkeiten sich vorzubereiten. Werder Bremen hatte zum Beispiel über einen deutlich längeren Zeitraum als andere Clubs keine Gelegenheit zu trainieren. Und man darf auch nicht vergessen: Der Wettkampf ist eine komplett andere Belastung, das Verletzungsrisiko ist also sehr viel höher.

Du erlebst in Offenbach nun den dritten Trainer in einer Saison. Unter Daniel Steuernagel warst Du eine feste Größe in der Mannschaft, unter Interimstrainer Steven Kessler hast Du eine untergeordnete Rolle gespielt, unter Angelo Barletta bist Du zuletzt aufgeblüht. Wie hast Du das wahrgenommen?

Dem Trainergespann Steuernagel/Lesser und dem damaligen Sportdirektor Sead Mehic bin ich sehr dankbar, dass sie mir die Chance gegeben haben, mich als Profi zu beweisen. Ich habe anfangs häufig in der Startelf gestanden, habe getroffen und dabei wertvolle Erfahrungen sammeln dürfen. Dass ich unter Kessler nicht erste Wahl war, war für mich nie so das große Thema: Er hat halt ein anderes System gespielt, und ich habe auch weiterhin die Gelegenheit genutzt, mich weiterzuentwickeln und von den erfahrenen Spielern dazuzulernen. Die aktuelle Situation erlebe ich schon deshalb sehr positiv, da Angelo Barletta ein sehr kommunikativer Typ ist und ich als junger, unerfahrener Spieler von einer starken Rückmeldung sehr profitieren kann.

Abschließende Frage: Wo spielst Du in der kommenden Saison?

Ich hoffe, bei Kickers Offenbach. Ich befinde mich hier nach wie vor in einer traumhaften Situation. Das Umfeld, die Fans, das Stadion: Viel schöner kann man sich das doch gar nicht vorstellen. / oi