Sein Traumverein ist Borussia Dortmund

Yoo Shin Yeom hat beim TSV Lehnerz bereits Fuß gefasst und eine tragende Rolle im Team übernommen. Foto: Charlie Rolff

Für Yoo-Shin Yeom ist Fulda die erste Station auf der erhofften Fußballkarriere in Europa. Und nach den ersten Wochen bleibt festzustellen: keine Spur von Kulturschock; der Mittelfeldspieler des TSV Lehnerz aus Korea scheint sich in seiner neuen Umgebung wohl zu fühlen.

In Fulda gibt es kein koreanisches Lokal? Kein Problem. „Er mag die deutsche und italienische Küche sehr“, sagt sein Landsmann Nam-Chan Hee, der als Betreuer und Dolmetscher fungiert. Yeom sitzt womöglich abends einsam im Hotelzimmer an der Playstation? Von wegen. Mit seinen Teamkollegen ist er gerne mal unterwegs, auch zum Weintrinken. Die feilgebotenen edlen Tropfen haben geschmeckt: „Ich hab’ aber nur mal probiert, sonst hätten sie mich nach Hause tragen müssen“, lacht Yeom, der sich auch schon ein Bild von seiner neuen Wahlheimat gemacht hat. Wie gefällt ihm die Barockstadt? „Gut. Alle Fuldaer sind nett, die Innenstadt ist sehr sauber, wahrscheinlich kehren sie da regelmäßig. Besonders schön finde ich die alten Gebäude.“

Fußballerisch ist er, obwohl es mit der Verständigung noch Schwierigkeiten gibt, auch schon angekommen. Als Taktgeber neben Kapitän Patrick Schaaf sorgt Yeom, der fleißig deutsch lernt, für neue Stabilität und ist mit ein Grund für den ausgezeichneten Saisonstart des TSV Lehnerz. Dass der Koreaner auch Tore schießen kann, bewies er beim 6:1 gegen Steinbach, besonders der Kracher aus der Distanz zum 3:1 sorgte für Aufsehen.

Ohnedies pflegt Yeom, 1,84 Meter groß, eine für einen Asiaten eher untypische Spielweise. Beim Hinspiel in Steinbach (1:1) wandelte er deshalb am Rande des Platzverweises. „Er langt auch schon mal hin und lässt sich nichts gefallen“, sagt Nam-Chan Hee, „zumal er auch wusste, dass es in einem Derby körperlich zur Sache geht. Vielleicht hat er in diesem Spiel ein wenig zu emotional reagiert.“ Bei dieser Gelegenheit hat er dann auch gleich erfahren, „dass die Schiedsrichter in Korea ein wenig kulanter sind als hier.“

Keine Angst vorm Diktator

In Yeoms Heimat ist Baseball weitaus populärer als Fußball. Wer es allerdings mit dem runden Leder hält, sympathisiert zu einem gewichtigen Teil mit den deutschen Kickern. „Özil, Reus, Boateng und Neuer“, diese Namen fallen Yeom zuerst ein, wenn es um die Beliebtheit der Weltmeister-Spieler in Korea geht.

Obwohl sie noch nicht in Liga eins angekommen ist, ist die Lehnerzer Neuerwerbung auch von dem beeindruckt, was sie in der Hessenliga sieht: „Die Atmosphäre ist schön, alles ist sehr emotionsgeladen, die Zuschauer fiebern mit.“ Die deutsche Fankultur hat es dem 24-Jährigen, der vom Zweitligisten FC Seongnam gekommen ist, ohnehin angetan. Wie aus der Pistole geschossen kommt die Antwort auf die Frage nach seinem Lieblingsclub: „Borussia Dortmund!“

Ob er jemals dort landen wird? In jedem Fall spürt Yeom, dass er sich schnell in Deutschland akklimatisiert: „Ich habe mich von Spiel zu Spiel gesteigert, und es wird sicher noch besser, wenn ich körperlich bei hundert Prozent bin.“ Heute geht es für ihn und die Lehnerzer zu Buchonia Flieden. Den Rivalen aus der Region hat Yeom gemeinsam mit seinen Teamkollegen am ersten Spieltag beim 2:0 gegen Borussia Fulda beobachtet und war insbesondere von Fabian Schaub angetan: „Stark ist vor allem der zentrale Stürmer mit dem linken Fuß. Aber wir haben eine stabile Abwehr“, lautet sein Urteil.

In Europa hat Yeom keine Verwandten, seine Familie lebt komplett in Südkorea – einem Land, das derzeit aufgrund der Krise zwischen den USA und Nordkorea im Fokus steht. Doch scheinbar machen sich die Europäer über das diplomatische Säbelrasseln zwischen Donald Trump und Kim Jong Un mehr Gedanken als die Betroffenen selbst. „Für uns Südkoreaner ist das normal, wir kennen das schon. Der Diktator im Norden will zeigen, dass er noch da ist.“ Alle Welt storniere derzeit wegen der vermeintlichen Bedrohungslage den Urlaub auf der Pazifikinsel Guam mit ihrem US-Stützpunkt. Nur die Südkoreaner, so Nam-Chan Hee, würden auch weiter dorthin fliegen. / hw

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