Hessenliga: Selim Karanfil amtsmüde

Türk Gücü Friedbergs Stimme hört auf

Legt seine Ämter bei Türk Gücü Friedberg nieder: Selim Karanfil. Foto: Verein.

Hessenligist Türk Gücü Friedberg kann auch in Zukunft im wesentlichen auf die gleiche Vorstandsmannschaft bauen, die den Wetterauer Verein in den letzten Jahren zu einer positiven Gesamtentwicklung verholfen hat. Die Neuwahlen bei der am letzten Sonntag stattgefundenen Jahreshauptversammlung bestätigten den Kurs der letzten Jahre mit dem Ersten Vorsitzenden Ramazan Kaplan an der Vereinsspitze. Nur Selim Karanfil, der bisherige Schriftführer und Pressesprecher, hat sich aus allen Ämtern im Vorstand zurückgezogen.

Als Stimme von Türk Gücü Friedberg ist der 35-jährige in der lokalen Fußball-Szene der Wetterau ein Begriff. Der Bruder des Sportlichen Leiters Sinan Karanfil war seit 2017 im Vorstand tätig, trat neben der manchmal staubtrockenen Arbeit hinter den Kulissen als Schriftführer vor allem an Spieltagen in Erscheinung. Als Pressesprecher übernahm Karanfil die Aufgabe als Stadionsprecher und leitete hinterher kompetent durch die Pressekonferenz mit den beiden Trainern. Außerdem war er Ansprechpartner für die Soma der Alten Herren. Warum sich der Funktionär dazu entschieden hat, die Verantwortung an seine Nachfolger Sercan und Furkan Kaplan abzugeben? Seine Entscheidung habe rein persönliche Gründe und nichts mit dem enttäuschenden sportlichen Abschneiden der Mannschaft von Trainer Carsten Weber zu tun, die als Tabellenneunter der Südstaffel die Abstiegsrunde bestreiten muss. "Ich habe lange überlegt und festgestellt, dass mir etwas die Motivation gefehlt hat. Die Luft war raus", verdeutlicht Karanfil, der zudem beruflich als Repräsentant eines Autohauses demnächst noch mehr eingespannt sein wird.

"Ich habe immer wieder gerne mit angepackt, um dem Verein zu helfen soweit es geht. Es war für mich eine schöne Zeit als Pressesprecher. Aber es macht keinen Sinn, hier weiter unmotiviert rumzulaufen. Weder für den Verein noch für mich", hat Karanfil einen Schlussstrich unter diese Etappe gezogen. Was aber keineswegs bedeutet, dass Karanfil nicht mehr auf den Sportplatz kommt. "Der Verein liegt mir am Herzen. Ich werde auch weiterhin zu den Heimspielen kommen und zu dem einen oder anderen Auswärtsspiel fahren, nur eben dann als Zuschauer oder Fan und nicht mehr in offizieller Mission." Highlights gab es in seiner Amtszeit aus seiner Sicht vor allem zwei: Der erstmalige Aufstieg in die Hessenliga 2018 im entscheidenden Aufstiegsrundenspiel gegen den FSV Fernwald (2:1) vor 1700 Zuschauern am Ober-Rosbacher Eisenkrain und der sensationelle 1:0-Sieg im Drittrundenspiel des Hessenpokals über den SV Wehen Wiesbaden aus der 3. Liga. "Wir sind der erste türkischstämmige Verein in Hessen, der es bis in die Oberliga geschafft hat und sich etabliert hat. Der Pokalsieg gegen Wehen Wiesbaden war natürlich ein Mega-Ereignis. Das war nochmal schön, da hautnah dabei gewesen zu sein", hebt Karanfil hervor.

Patrick Schorr redaktionell an der Erstellung des Stadionhefts beteiligt

Der TGF-Vorstand und mitgereiste Fans im August 2019 auf der Tribüne des Kasseler Auestadions. Foto: Verein.

Bei der Entwicklung des Vereins nach dem Aufstieg sei es dem Vorstand darum gegangen, die Dinge im Umfeld Schritt für Schritt zu verbessern. Die problematische Situation mit der Gastrolle auf dem Sportplatz in Ober-Rosbach zum Trotz habe es der Club geschafft, in den Bereichen Sponsoring, Mitgliederzahlen und Spieltagseinnahmen Fortschritte zu erzielen. Nach und nach wurde dann das Projekt Vereinshomepage und die Herausgabe eines Stadionmagazins vorangetrieben. An dessen Erstellung übrigens auch Ex-Profi und Co-Trainer Patrick Schorr redaktionell beteiligt ist. Zum Verfehlen der Aufstiegsrunde möchte Karanfil nicht mehr viel sagen, nur so viel: "Dass uns letztlich nur fünf Punkte gefehlt haben, macht das ganze noch mal eine Spur ärgerlicher. Letztlich hat es Dietkirchen mit nur 27 Punkten geschafft. Wir hatten genügend Gelegenheiten um auf mindestens 28 Zähler zu kommen." In 20 Spielen habe vor allem die nötige Konstanz gefehlt, etwas was in der anstehenden Abstiegsrunde nicht mehr passieren dürfe.

Mit Bayern Alzenau und Hanau 93 trifft TGF auf zwei Gegner aus der erweiterten Nachbarschaft, dazu geht es einmal hoch nach Nordhessen zum KSV Baunatal und dreimal gibt Türk Gücü mit den Gastspielen beim Hünfelder SV, Buchonia Flieden und dem SV Steinbach seine Visitenkarte in der osthessischen Region ab. "Da geht es natürlich in erster Linie nur über den Kampf. Es hilft jetzt kein Jammern. Wir müssen die Situation so annehmen. Mit unserem Potenzial und der Qualität sollten wir nicht zu den sechs Absteigern gehören", bleibt Karanfil optimistisch. Der Klassenerhalt besitze oberste Priorität, aber mit einem anderen Auge wird natürlich auch auf den weiteren Verlauf des Hessenpokals geschielt. Im neu ausgelosten Achtelfinale müssen die Friedberger zum Ligakonkurrenten FSV Fernwald (26. oder 27. Februar 2022). Im Viertelfinale könnte dann Regionalliga-Spitzenreiter Kickers Offenbach kommen. Wer weiß, vielleicht packt Karanfil dann noch mal die Lust, die Stimme von Türk Gücü Friedberg zu geben.