Stimmungsbild
Wie kommen Fußballer aus der Corona-Pause?
Physiotherapeut Daniel Pfeiffer
Aus sportmedizinischer Sicht wird wohl viel Arbeit auf ihn und seine Kollegen zukommen, vermutet Daniel Pfeiffer, Physiotherapeut aus Rückers und Fitnesstrainer beim Hessenligisten Buchonia Flieden. „Wir haben das ja schon nach dem letzten, viel kürzeren, Lockdown erlebt. Da kamen die verletzten Spieler in Scharen verletzt in die Praxen gestürmt – und zwar aus allen Ligen von der Regionalliga bis zur B-Liga.“ Dem entgegen zu steuern sei schwierig. „Selbst im Profibereich, wo ein ganzer Stab an Fachleuten zusammenarbeitet, kann man diese muskulären Verletzungen kaum verhindern“, so Pfeiffer. „Vier Wochen Vorbereitung werden für die meisten Spieler diesmal nicht ausreichen. Dazu würde ich zunächst ein paar Trainingseinheiten machen, um mir anzuschauen, wer auf welchem Stand und wie fit ist. Dann würde ich die Gruppen splitten und nach aktuellem Leistungsstand einteilen. Mit den einen kannst du dann schon früher ein bisschen mehr machen, mit den anderen muss man erstmal behutsamer umgehen, bis ein gewisser Stand erreicht ist.“ Deshalb wäre Pfeiffer auch mulmig, wenn man bereits früh in den ersten beiden Wochen Testspiele unter Wettkampfbedingungen ansetzen würde.
Spielertrainer Thomas Winter
Erfahrungen hat Thomas Winter im Fußball zuhauf erlebt, kickte er doch einst bei Bundesligist Borussia Mönchengladbach. "Eine solch lange Pause ist mir aber neu. Und ich glaube, dass in meinem Alter es ein Weilchen dauert, ehe ich wieder in Tritt komme", sagt der 53-jährige Spielertrainer von A-Ligist Großentaft. Ihm sei es zuletzt schwergefallen, sich sportlich zu betätigen, da abgesehen von Laufeinheiten nichts anderes geht. Für ihn gilt deshalb, "einen Schritt nach dem anderen zu gehen. Manchmal ist etwas weniger etwas mehr. Wir alle dürfen nicht denken, dass wir gleich die Welt einreißen. Muskelbeschwerden können schneller auftreten als zuvor, weshalb es ratsam ist, mal frühzeitig abzubrechen anstatt den Körper zu stark zu belasten. Ein Rückschritt kann langfristig gesehen manchmal mehr bringen. Vor allem für Fußballer im gehobenen Alter."
Allrounder Steffen Kreller-Beetz
Mit seinen 37 Jahren gehört Kreller-Beetz zu einen der Dienstältesten Fußballer der Region. Ob der Allrounder des A-Ligisten Grebenhain/Bermuthshain seine körperliche Fitness von vor Corona erreichen kann, bezweifelt er. „Ich bin ehrlich. Ich habe seit November kaum etwas gemacht.“ Als Grund nennt er eine gewisse Antriebslosigkeit. Die Tatsache, nicht zu wissen wann es weitergeht, habe ihn negativ beeinflusst. „Jetzt ist aber wieder etwas Licht am Ende des Tunnels und ich habe wieder Lust.“ Fakt sei allerdings auch, dass der 37-Jährige deutlich mehr Zeit benötige. Aufgrund der derzeit körperlichen Defizite wäre eine Saison mit vielen Englischen Wochen der falsche Ansatz, betont Kreller-Beetz mit Blick auf die Verletzungsgefahr. Im Vordergrund der Wiederaufnahme des Trainings sollte der Spaß liegen – bei den Senioren und bei den Junioren. Als Jugendtrainer der JSG Freiensteinau weiß er um die Gefahr, Fußballer durch den Lockdown zu verlieren. „Anfangs muss einfach der Ball ins Spielfeld geworfen werden. Hauptsache wir kommen wieder zusammen und haben Spaß. Dann geht vieles von allein – auch mit Blick auf die Fitness.“
Trainingsmonster Kubilay Kücükler
Die Pause als Chance? Genau das hat sich der 27-jährige Fußballer gedacht. „Beim ersten Lockdown habe ich mich etwas gehen lassen und zum Saisonbeginn in die Röhre geschaut“, erinnert sich der Mittelfeldmann vom SV Steinbach zurück. „Das alles hat an meiner Psyche genagt. Deswegen will ich es jetzt besser machen.“ Faulenzen gibt es seitdem im Hause Kücükler nicht mehr. „Wer mich kennt weiß, dass ich spielen möchte. Wenn ich topfit in die Vorbereitung starte, habe ich gute Chancen.“ In Hochzeiten hat der 27-Jährige sechs Mal die Woche trainiert. Gemeinsam mit einem Personal-Trainer hat Kücükler einen Trainingsplan erarbeitet. Seitdem stehen Intervalle, Sprints, aber auch fußballspezifische Einheiten auf dem Programm. Wenn es nach Kücükler geht, kann es demnach schon bald wieder losgehen. Mental und körperlich ist der 27-Järige fit – und das trotz Lockdown.
Schiedsrichter Carsten Dücker
Immerhin bei einem Spiel durfte Schiedsrichter Carsten Dücker in den vergangenen sieben Monaten auf dem Platz stehen: als Assistent beim Hessenpokal-Viertelfinale zwischen Alzenau und Offenbach. „Da ging es sofort um etwas. Ganz anders, als wenn ich ein Testspiel meines Heimatvereins pfeifen würde“, sagt der Referee der TSG Mackenzell. Nach der längsten Pause seiner mehr als 20-jährigen Laufbahn bereitete sich Dücker nicht in besonderer Form vor, wenngleich er zugibt, „dass ich nicht auf dem Fitnesslevel bin, das ich mir vorstelle. In normalen Zeiten ist jedes Spiel eine Trainingseinheit, und diese fehlen dir momentan.“ In Sachen Regelwerk ist der 39-Jährige dagegen fit: „Als Schiedsrichter in der Hessen-, Verbands- und Gruppenliga müssen wir alle zwei, drei Monate einen Hausregeltest ablegen. So setzt man sich oft damit auseinander. Es ist auch ein bisschen wie Fahrradfahren: So richtig verlernt man das Pfeifen nicht.“
Fitnessstudio-Inhaber Felix Kircher
„Sicherlich freuen sich alle, einschließlich mir, dass es vielleicht schon bald wieder losgeht", weiß Kircher, der als Fußballer und Handballer beim Hünfelder SV aktiv ist. "Vor allem im Handball kommt es darauf an, stabil in den Gelenken und vor allem ausdauernd zu sein. Deshalb ist es von großer Bedeutung, sich durchgängig fit zu halten, zum Beispiel durch Lauf-, Kraft- und Stabilitätstraining. Denn ohne Training verliert man schnell an Ausdauer und Stabilität. Es sollte aber unbedingt darauf geachtet werden, dass man sich „Step by Step“ steigert und nicht sofort wieder auf dem alten Niveau trainiert. Vor allem die Muskulatur, aber auch Gelenke und Bänder sind nicht mehr so leistungsstark wie vor der Corona-Pause und daher viel anfälliger für Verletzungen. Deshalb gilt: Das Training trotz Vorfreude nur langsam steigern!“