KOL-Vereine verärgert über HFV-Urteil

12. Februar 2024, 08:11 Uhr

Die Strafe richtet sich zwar an Türk Gücü Friedberg II, sauer sind aber die Konkurrenten. © Bernd Vogt

In der Fußball-Kreisoberliga Friedberg brodelt es! Der Ärger einer Handvoll Klubs aus der zweiten Tabellenhälfte richtet sich gegen ein Urteil des Sportgerichts des Hessischen Fußball-Verbandes.

Hintergrund: Der von Türk Gücü Friedberg II im Oktober 2023 verschuldete Spielabbruch war unter anderem mit einem Spielverbot gegen die Kreisstadt-Mannschaft sanktioniert worden. Dies wiederum könnte im Abstiegskampf von elementarer Bedeutung sein.

Spielverbot: KOL-Vereine über HFV-Urteil verärgert

„Dieses Urteil betrifft am Ende fast die halbe Liga und könnte für Vereine, die mit dem Abbruch nichts zu tun haben, weitreichende Konsequenzen haben“, sagt Klaus Kliehm vom SV Ober-Mörlen. Im Vereinsheim an den Mühlwiesen haben sich in dieser Woche Funktionäre vom sechs Klubs aus der zweiten Tabellenhälfte getroffen. Sie sind bewegt, emotional, verärgert, drücken ihr Unverständnis aus. Ihr Anliegen: sensibilisieren, Öffentlichkeit schaffen, zum Nachdenken und Handeln anregen. „Diesmal trifft es uns, nächste Saison eine Liga, andere Klubs, einen anderen Fußballkreis“, erklärt Kliehm seine Initiative im Zusammenhang mit diesem Spielverbot.

Das HFV-Sportgericht mit Berufsrichterin Dr. Lea Eggerstadt als Vorsitzender sowie Dr. Dietrich Claus Becker (Vizepräsident am Amtsgericht Gießen) und Hendrik Brönnecke als Beisitzern hatte – wie aus dem Urteil vom 18. Januar 2024 hervorgeht – einen Punktabzug gegen Türk Gücü II zur Sanktionierung als „nicht mehr ausreichend“ betrachtet, da es sich bei der „für den Spielabbruch ursächlichen Tätlichkeit um ein schwerwiegendes Vergehen handelt, da es gegen den Schiedsrichter“ handele. Das Spielverbot des Tabellensechsten im Zeitraum vom 10. bis 24. März betrifft die Spiele beim TSV Dorn-Assenheim, bei der KSG 1920 Groß-Karben und gegen den SV Steinfurth.

Dorn-Assenheim vergrößert durch diesen kampflosen Drei-Punke-Erfolg den Vorsprung auf den Abstiegs-Relegationsrang von vier auf sieben Punkte. Die KSG 1920 erhält 25 Prozent ihrer bisher erkämpften Punkte obendrauf geschenkt und verlässt einen direkten Abstiegsplatz. Einig ist sich die KOL-Funktionärsgruppe bei der Zusammenkunft in Ober-Mörlen, dass der Angriff auf den Unpateiischen hart sanktioniert werden muss. Was das Sextett beschäftigt, ist das ‚Wie‘ und das ‚Warum‘ im Paragrafen-Dschungel.

KOL-Vereine nach HFV-Urteil verärgert: Unbeteiligte benachteiligt

Klar ist: Juristisch hat diese Interessensgemeinschaft keine Handhabe gegen das Urteil. Dass Türk Gücü II den Richterspruch akzeptiert, ist verständlich. Zum einen würde ein Widerspruch die eigentliche Tätlichkeit öffentlich wieder zum Thema machen, zum anderen könnten die Kreisstädter im Falle eines alternativen Punktabzuges selbst noch in Abstiegsgefahr geraten. Paragraf 37 lässt einen Abzug von bis zu 24 Punkten zu.

„Das Urteil hat mit Fairness und sportlichem Wettkampf nichts zu tun. Unmittelbare Konkurrenten von uns erhalten dadurch einen Vorteil. Wir als unbeteiligter Klub werden krass benachteiligt. Wie soll ich das meinen Spielern erklären?“, fragt Hagen Deis, Spielausschussmitglied der Teutonen, und zieht einen Vergleich zum Profi-Fußball. „Dort würde – egal, was passiert – immer eine sportliche Entscheidung auf dem Rasen herbeigeführt werden.“

Ihm zur Seite steht unter anderem Sebastian Volp, Urgestein bei SV Nieder-Weisel. Die Argumentation erschließe sich ihm nicht. „Was ist für das Gericht der Mehrwert von einem Spielverbot gegenüber einem Punktabzug, meinetwegen einem drastischen, der nur unmittelbar den trifft, der den Fall verschuldet hat? Das wäre gerechter.“ Als Tabellenachter ist sein Klub angesichts von zahlreichen Nachholspielen der Verfolger noch nicht alle Sorgen los.

Dominik Glüder, Spielausschussmitglied beim SV Bruchenbrücken, der ebenfalls von der KSG 1920 überholt wird und vom Relegations- auf einen Abstiegsplatz rutscht, spricht von „Willkür. Fast drei Monate sind seit dem Spiel vergangen. Fällt das Urteil zu einem früheren oder späteren Zeitpunkt, profitieren andere Vereine. Wissentlich oder unwissentlich kann man durch ein Spielverbot Einfluss auf den Spielbetrieb nehmen“. Er glaube, dass das Sportgericht die Tragweite – gerade mit Blick auf die Tabellenkonstellation – nicht erkannt habe. „Wer sich mit Wettbewerb und Konkurrenz befasst, der kann ein solches Urteil nicht gut finden.“

Michael Kopp, der in der Runde den SV Assenheim vertritt, sieht durch ein Spielverbot in Extemfall die Arbeit mehrerer Jahre bedroht. „Wir haben eine junge Mannschaft, die wir im eigenen Nachwuchs entwickelt, begeistert und bei uns gehalten haben. Wenn wir absteigen, weil eine Mannschaft aufgrund geschenkter Zähler am Ende vor uns liegt, und uns dann der eine oder andere verlässt, kann das die komplette Aufbauarbeit zerstören. Ebenso wie die Bereitschaft zum Engagement im Ehrenamt.“

Wer sich mit Wettbewerb und Konkurrenz befasst, der kann ein solches Urteil nicht gut finden. Dominik Glüder, SV Bruchenbrücken.

Kommentieren