Max Lesser wechselt zu Brighton & Hove Albion

03. Juli 2024, 21:33 Uhr

Max Lesser (links, mit Eichenzells Trainer Romeo Andrijasevic) wechselt in die Premier League zu Brighton & Hove Albion. Foto: Jonas Wenzel

Max Lesser heuert in der Premier League an: Der 29-jährige Osthesse wird zur kommenden Saison Analyst bei Brighton & Hove Albion. 

In den vergangenen Monaten war es ruhig um Max Lesser geworden. Nach seinem schnellen Aus bei Ajax Amsterdam tauchte er öffentlich nicht auf, sondern war als manches Mal lautstarker Fan auch auf den osthessischen Sportplätzen unterwegs. Beim FC Britannia Eichenzell, um seine Freunde Chris Grösch, Marc Wettels oder Romeo Andrijasevic zu unterstützen. Beim TSV Bachrain und zuletzt der SG Niederaula/Kerspenhausen, um Bruder Patrick beizustehen. 

Lesser mag nicht in der Öffentlichkeit stehen. Er lehnt Interviewanfragen ab und büßt dabei keine Empathiewerte ein. Denn die ehemalige Torgranate – von 2014 bis 2018 arbeite er zunächst als Praktikant, dann als Volontär und später als Redakteur für das hessische Fußballportal – kennt seine Rolle. In der Öffentlichkeit sollen die Cheftrainer und nicht deren Adjutanten stehen. Die sind im modernen Fußball zwar unabdingbar und werden im direkten Umfeld immer mehr, allerdings ist der Chef derjenige, der am langen Ende in der Verantwortung steht.

Max Lesser wechselt zu Brighton & Hove Albion in die Premier League

Lesser arbeitet dem Chef zu. Und das erledigt er mit so viel Akribie und Sachverstand, dass er sich im Fußball-Business längst einen Namen gemacht hat. Es war nicht die Frage, ob er wieder ein hochkarätiges Angebot bekommt, sondern nur: Wann er bei der für ihn passenden Offerte zuschlägt. Und wer kann schon der Premier League widerstehen? Der größten Liga der Welt, die pro Saison rund 6,5 Milliarden Euro Umsatz generiert und damit rund doppelt so viel wie die Bundesliga? In der Spiele an der Anfield Road und im Old Trafford warten? Dort, wo Pep Guardiola trainiert und unzählige Weltstars spielen? 

Max Lesser ist seinen Weg unbeirrt gegangen und hat dabei nie seine Wurzeln vergessen. Sitzt man mit ihm in seinem Lieblingscafé in Fulda, das manch einer scherzhaft schon als sein Büro bezeichnet, ist er offen und herzlich, nie abgehoben und ständig am Telefon. Das gehört zu seinem Job. Netzwerken, sich über Spieler informieren, mit Trainerkollegen fachsimpeln. Aber doch bitte im Hintergrund. Er weiß: Von in der Branche noch so geschätzten Co-Trainern steht nichts in der Zeitung. Dann tut es ihm leid, seinen „Torgranaten“ einen Korb geben zu müssen. Vielmehr als die gewöhnlichen Floskeln sind bei einem solchen Wechsel aber sowieso nicht zu erwarten. Stolz, Vorfreude, riesige Ehre. Das alles dürfen wir natürlich schreiben und das alles stimmt ja natürlich auch. Aber was solle er uns denn sonst noch sagen? Was er gerne zu Mittag isst, welche Bücher und welche Fernsehsendung er mag? Pasta, Benedict Wells und Sing meinen Song. Naja, jetzt ist’s gesagt. Immerhin. 

Doch weshalb ist Lesser auf der Insel gelandet? Fabian Hürzeler wird Cheftrainer des englischen Erstligisten und hat Lesser in seinen Staff gelotst. Hürzeler führte zuletzt den qualitativ eher im Zweitliga-Mittelmaß anzusiedelnden FC St. Pauli in die Bundesliga und gilt als größtes Trainertalent Deutschlands. Hürzeler prägt einen progressiven Fußballstil, der auf viel Ballbesitz ausgelegt ist. Er folgt in der englischen Küstenstadt auf den Italiener Roberto De Zerbi, der mit seiner ähnlichen Spielweise den Fußball in den vergangenen Jahren grundlegend verändert hat. Auch Xabi Alonso lässt in Leverkusen ähnlichen Fußball wie De Zerbi oder Hürzeler spielen. 

Hürzeler wird der jüngste Trainer, der jemals ein Premier-League-Team trainiert hat. Der 31-jährige Ärztesohn war zuletzt sogar Thema in der „New York Times“. Dort wird nur über außergewöhnliche Fußballgeschichten berichtet. Aber vielleicht möchten ihn die Amerikaner nun auch gerne ein wenig für sich von Hürzeler für sich vereinnahmen. Kein Wunder: Er wurde in Houston (Texas) geboren, besitzt zudem die deutsche und schweizerische Staatsbürgerschaft. In der Jugend hat er die meiste Zeit beim FC Bayern gespielt (2002 - 2012) und ist schon mit 23 Jahren Spielertrainer des Bayernligisten FC Pipinsried geworden. Parallel zu seinem vierjährigen Engagement in der bayerischen Provinz war er Co-Trainer der U18 und U20 von Deutschland. 2020 wurde er Co-Trainer beim FC St. Pauli, 2022 Cheftrainer. Nun führt ihn sein kometenhafter Aufstieg nach England uns spült den klammen Paulianern immerhin kolportierte 7,5 Millionen Euro in die Kasse.

Brighton, das zuletzt als Elfter in der Premier League einlief und in den vergangenen Jahren immer wieder wichtige Spieler verlor, hat auch die beiden deutschen Nationalspieler Pascal Groß und Deniz Undav unter Vertrag, wenngleich Undav zur Zeit an den Bundesligisten VfB Stuttgart verliehen ist und dort in der abgelaufenen Saison für Schlagzeilen sorgte.

Zur Person:

Der 29-jährige Max Lesser wurde in Fulda geboren. Mit 17 Jahren übernahm er die C-Junioren des Haimbacher SV. Es folgten zwei Jahre bei Viktoria Fulda. Mit Jochen Maikranz trainierte Lesser anschließend die SG Johannesberg, die auf Anhieb Gruppenliga-Meister wurde. 2018 kündigte er seinen Redakteursjob bei Torgranate, wo er schon volontiert hatte, und wurde Co-Trainer unter Daniel Steuernagel bei Regionalligst Kickers Offenbach. Nachdem Steuernagel im September 2019 entlassen worden war, pausierte Lesser, um 2020 beim VfB Stuttgart zu heuern. Beim VfB war er zunächst Co-Trainer des Regionalliga-Teams, später auch Analyst und Co-Trainer des Bundesliga-Teams. Im Sommer 2023 wechselte er schließlich zu Ajax Amsterdam, um beim niederländischen Rekordmeister „Head of Analyse“ zu werden. Nachdem sportlich wenig zusammenlief, wurde beinahe die komplette sportliche Führung entlassen – auch Lesser. Nach zuletzt neun Monaten Pause zieht es Max Lesser nun nach England. Sein Vater Henry war DDR-Nationalspieler und lange Trainer in Osthessen, Bruder Patrick trainiert den SV Großentaft. 

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