„Man kann in Neuhof nur schwer planen“

06. September 2024, 06:34 Uhr

Florian Reichler gehört zu den wenigen regionalen Spielern beim SV Neuhof. Der Kapitän äußert sich offen und ehrlich zum Weg des Vereins. © Charlie Rolff

Wie ist es eigentlich, eine multikulturelle Truppe anzuführen und nur mit wenigen Mitspielern richtig kommunizieren zu können? Florian Reichler, Kapitän des SV Neuhof, findet bemerkenswert ehrliche Worte zur Situation beim Verbandsligisten.

Dem Saisonstart des SV Neuhof mit fünf Zählern aus sechs Spielen gibt Reichler eine „4 minus“. Nicht nur die Punktausbeute, auch die Leistungen ließen zu wünschen übrig und brachten den 26-Jährigen mitunter ins Grübeln: „Man braucht viel Geduld und positive Gedanken, sonst kann man sehr schnell die Lust verlieren“, betont Reichler, der seit Jahresbeginn Teil des Vereins ist. Während einer langen Verletzungspause aufgrund einer Schulterverletzung entschloss sich der frühere Sodener, Schlüchterner und Johannesberger, sein Glück so hoch wie möglich zu probieren. Beim SVN zählt er seitdem zum Stammpersonal, führt die Mannschaft als erster Kapitän sogar aufs Feld.

SV Neuhof: Kapitän Florian Reichler findet ehrliche Worte

Keine einfache Aufgabe, schließlich ist die Mannschaft wieder einmal neu zusammengestellt aus Spielern, die mitunter schwer bis gar nicht kommunizieren können. „Wir haben sehr viele Brasilianer. Die meisten kamen erst nach und nach, oft in Zweierpäckchen. Viele sprechen weder Englisch noch Deutsch. Da muss man teilweise über drei Ecken übersetzen lassen. Und wenn man nicht richtig kommunizieren kann, ist es ja auch ganz klar, dass man mit den Leuten nicht richtig warm wird“, erklärt Reichler. Dementsprechend gibt es eine gewisse Grüppchenbildung – jedoch nicht mehr wie in der Vorsaison mit Spielern aus verschiedenen Ländern, sondern zwischen Brasilianern und Einheimischen. „Es hilft aber, dass ein Benedikt Kreß, dessen Freundin aus Portugal kommt, perfekt portugiesisch spricht. Das führt die Gruppen zusammen.“

Und dass es untereinander harmonieren kann, wurde beim Derbysieg in Flieden (3:2) deutlich , als sich beim Siegtreffer die ganze Mannschaft sichtlich miteinander gefreut hat. „Auch wenn es manchmal schwer ist, macht es im Training immer Spaß. Viele Jungs sind nur hier, um Fußball zu spielen, da ist das Trainingsniveau immer hoch. Und in den Spielen haben wir schon gezeigt, dass wir trotz der schwierigen Umstände mannschaftlich geschlossen sein können“, betont Reichler und spricht explizit den Sieg in Flieden an: „Die meisten Jungs kennen die Vereine von hier nicht und wissen daher nicht, welches Spiel ein Derby ist. Da wurde vor dem Flieden-Spiel schon angesprochen, welch hohe Bedeutung diese Partien für den Verein haben.“ Und gerade die Spiele gegen die osthessischen Nachbarn will Reichler gewinnen. Am Sonntag (15 Uhr) gibt es bereits das nächste in Bronnzell.

Doch wie wird es beim SVN grundsätzlich weitergehen? „Die Frage ist ja, ob die Mannschaft zusammenbleibt. Wie sieht es im Winter zum Beispiel mit dem Visum bei einigen Spielern aus? Man kann in Neuhof keine Prognose abgeben, in welche Richtung es geht. Man kann schwer planen.“ Fest steht nur, dass Spieler wie Reichler, Kreß und Lukas Stüss ein Teil des Wegs sein sollen. „Ich verstehe kritische Stimmen, aber nach dem eingeschlagenen Weg in der Vergangenheit muss man regionale Spieler erst einmal begeistern können. Der Verein hat jetzt einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Ziel muss es sein, weitere regionale Spieler zu gewinnen – zumal ich mir nicht vorstellen kann, dass der frühere Weg über Jahre so weitergehen könnte.“

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