Eintracht Frankfurt ist fast auf Augenhöhe mit den Topteams

21. Oktober 2024, 13:53 Uhr

Nur zweiter Sieger: Rasmus Kristensen (links) wird von Amine Adli ausgespielt. © IMAGO/Sven Simon

Eintracht Frankfurt ist noch nicht ganz dran an den absoluten Bundesliga-Spitzenklubs, aber sie sortiert sich mit guter Perspektive dahinter ein.

So langsam glätten sich die Wogen, der Sturm der Entrüstung ebbt bei Eintracht Frankfurt ab. Natürlich ärgern sich die Verantwortlichen des Fußball-Bundesligisten noch immer über die Irrungen und Wirrungen in Leverkusen, über diesen letzten Schubser von Bayer-Verteidiger Jonathan Tah in den Rücken des Eintracht-Stürmers Hugo Ekitiké, den Schiedsrichter Felix Brych und VAR Günter Perl fälschlicherweise als nicht strafbar werteten. Und auch bei einem Blick auf die „Wahre Tabelle“, die das Klassement von Fehlentscheidungen der Referees bereinigt, schnellt der Puls der hohen Herren noch ein wenig in die Höhe. Da steht die Eintracht mit 15 Punkten auf Platz eins der Bundesliga. In der wahren wahren Tabelle aber mit 13 Zählern auf Rang sechs. Ist ja auch nicht schlecht.

Nun ist dieses Tableau natürlich keine Bemessungsgrundlage und auch nur eine Spielerei ohne Wert, aber Sportvorstand Markus Krösche ist generell der Meinung, dass die Eintracht von Schiedsrichterentscheidungen nicht eben bevorteilt wird, gerade in Spitzenspielen.

Als größtmöglicher Schiri-Fauxpas dient der Eintracht noch immer der dreiste Stoß von BVB-Profi Karim Adeyemi in den Rücken von Jesper Lindström, der unerklärlicherweise ungeahndet blieb. Wenn man so will, die Mutter aller Fehlentscheidungen. Doch das liegt auch schon zwei Jahre zurück. Und bei allem Frust über Pfiffe oder ausgebliebene Pfiffe hat auch jetzt der Fakt Bestand: Die 1:2-Niederlage vom Samstag steht unverrückbar in den Büchern der Bundesliga.

Und für die Hessen wird es Zeit, den Blick auf den Sport zu richten. Löst man den Auftritt von Leverkusen mal ab von den Nebenschauplätzen, so bleibt festzuhalten, dass die Eintracht einen sehr ordentlichen Auftritt hingelegt hat, in der ersten Hälfte sogar einen ausgesprochen guten. Da war sie dem deutschen Meister ebenbürtig, piesackte die Rheinländer immer wieder mit schnellen Angriffen. Und sie hatte auch gute Tormöglichkeiten, etwa den Kracher von Omar Marmoush ans Lattenkreuz, der den ganzen Kasten erbeben ließ. Auch die Ballbesitzquote konnten die Frankfurter ausgeglichen gestalten.

Doch sie schafften es nicht, dieses Niveau zu halten, im zweiten Abschnitt nahm der Druck der Leverkusener immer mehr zu, gerade nach der Hereinnahme von Nationalspieler Florian Wirtz wurden die Hessen förmlich erdrückt.

Phasenweise ebenbürtig

„In der zweiten Hälfte hätten wir aktiver verteidigen müssen“, monierte Markus Krösche. „Wir waren zu passiv und zu fahrig im Spiel nach vorne, hatten einfache Ballverluste und zu wenig Durchschlagskraft.“ Und eine rechte Abwehrseite, die die Leverkusener Flügelzange nie in den Griff bekam. Rasmus Kristensen stieß gegen die schnellen und wuseligen Alejandro Grimaldo und Amine Adli erstmals an seine Grenzen – auch weil er von Vordermann Eric Dina Ebimbe sträflich im Stich gelassen wurde. Auf diesem Niveau lässt sich eine solche frappierende Unterlegenheit nur schwerlich kompensieren.

So standen am Ende 27 Torschüsse für Leverkusen und nur acht für die Eintracht, in allen statistischen Erhebungen war die Werkself vorne. Das sind Zahlen, die die Überlegenheit des amtierenden Titelträgers unterstreichen. Und sie zeigen, dass die Eintracht zwar in Phasen gegen die Großkaliber der Liga ebenbürtig ist, aber eben nicht über die gesamte Strecke. Auch beim 3:3 gegen Bayern München warf die Eintracht zwar ihr ganzes Herz hinein ins Spiel und trotzte den Bayern durch überfallartige Konter einen Punkt ab, deutlich unterlegen war sie den Münchnern dennoch. Insofern ist die These von Cheftrainer Dino Toppmöller nur bedingt richtig. „Wir haben jetzt in zwei Spielen gegen zwei europäische Topteams gezeigt, dass wir auf diesem Level mithalten können“, sagte er. Man könnte die Darbietungen auch so interpretieren: Es fehlt noch etwas zur Spitze. Aber es fehlt nicht viel. Die Eintracht bewegt sich noch nicht ganz, aber fast auf Augenhöhe mit den absoluten Topvereinen. Sie reiht sich direkt dahinter ein.

Unangenehme Unioner

Festzuhalten bleibt einerseits, dass es gegen die Spitzenteams aus Dortmund (0:2), Bayern (3:3) und Leverkusen (1:2) insgesamt nur einen Punkt gab. Andererseits muss man genauso rekapitulieren: Zweimal musste die Eintracht in diesen Partien auswärts antreten – und sie war beim BVB und bei Bayer jeweils ganz nah dran, einen Zähler mitzunehmen. Sportboss Krösche sieht die Mannschaft auf einem guten Weg, gerade im Vergleich zum letzten Auftritt in Leverkusen in der Vorsaison. „Wir haben einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht.“ Das stimmt, die Entwicklung des Teams ist unverkennbar, es ist schwer zu bespielen und schwer zu bezwingen. Und das Ensemble hat mit den Ausnahmestürmern Omar Marmoush und Hugo Ekitiké eine Menge individuelle Qualität; das Duo kann jederzeit den Unterschied machen.

Daher können diese Spiele sehr wohl als Mutmacher dienen für kommende Begegnungen, in denen die Eintracht zeigen muss, dass sie dauerhaft auf diesem Level performen und sich in der Spitzengruppe einnisten kann. Schon der nächste Bundesligagegner ist dafür ein guter Gradmesser: am Sonntag geht es an die Alte Försterei zu Union Berlin. Eine unangenehme Aufgabe.