Damals die JSG Großentaft/Soisdorf
Aus Galliern wurden Legenden
Die Mannschaft aus der Saison 1986/1987 vor dem entscheidenden Aufstiegsspiel gegen Flieden. Fotos: Verein
Die Jahrgänge 1969 und 1970 werden in Großentaft und Soisdorf wahrscheinlich unvergessen bleiben. Bisher war es das Beste, was die beiden Orte an Talenten – vor allem in dieser Menge – hervorgebracht haben. Erstmals so richtig auf sich aufmerksam machte Großentaft/Soisdorf 1985/86. Da holte sich die B-Jugend nach einer grandiosen Saison die Bezirksmeisterschaft. Mit 32:4-Punkten wurde Verfolger Flieden (30:6) knapp abgehängt. Auf den Aufstieg verzichtete die JSG, weil der Jahrgang in die höhere Altersklasse zu den A-Junioren aufrückte.
Ein Jahr später wurde es genau dort legendär: Großentaft/Soisdorf holte sich die Meisterschaft in der zweigeteilten Bezirksliga. Als Nord-Meister kam es nun zu zwei Entscheidungsspielen gegen den Süd-Pendant aus Flieden, der Sieger würde in die höchste hessische Liga aufsteigen. Da es zu dieser Zeit noch keine Hessenliga gab, war die Verbandsliga Nord das Ziel aller Träume. Aber es sah böse aus. Im Hinspiel in Flieden (damals noch mit Spielern wie Oliver Happ) gab es eine herbe 1:4-Niederlage. Der Traum schien ausgeträumt.
Doch im Rückspiel kam zu tragen, was Großentaft/Soisdorf so stark machte – der unbändige Wille und ein Teamgeist, der Berge versetzte. Auch in diesem zweiten Spiel schien es zunächst schlecht zu laufen, denn zur Halbzeit führte Flieden erneut mit 1:0. Dann aber schlugen die Hausherren zu. Nach vier Treffern in Halbzeit zwei schaffte es die JSG in die Extrazeit, um die Begegnung am Ende sensationell in ein 5:1 nach Verlängerung zu drehen. Was danach in Großentaft sowie Soisdorf los war, muss nicht näher beschrieben werden. Kurios: Erst Tage später kam heraus, dass beide Mannschaften aufgestiegen waren. Auch Flieden durfte sich freuen. Denn was selbst die meisten Funktionäre nicht wussten: In den Statuten war verankert, dass die Zahl der Aufsteiger aufgestockt wird, sollte eine Spielgemeinschaft den Aufstieg schaffen, denn die durfte keinem eigenständigen Verein die Möglichkeit verbauen.
1987/1988 spielte Großentaft/Soisdorf nun also unter vielen berühmten Namen: Hessen Kassel, KSV Baunatal, Borussia Fulda, Eintracht Stadtallendorf, SC Waldgirmes und VfB Gießen hießen plötzlich die Gegner. Der Start in der neuen Umgebung war schwer: Mit einer 2:6 (2:2)-Heimniederlage gegen den KSV Baunatal ging es los, es folgte ein 1:3 bei Hessen Kassel. Doch dann war die Truppe in der Liga angekommen: Ein Freistoßtor von Marcus Schellenberger sicherte Großentaft/Soisdorf einen 1:0-Derbysieg über Mitaufsteiger Flieden. Es war der Beginn von acht Siegen in Serie und einer völlig ungefährdeten Spielzeit.
Starke Auftritte gab es vor allem in den Derbys: So wie gegen das hiesige Aushängeschild dieser Zeit – Borussia Fulda. 300 Zuschauer waren auf das Gelände „am Hauck“ in Soisdorf gekommen, und die sahen einen 2:0-Sieg der Spielgemeinschaft. Held des Tages war Jürgen Pomnitz, der den großen Nachbarn mit seinen beiden Kopfballtreffern im Alleingang besiegte. Noch beeindruckender war, wie die JSG den Nord-Nachbarn Hessen Hersfeld auf dessen Platz mit 7:2 regelrecht vorführte.
Gemeinsam in der Schule
„Wir waren eine super Einheit und das auch außerhalb des Platzes. Fünf, sechs Spieler waren gemeinsam in der Schule in einer Klasse“, sagt Andreas Köller schmunzelnd. Der heute 51-Jährige war fester Bestandteil der Gruppe. „Stefan Gensler hat diesen Zusammenhalt schon früh als Trainer geformt, und später haben das Jürgen Hahn und Winfried Jost nahtlos fortgeführt. Das war die vielleicht schönste Zeit im Fußballerleben“, gesteht Köller heute.
Die Achse bildeten Jürgen, Rainer „Luggi“ und Marco Pomnitz, dazu kam Peter Ritz als Stürmer, der ganz genau wusste, wo das Tor steht. „Ansonsten war das Team sehr ausgeglichen besetzt. Wir hatten ja nur 13 Spieler. Das war damals nicht so wie heute, wo jeder einen 20-Mann-Kader haben will“, gibt Köller zu bedenken. Nach dem Aufstieg hatte sich Großentaft/Soisdorf mit den drei Neuzugängen Marcus Schellenberger (Dittlofrod/Körnbach), Jürgen Werner sowie Torwart Michael Roth (beide Hünfelder SV) verstärkt.
1987/1988 entschied Großentaft/Soisdorf sogar die Meisterschaft, als man beim KSV Baunatal aus einem 0:2 noch ein 2:2 machte und KSV-Legende „Beppo“ Hofeditz (damals Baunatals Trainer) in die Verzweiflung trieb. Denn dieses Remis machte Hessen Kassel zum Meister.
Im Pokal schrieb die Jugendspielgemeinschaft ebenfalls ihre Geschichten: Der Bezirkspokalsieg 1986/1987 gegen Borussia Fulda (2:1) war nur ein Beispiel. Hier folgte im Hessenpokal-Viertelfinale das Aus gegen den KSV Baunatal (2:3). Ein Jahr später gewannen die Youngster erneut den Bezirkspokal (3:1 gegen Flieden) und zogen nach einem 3:0 bei Eintracht Stadtallendorf ins Hessenpokal-Halbfinale ein. Hier kam das Aus gegen die extrem starke SG Hoechst, die mit Spielern wie dem späteren Bundesligastar Slobodan Komljenovi? bestens aufgestellt war. 1:4 hieß es nach 1:0-Pausenführung.
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