Eintracht-Größen im Abseits
Im Trainingslager der Eintracht in Windischgarsten, beim Dilly-Horst, dem guten Geist, dem quasi der ganze Ort gehört, ja, da war die Welt noch in Ordnung. Randal Kolo Muani war noch da, auch Jesper Lindström, Jens Petter Hauge spielte plötzlich nicht mehr wie der Jens Petter Hauge, als der er gegangen war, sondern dynamisch und selbstbewusst. Die angereisten Fans servierten am Trainingsplatz ihr traditionelles Frühstück mit Äppler, Handkäs und Mispelchen, das ist schon so bekannt, dass sie sogar regelmäßig von den TV-Anstalten interviewt werden. Und Kolo Muani, der noch der alte Kolo Muani war, versprach den kleinen Jungs hinterm Geländer: „Ich bleibe, natürlich bleibe ich.“ Natürlich.
Leitfigur Sebastian Rode wurde dann auch mal zu einer Medienrunde gerufen, als Kapitän gehört das dazu, noch dazu in seinem letzten Vertragsjahr, ach was, seinem letzten Karrierejahr. Und da saß er da, der Seppl von der Bergstraße, gut gelaunt, gut drauf, voller Tatendrang, okay, mit ein bisschen Wehmut, aber sonst alles tuttifrutti. Ihm gehe es blenden, er sei gesund, bekundete der 32-Jährige. „Ich bin bereit dazu, große Leistungen zu bringen.“ Und: „Ich werde alles dafür tun, dass wir eine geile Saison spielen.“ Das war im Juli.
Heute, ziemlich genau zwei Monate später, sagt Eintracht-Trainer Dino Toppmöller über seinen Spielführer: „Er ist so ein bisschen der Pechvogel der laufenden Saison.“
Viel hat Sebastian Rode tatsächlich noch nicht dazu beitragen können, dass es eine „geile Saison“ wird, wobei zu diesem Zeitpunkt ja sowieso niemand sagen kann, ob es auch wirklich so kommen wird – acht Spiele ohne Niederlage hin oder her. Wobei: Gemessen an seiner Spielzeit hat der Routinier sehr wohl schon maßgeblichen Anteil aufs Eintracht-Spiel gehabt, mehr als andere, die deutlich länger spielen konnten. Rode hat in der Bundesliga bisher ganze 23 Minuten mittun können, gegen Darmstadt musste er schon nach sechs Minuten runter, die Wade. Gegen Köln wurde er eingewechselt – und gewann prompt den Ball mit einem energischen Einsatz vor dem Ausgleich zum 1:1.
Dann meldete er sich, vor dem Spiel in Bochum, krank. Erkältung. Und als er dann jetzt gegen Aberdeen zurückkehrte und die Mannschaft aufs Feld führte, war auch schon wieder früh Schluss, wieder die vermaledeite Wade, für Rode so etwas wie das neue Knie. Aber selbst in seinem Kurzeinsatz gegen die Schotten hatte der Routinier einen entscheidenden Moment, seinen Steckpass auf Eric Dina Ebimbe wussten die Schotten nur durch ein Foul an dem durchgebrochenen Franzosen zu verteidigen, Strafstoß, Tor, 1:0. Dann war es vorbei für Rode, unter dem Beifall der Fans humpelte er vom Feld, für das Heimspiel am Sonntag gegen den SC Freiburg (17.30 Uhr/Dazn) fällt er aus. Und niemand weiß genau, wie lange noch. Eine Sehnenverletzung in der Wade ist diagnostiziert. Wann die Führungskraft zurückkehrt, ist ungewiss. Bitter.
Es ist kein guter Start in sein letztes Jahr bei der Eintracht, aber wer Sebastian Rode kennt, der weiß, dass er das wegstecken wird, weil er schon ganz andere Schläge weggesteckt hat. „Seppl hat schon so viel erlebt, so viele Rückschläge einstecken müssen“, sagt Trainer Toppmöller. „Er ist ein Fighter, hat ein Kämpferherz, er wird gestärkt aus der Situation hervorgehen.“ Doch natürlich sei die Situation für den Anführer „mental nicht einfach“.
Auch für Toppmöller und das Team wäre es besser, ein fitter Sebastian Rode würde auf dem Feld stehen, denn die Mannschaft befindet sich in einem großen Umbruch und ist zudem sehr jung. „Für uns als Gruppe ist es nicht so einfach, dass der Kapitän relativ selten mit an Bord war“, betont der Chefcoach. Doch ändern lässt es sich nicht. Immerhin: Schweden-Talent Hugo Larsson, 19, macht seine Sache als Stellvertreter ganz hervorragend. Der Kerl ist unbekümmert, selbstbewusst – und einfach verdammt gut.
Und auch ein anderer Routinier ist so ein wenig ins Hintertreffen geraten: Oldie Makoto Hasebe. Der bald 40-Jährige kam in den letzten Partien gar nicht mehr zum Einsatz; Tuta, Robin Koch und Willian Pacho hätten aktuell die „Nase vorn, weil wir es top machen in der Defensive“, sagt Toppmöller. Und gegen Aberdeen setzte der Trainer auf Hrvoje Smolcic. „Aberdeen wollte nur über zweite Bälle und Standards torgefährlich werden. Deshalb hat Smola gespielt, in der Luft hat er deutliche Vorteile“, begründete der Coach. Indes: Smolcic ist zwar deutlich jünger als Hasebe, mehr als 15 Jahre, aber trotzdem nicht besser. Toppmöller teilte seinem ältesten Spieler seine Entscheidung persönlich mit und drückte seine Hochachtung aus: „Makoto ist ein wichtiger Spieler für uns. Wenn ich sehe, wie er für die Gruppe da ist, wie er das Ganze lebt, dann muss man den Hut ziehen.“ Spielen würde er aber trotzdem noch gerne, der Großmeister aus Nippon. Wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit.