Die Eintracht tritt auf der Stelle
Nach dem Murmeltiertag in Frankfurt trat Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche vor die versammelte Presse und analysierte die erste Nullnummer der laufenden Bundesligasaison betont sachlich. Die Mannschaft befinde sich inmitten eines Prozesses, der eben Zeit brauche und Geduld erfordere. Krösche weiß, dass Zeit und Geduld die natürlichen Feinde der Fußballbranche sind. Aber er kann es ja nicht ändern. „Wir machen kleine Schritte in die richtige Richtung.“ Weit nach vorne kommt sie mit den Tippelschrittchen aber nicht, die Eintracht tritt eifrig auf der Stelle.
Es ist ganz sicher kein Zufall, dass sie am ersten null zu null der laufenden Runde beteiligt war. Denn mit dem Toreschießen hat sie es bekanntlich nicht, erst vier Treffer in fünf Partien hat sie erzielt. Das ist verdammt wenig. Geiziger war die Eintracht in den letzten Jahren nur einmal unter Niko Kovac in der Saison 2017/18, da brachte sie zum vergleichbaren Zeitpunkt nur drei Treffer zustande. „Die Zielstrebigkeit fehlt“, moniert Sportchef Krösche. Und Torwart Kevin Trapp, der kurz vor Schluss eine amtliche Rudelbildung auslöste, flankierte: „Vorne sind wir nicht so effizient. Der letzte Pass kommt nicht, wir treffen falsche Entscheidungen.“ Das kann man so stehen lassen, und es zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison. „Wir schießen zu wenig Tore. Das liegt auf der Hand.“ Die Kardinalfrage: Wie lässt sich diese Flaute nur beheben?
Trainer Dino Toppmöller hätte da so ein paar Ideen. Zum Beispiel: einfach mal aufs Tor schießen. Dem Fußballlehrer ist es sehr wohl ein Dorn im Auge, dass seine Mannschaft in der Offensive zu verspielt und umständlich ist. „Wir müssen mehr Bälle in die Box bringen“, sagt er. „Wir sollten nicht jeden Ball nach vorne tragen und alles spielerisch lösen. Wir müssen einfacher vors Tor kommen, auch mal auf die zweiten Bälle gehen.“ Die Spiele, doziert der Chefcoach, würden nun mal im Strafraum entschieden. „Wir können nicht immer nur um den Block herumspielen.“
Fußballerisch ist das nicht schlecht, was die Hessen anbieten, aber sie sind insgesamt nicht zwingend und gierig genug. Das Unbedingte und Konsequente geht der Mannschaft im letzten Drittel völlig ab, weshalb auch gegen den SC Freiburg Torchancen Mangelware waren. Einen Kullerball von Ellyes Skhiri musste der Breisgauer Torwart Niah Atubolu halten, und noch Schüsse von Fares Chaibi sowie Omar Marmoush. Das war es aber auch schon. Und das ist, na klar, viel zu wenig. „Wir haben die Spiele im Griff, fußballerisch sind wir stark“, findet Goalie Trapp. Nutzt aber nichts, wenn das Salz in der Suppe fehlt.
Die Nullnummer gegen den Sportclub geht in Ordnung, und die Eintracht hatte sogar noch Glück, dass die Gäste nicht alle drei Punkte entführten, doch Chukwubuike Adamus Kopfballtreffer in der letzten Minute der Nachspielzeit wurde kassiert. Der eingewechselte Freiburger stand hauchzart im Abseits.
Die größte Eintracht-Chance machte indes Schiedsrichter Felix Zwayer zunichte, als er nach neun Minuten nach einem Zweikampf zwischen Lukas Kübler und Aurelio Buta nicht auf Strafstoß entschied, sondern weiter laufen ließ. Eine diskussionswürdige Entscheidung. „Den kann man geben“, sagte Sportvorstand Krösche. Muss man aber nicht unbedingt, wie auch Coach Toppmöller fand: „Der Schiri hat es richtig gemacht.“ Genauso wie er korrekterweise den Eintracht-Profi Eric Dina Ebimbe die Gelbe und nicht die Rote Karte zeigte, als dieser mit offener Sohle den Freiburger Roland Sallai traf (45.). „Das sieht extrem übel aus“, befand Toppmöller, schränkte aber ein. „Junior wollte aber den Spieler nicht verletzten. Das war einfach eine unglückliche Szene.“ Trotzdem hat es schon Unparteiische gegeben, die da einen andere Farbton der Karte gewählt hätten. Genauso wie bei Robin Koch, der sich nicht hätte beschweren können, wenn er vom Platz geflogen wäre, er wischte dem Freiburger Adamu mit der Hand ins Gesicht (85.). Viel los also im Stadtwald, nur mit den Toren sollte es nicht klappen.
Coach Toppmöller rotierte erneut, nahm im Vergleich zum Conference-League-Spiel gegen Aberdeen vier Änderungen vor, Tuta, Aurelio Buta, Hugo Larsson und Fares Chaibi kamen für den verletzten Sebastian Rode, Mario Götze, sowie Hrvoje Smolcic und Paxten Aaronson in die Partie, im Aufgebot stand zudem U21-Stürmer Nacho Ferri, der Jens Petter Hauge aus dem Kader verdrängte.
Der 18-Jährige, sechsfacher Torschütze in der Regionalliga, kam dann tatsächlich nach 80 Minuten ins Spiel und zu seinem Profidebüt. Schöne Sache. Nacho schoss sogar einmal aufs Tor, „er hat frischen Wind reingebracht“, sagte Toppmöller. „Er hat es sehr ordentlich gemacht.“ Sportboss Krösche fand es generell gut, dass endlich mal wieder einer aus dem eigenen Stall ein paar Minuten bei den Profis bekam.
Interessant überdies: Coach Toppmöller beorderte gleich sieben Neuzugänge in die Startformation – auch ein Indiz des Umbruchs im Format XXL. „Wir haben viele neue, junge Spieler“, sagte Krösche und wiederholte sein Mantra: Prozess, Geduld, Zeit. Der Manager findet aber auf alle Fälle: „Man sieht, was wir vorhaben.“
Auf der Tribüne saß übrigens erstmals der neue Bundestrainer Julian Nagelsmann, der nicht wegen seines früheren Bayern-Assistenten und Kumpels Dino Toppmöller gekommen war, sondern auch um Eintracht-Verteidiger Robin Koch unter die Lupe zu nehmen. Der 27-Jährige spielt bisher eine bockstarke Saison und ist ein klarer Kandidat für die DFB-Elf, für die er letztmals 2021 verteidigte (siehe weiteren Bericht auf der folgenden Seite). Auch gegen Freiburg machte er seine Sache wieder gut – sieht man mal von der Unbeherrschtheit kurz vor Schluss ab. Kann passieren, sollte aber nicht.