Das Beispiel Eba Bekir Is
Aufwärmen mit den Profis: Eba Bekir vor dem Europa League-Spiel bei Olympique Lyon. © IMAGO/HMB-Media
Es ist gerade ein paar Tage her, da hat der Vorstand der Frankfurter Eintracht den Vertrag mit Alexander Richter als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) langfristig verlängert. Der 54 Jahre alte Richter, 2022 von VfL Bochum gekommen, wird also auch in den nächsten Jahren für den Übergang der Spieler von den Jugendmannschaften in den Erwachsenenbereich verantwortlich zeichnen und die Talentförderung am Riederwald maßgebend mit beeinflussen. „Wir setzen auf Kontinuität und Stabilität“, sagt Sportvorstand Markus Krösche, „dass wir auch kurzfristig die Durchlässigkeit aus dem Nachwuchs in den Profibereich erhöhen konnten, ist sehr erfreulich und nicht selbstverständlich“. Und wird zu Teilen der Arbeit von Richter zugerechnet.
Es sind nicht mehr die auf den ersten Blick in den Tabellen ersichtlichen sportlichen Erfolge der Juniorenmannschaften U 17, U 19 und U 21, die die ganz große Rolle spielen. Es geht der Eintracht vielmehr um die Weiterentwicklung der Spieler. Das ist nicht neu und war unter Richters Vorgängern Andreas Möller und Armin Kraaz nicht anders. Aber inzwischen wird es mit einer maximalen Konsequenz durchgezogen.
Im vergangenen Sommer hat das Konzept in einer außergewöhnlichen Art und Weise Früchte getragen. Mit Nnamdi Collins und Kaua Santos sind zwei Spieler direkt in den Profikader der Eintracht übernommen worden und haben inzwischen Einsätze in Bundesliga und Europapokal erhalten. Andere wie Elias Baum bei der SV Elversberg und Nacho Ferri im belgischen Kortrijk spielen auf Leihbasis auf hohem Profiniveau. Mit Noel Futkeu wurde ein Spieler nach Fürth abgegeben, der in der zweiten Liga für Furore sorgt. So weit so gut und eindrucksvoll.
In dieser Saison sieht das freilich noch anders aus. U 17 und U 19 haben zwar bislang ihre mannschaftliche Pflicht erfüllt und in der neu strukturierten Bundesliga, genannt nun DFB-Nachwuchsrunde, gegen die regionale Konkurrenz den Sprung in die Hauptrunde geschafft. Die U 17 wurde Dritter hinter dem 1.FC Nürnberg und dem Karlsruher SC, die U 19 Zweiter hinter dem KSC und vor Mainz 05. „Optimal“ sei die Saison bislang nicht verlaufen, „aber das Pflichtziel haben wir erreicht“, sagt Kaderplaner Nino Berndroth, engster Mitarbeiter von Alexander Richter. Im Frühjahr geht es gegen stärkere Gegner weiter, die U 19 spielt gegen Bayer Leverkusen, Hannover 96, den VfL Bochum, die TSG Hoffenheim und den HSV, die U 17 gegen den 1.FC Köln, den FC Augsburg, den VfB Stuttgart, den 1.FC Kaiserslautern und den Karlsruher SC. Die ganz großen Leistungssprünge hat unter den Talenten bislang freilich kaum eines gemacht.
Ständige Wechsel
Was zur U 21 führt, dem großen Sorgenkind der Eintracht. Seit Saisonbeginn parkt die Mannschaft in der Regionalliga Südwest auf einem Abstiegsplatz. Die Probleme sind mannigfaltig. Neben dem personellen Aderlass vor der Saison, der zu einem nahezu kompletten Neuaufbau geführt hat und dem Trainerwechsel von Kristjan Glibo zu Dennis Schmitt, der in der persönlichen Arbeit eine durchaus andere Herangehensweise priorisiert, gehören die ständigen Wechsel von Spiel zu Spiel zu den offensichtlichsten. Auch sind die meisten Spieler nicht mit dem Talent ihrer Vorgänger gesegnet. An der grundsätzlichen Ausrichtung hat das alles bislang nichts verändert und wird sich auch nichts verändern. Die Eintracht setzt mit großer und unverrückbarer Konsequenz auf die Förderung der einzelnen Spieler, selbst wenn dies auf Kosten des mannschaftlichen Erfolgs geht.
Im Dezember hat dies für Schlagzeilen gesorgt, als zunächst der 16 Jahre alte Stürmer Alexander Staff und kurz darauf der ebenfalls 16 Jahre alte Mittelfeldspieler Eba Bekir Is ihre Debüts in der U 21 feierten. Beide Spieler sind vertraglich langfristig an die Eintracht gebunden, könnten aktuell noch in der B-Jugend (U 17) spielen, werden aber in der Regel in der A-Jugend (U 19) eingesetzt. Und nun also in der U 21. Bekir durfte sogar bei den Profis beim Europacupspiel in Lyon reinschnuppern, auch um die emotionale Bindung zum Klub zu verstärken.
„Wir wollen die Jungs so schnell wie möglich an den Erwachsenenfußball heranführen“, ist NLZ-Chef Alex Richter einer Meinung mit Sportchef Krösche. Das ist das ist das Leitmotiv. Helfen sollen dabei ehemalige Profis, die immer häufiger im Nachwuchsbereich als Trainer eingesetzt werden. Die U 16 wird von Alexander Meier geführt. In der U 17 stehen Cheftrainer Sebastian Haag der ehemalige Augsburger Stürmer Andre Hahn und der frühere Nürnberger Torwart Patrick Klandt helfend zur Seite. In der U 19 arbeiten Trainer Denis Streker die ehemaligen Eintracht-Profis Mounir Chaftar und Ervin Skela zu. Bei der U 21 ist Makoto Hasebe einer der Assistenten von Dennis Schmitt. Auch diese Einbindung von Profierfahrung ist Teil des Nachwuchskonzeptes.
Tendenz geht aufwärts
Jede Woche setzen sich die Trainer mit Kaderplaner Berndroth an einen Tisch und fügen die Mannschaften für den nächsten Spieltag zusammen. Immer mit Blick auf die Entwicklung des einzelnen Spielers. „Wenn Enis Aloui in der U 21 nur ein paar Kurzeinsätze hatte, macht es zum Beispiel Sinn, ihn dann wieder komplett in der U 19 spielen zu lassen“, beschreibt Berndroth. Eine logische Herangehensweise, die freilich zu einer großen Fluktuation in den verschiedenen Teams führt. Besonders in der U 21 konnte sich so bis zur Winterpause keine wirkliche Stammformation herausbilden. Was in den Spielen nicht immer hilfreich ist, sich in der Tabelle widerspiegelt und die Tücken der kompromisslosen Individualförderung deutlich macht. Denn der Klassenerhalt soll es schon sein. Mit zwei Heimsiegen an den letzten drei Spieltagen vor Weihnachten haben die Frankfurter sich wieder eine realistische Chance erspielt, den Abstieg zu verhindern.
Die nächste große Herausforderung bei der Arbeit mit den Talenten wartet schon. Die Winterpause ist „ellenlang“, wie Berndroth beklagt, erst am 22. Februar geht es mit dem 21.Spieltag weiter. Im Grunde eine viel zu lange Fußballpause. Auch darum beginnt die Vorbereitung bereits am 6.Januar.
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