Kim Sippel im Porträt

Der Weltmeister

16. Februar 2021, 11:36 Uhr

Kim Sippel ist Weltmeister - im Socca. Foto: Lukas Mengeler

Torhüter und Linksaußen, so heißt es, gehören einem besonderen Schlag an. Auf Kim Sippel, Torhüter des Hessenligisten KSV Baunatal, trifft dies im besonderen Maße zu.

Denn Sippels Lebensweg ist kein gewöhnlicher. Der 32-Jährige liebt es, sich auszutesten. Seinem Leben neue Reize zu geben. Und das Ergebnis dessen sind Geschichten, ganz viele erzählenswerte Geschichten. Die prägnanteste ist zweifelsfrei sein Weg zum Weltmeister. Irgendwann während seines Studiums des Sport-Managements musste er sich in einer Seminararbeit mit einem Sportverband befassen. Er stieß auf den DKFV, der die deutsche Kleinfeld-Fußballnationalmannschaft organisiert. Neudeutsch wird Kleinfeld-Fußball als Socca bezeichnet. Der Weltverband organisiert Welt- und Europameisterschaften. Und als Sippel darüber schrieb, bekam er Lust. In einem offenen Scouting stellte er sich und seine Torhüterfähigkeiten vor. Er überzeugte und gehört nun seit 2015 zum Stamm des Teams.

Highlight, zweifelsfrei, war der Weltmeistertitel im Jahre 2018. In Lissabon triumphierten die Kleinfeld-Helden. Sippel genießt die Zeiten mit den Kameraden, zählt wie aus der Pistole geschossen die Vorzüge auf. Da wären die Städte, die er durch sein Hobby kennenlernen durfte. Da wäre die Tatsache, ohne Gegenleistung für sein Land zu spielen. Um Blut und Ehre. Nicht etwa um Geld. Die Erinnerungen an den gut zwei Jahre zurückliegenden WM-Titel sind entsprechend frisch. Emotional hat ihn die Zeit in Portugal in seinen Bann gezogen. Den Weltmeister-Pokal durfte er vor gut gefüllten Tribünen in die Höhe stemmen. Das will er wieder erleben. Nur bitter, dass die jüngst in Mexiko terminierte Weltmeisterschaft der Pandemie zum Opfer fiel.

Zumindest die Aussicht auf die Weltmeisterschaft hatte für Sippel etwas Gutes – und den KSV Baunatal. Der KSV und Sippel – eine beinahe unzertrennbare Liebesgeschichte. Als Kleinkind, so erzählt Sippel, sei er mit seinem heutigen Mitspieler Manuel Pforr regelmäßig ins Parkstadion gereist und schaute sich dort Oberliga-Fußball an. Das Flair beeindruckte ihn, er träumte davon, selbst einmal für den KSV zu spielen. 2003 schloss er sich erstmals dem KSV an – für drei Juniorenjahre. Später, 2012, folgte die Rückkehr, diesmal allerdings im Seniorenfußball. Und er wurde so Teil der letzten Glanz- und Gloriazeiten des Vereins. Aufstieg in die Regionalliga auf dem Feld miterlebt, zwei Saisons in der vierthöchsten Klasse folgten. Wenig später war Sippel allerdings wieder weg, versuchte sich unter anderem vier Jahre als Spielertrainer des Gruppenligisten TSV Wabern, wo er im vergangenen Winter die Segel strich. Beruf, Privatleben, Studium und Spielertraineramt ließen sich nicht vereinen.

Für Hoffenheim in Indien

Doch zurück zur Socca-WM. An die dachte Sippel bereits im Sommer. Fit werden lautete nun sein Motto. Und wo ginge das besser als beim KSV? Gesagt, getan. Sippel hatte Freude, Trainer Tobias Nebe ebenfalls. Der Pass wurde Ende August eilig beantragt, kurz darauf stand er zwischen den Pfosten, weil Stammkeeper Pascal Bielert passen musste. Die Rollenverteilung war aber klar, Sippel, der Ehrgeizling, musste sich hinten anstellen. Bis Bielert kürzlich seinen Wechsel zum aufstrebenden Verbandsligisten Lichtenau verkündete. Nebe zögerte keine Sekunde, ernannte Sippel zur unangefochtenen Nummer eins. Die ist er, sobald Corona Fußball wieder zulässt.

So lange treibt Sippel sein Studium voran. Einen Master in Sport-Management hat er längst in der Tasche. Folgen soll der nächste in Wirtschaftspädagogik mit Zweitfach Sport. Berufsschullehrer soll im kommenden Jahr als Ergebnis seines beruflichen Lebenswegs als vorzeitiges Ergebnis stehen.

Sippels Weg im Fußball ist längst nicht beendet. Mit Yoga und veganer Ernährung hält er sich fit, hat dazu die A-Lizenz absolviert, die ihm ermöglicht, den KSVin der Hessenliga zu trainieren. „Aber nur wenn Tobi absolut keine Lust mehr hat“, sagt er augenzwinkernd und kokettiert selbst mit dieser Möglichkeit. Sportmanager des Vereins war er schon mal. Damals, als er aus Indien zurückgekehrt war. Unter Ex-Profi Lutz Pfannenstiel arbeitete er dort für Bundesligist TSG Hoffenheim als Scout und Nachwuchstrainer. Noch so eine Geschichte.

Über den Verband

Der Deutsche Kleinfeld-Fußball-Verband ist relativ jung: 2012 wurde er in Göttingen gegründet und ist seither dort beheimatet. Der Verband agiert unabhängig vom DFB und finanziert sich durch Sponsoren. Mitspielen darf in der Socca-Nationalmannschaft jeder, der mindestens seit einem Jahr ohne Lizenzspielervertrag ist.

Ex-Profis wie Mike Hanke, Marius Ebbers oder Torben Marx spielten nach Abschluss ihrer Fußballkarriere für das Team, das sich ansonsten aus Spielern auf Oberliga- und Regionalliganiveau rekrutiert. Deutschland wurde zuletzt 2018 Weltmeister, die nächste Weltmeisterschaft soll in diesem Jahr in Mexiko stattfinden – abhängig von der Pandemie-Entwicklung.

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