Die jungen Wilden von Eintracht Frankfurt

03. November 2024, 12:20 Uhr

Freude pur: Nnamdi Collins, Can Uzun und Nathaniel Brown (von links), im Hintergrund Ellyes Skhiri und Robin Koch. © IMAGO/Eibner

Vor wenigen Wochen noch im Abseits, jetzt im Scheinwerferlicht: Die Eintracht-Youngster Nathaniel Brown, Nnamdi Collins und Can Uzun blühen auf

Nach dem furiosen Kantersieg gegen den heillos überforderten VfL Bochum ist der flinke Flügelflitzer Ansgar Knauff um eine Einschätzung zu den jungen Wilden bei Eintracht Frankfurt gebeten worden. Im Stile eines Elder Statesman referierte der kluge Kopf also über das Trio Nathaniel Brown, Can Uzun und Nnamdi Collins, die Jungs seien gute Beispiele für die Usancen der Branche, für Fleiß, Hartnäckigkeit und Demut. „Alle sind geduldig geblieben“, führte Knauff aus. „Sie haben jetzt ihre Chance bekommen, und sie haben sie genutzt, sie haben es sich verdient.“ Kurioserweise ist Ansgar Knauff selbst noch ein blutjunger Bursche, 22 Jahre alt gerade mal.

Aber er hat ja schon so einiges erlebt, gerade in den vergangenen zweieinhalb Jahren, er ist höher geflogen als die meisten anderen in seinem Alter, kam von der zweiten Mannschaft von Borussia Dortmund und war keine sechs Monate später Europa-League-Sieger mit Triumphen und entscheidenden Toren gegen den großen FC Barcelona oder West Ham United.

Aber Ansgar Knauff kennt auch die andere Seite, die Tiefen, Krisen, Verletzungen, den harten Platz auf der Bank oder der Tribüne. Ansgar Knauff weiß, wovon er spricht. Er kann sich reinfühlen in seine Kollegen.

Für Nathaniel Brown, den alle nur Nene nennen, ist die Welt zurzeit rosarot, alle dunklen Wolken haben sich verzogen. Dabei hat der 21-Jährige „eine schwierige Zeit“ hinter sich, wie er selbst einräumt. Eigentlich hatte er eine gute Vorbereitung absolviert, doch war dann plötzlich raus. Wenn die Kollegen zu den Spielen reisten, saß er zu Hause. Das nagt. Doch der vom 1. FC Nürnberg gekommene Linksverteidiger hat sich nicht aus der Bahn werfen lassen, ist drangeblieben. Und Trainer Dino Toppmöller hat ihn aufgebaut: „Er hat mir gesagt, ich solle geduldig bleiben, ich werde meine Chance bekommen.“ Keine Worthülsen.

Am Mittwoch dann stand er erstmals in der Startformation im Pokal bei diesem Husarenstück gegen Mönchengladbach. Am Samstag sein Debüt in der ersten Elf in der Bundesliga, und nach 32 Minuten prangte sein Name auf dem Videowürfel, Torschütze zum 4:0: Nathaniel Brown. „Ein Kindheitstraum wird wahr“, sagte ein von seinen Emotionen völlig übermannter Spieler. „Das erste Tor, in diesem Stadion, vor diesen Fans, mit dieser Mannschaft ...“. Kurzum: „Der schönste Tag in meinem Leben.“

Das Tor an sich war nicht schwer zu erzielen, zwei Meter vor dem leeren Kasten „musste ich ja nur noch den Fuß hinhalten“, wie er grinsend erzählt. Wie er überhaupt dahin kam, weiß er nicht mehr, „daran kann ich mich nicht erinnern“, er habe sich halt einfach gedacht, „ich laufe mal durch.“ Und was dann in ihm vorging, vermag er nicht in Worte zu fassen. „Ich kann es nicht beschreiben, ich kann es immer noch nicht glauben.“

Collins sehr stabil

Dass sich später dann noch sein bester Freund ebenfalls in die Schützenliste eintragen durften, machte den Nachmittag perfekt. Can Uzun verwerte einen Traumpass von Omar Marmoush mit seinem ersten Ballkontakt zum 6:2. „Ich habe mich riesig für ihn gefreut“, sagte Kumpel Brown, der schon in Nürnberg mit Uzun zusammenspielte. Beide wohnen im selben Haus, bilden eine Fahrgemeinschaft. Die aber ist einseitig, Uzun hat noch immer keinen Führerschein. Für das 18 Jahre alte Toptalent war sein erster Bundesligatreffer enorm wichtig, weil er sich doch arg unter Druck setzt und in seinen Kurzeinsätzen auch nicht wirklich brillieren konnte. Und als er dann, im Heimspiel gegen Riga, zum ersten Mal in der Startformation stand, wollte auch nicht wirklich etwas klappen. „Man muss auch sehen, dass wir einen brutalen Konkurrenzkampf in der Offensive haben“, sagt Trainer Dino Toppmöller, „da ist es nicht so einfach, Spielzeit zu bekommen“. Daher sei dieser Treffer ein wichtiger, eine Art Brustlöser. „Ich glaube schon, dass eine Last von ihm abgefallen ist.“ Toppmöller hofft nun, dass der türkische Nationalspieler eine gewisse „Lockerheit“ in sein Spiel bekommt. Aber er mahnt gleichzeitig: „Das war nur ein kleiner Schritt, es geht weiter.“

Und dann gibt es noch den Dritten im Bunde der Jungspunde, Nnamdi Collins. Der Verteidiger scheint in seiner Entwicklung der stabilste. Der 20-Jährige spielt auf einem Niveau und mit einer Selbstverständlichkeit, die beeindruckend ist. Das größte Kompliment: Vom verletzten Rasmus Kristensen spricht aktuell niemand. Und so war es kein Zufall, dass er wieder ein Tor vorbereitete – nämlich das von Nene Brown.