Die neue Stabilität der Eintracht

27. August 2024, 14:22 Uhr

Abwehrjob getan: Robin Koch wischt sich den Schweiß ab, Arthur Theate schaut zufrieden. © IMAGO/Kolvenbach

Zwei neue Spieler steigern das Niveau in der Abwehr von Eintracht Frankfurt – und die Arrivierten passen sich an. Das macht Mut für die Saison.

Vom Feeling her hatte Robin Koch auf jeden Fall ein gutes Gefühl. „Hat sich gut angefühlt“, bekräftigte der Frankfurter Abwehrchef zur neuformierten Eintracht-Deckung. Fürwahr: Die vermeidbare 0:2-Niederlage in Dortmund zum Auftakt ist sicher nicht dem verteidigenden Viererriegel anzulasten. Klar, beim 0:1 ließ sich Rechtsverteidiger Rasmus Kristensen von Jamie Gittens auswackeln, aber das passiert nun mal bei einem Dribbelkönig wie Gittens. Und dass beim 0:2 weder Koch noch Tuta entscheidend eingreifen konnten – geschenkt. Die Frankfurter Abwehr war in der Nachspielzeit nach einem abgefangenen Konter nun mal komplett entblößt und quasi aufgelöst. Ansonsten aber muss man konstatieren: Hinten scheint Eintracht Frankfurt zu einer anderen Stabilität gefunden zu haben.

Das liegt nicht unbedingt an der Umstellung auf eine Viererkette, sondern eher am Zuwachs an Qualität. Das neue Personal hat die Eintracht in der Defensive auf ein anderes Niveau gehoben – Stand jetzt zumindest. In Dortmund überzeugten die Frankfurter mit einer wehrhaften Verteidigungslinie, „nur einen Torschuss“ von Julian Brandt hat Torwart Kevin Trapp im ersten Abschnitt gezählt – den faustete er zur Seite weg. Und auch Robin Koch hatte selten das Gefühl, dass es so richtig gefährlich werden könnte. „Sie hatten keine klaren Chancen“, sagte er. Dass der BVB am Ende doch gewann, lag schlicht an der höheren individuellen Qualität. „Defensiv haben wir es sehr gut gemacht“, befand auch Sportvorstand Markus Krösche.

Auffällig ist, dass gerade die Außenverteidiger für eine andere Standfestigkeit sorgen. Rasmus Kristensen auf rechts ist ein echter Rammbock, furchtlos, hart, aber auch sehr gewieft im Zweikampf. Da weiß jeder, was ihn erwartet und was er bekommt. Der Däne löst das bisher ganz hervorragend, ist halt ein gelernter Rechtsverteidiger, der aber auch Zug nach vorne hat.

Im Vergleich zu Aurelio Buta, der diese Position in der letzten Saison zumeist bekleidete, ist das ein qualitativer Quantensprung. Buta soll in dieser Transferperiode noch abgegeben werden, sein Management sucht einen Aufnehmer. In sein Heimatland Portugal könnte der 27-Jährige noch bis zum 2. September wechseln, dann endet dort die Frist. In Deutschland läuft sie am Freitag um 20 Uhr ab. Verschenken würde die Eintracht den Außenbahnspieler nicht, drei bis vier Millionen Euro würde sie gerne noch erlösen für Buta, der den Ansprüchen des hessischen Bundesligisten einfach nicht genügt.

Auf der anderen Abwehrseite durfte sich in Dortmund nach nur drei Trainingseinheiten Arthur Theate zeigen. Das was durchaus überraschend, schließlich ist der belgische Nationalspieler eigentlich Innenverteidiger. Doch Cheftrainer Dino Toppmöller beorderte den 24-Jährigen nach links. Zum einen, weil es für den Spieler gar kein Problem ist. „Er hat mir signalisiert, dass er da ist, wo wir ihn brauchen“, erzählte der Fußballlehrer. Auch während der Europameisterschaft verteidigte Theate außen.

Und zum anderen, weil Toppmöller in Dortmund eher den etwas defensiveren und zweikampfstärkeren Spieler aufbieten wollte. Niels Nkounkou hat seine Stärken ja ganz klar in der Offensive. Der Franzose hat in der Rückwärtsbewegung zwar schon dazu gelernt, denkt aber eher vorwärts. Im Westfalenstadion ging Toppmöllers Schachzug auf, die Idee war, dass Nkounkou später eingewechselt wird, um noch mal Dampf nach vorne zu machen. So kam es auch: Um ein Haar hätte er den Führungstreffer mit einer scharfen Flanken eingeleitet, doch Fares Chaibi – man weiß es inzwischen – setzte den Ball am leeren Tor vorbei. Im Gegenzug klingelte es im eigenen Kasten.

Außerdem wollte Toppmöller das im Pokal in Braunschweig gut harmonierende zentrale Duo Koch/Tuta nicht auseinanderreißen. „Sie haben es gut gemacht.“

Es ist aber nicht gesagt, dass Theate jetzt dauerhaft links spielt. Schon am Samstag gegen die TSG Hoffenheim könnte das anders aussehen, da könnte eine offensivere Variante Sinn machen. Und „grundsätzlich“ sieht Toppmöller den Neuzugang von Stade Rennes „schon als Innenverteidiger. Durch seine gute Spieleröffnung kann er uns dort auch sehr viel geben.“

Beim BVB überzeugte der Belgier mit Fußballsachverstand, taktischer Disziplin, guten Pässen und resoluter Zweikampfführung. Das sah sehr vielversprechend aus. Zudem hat er sich in Windeseile eingefunden im neuen Verein, wirkt, als sei er schon immer mit dem Adler auf der Brust unterwegs. „Er ist ein sehr offener Typ“, beschreibt ihn Kollege Robin Koch. Coach Toppmöller flankiert: „Vom Charakter her ist er ein Top-Junge.“

Wenn Theate also in die Zentrale rückt, müsste einer weichen. Robin Koch wird das sicher nicht sein. Bliebe Tuta. Der Brasilianer hat sich bisher aber als verlässliche Größe entpuppt. Augenscheinlich passt sich der 25-Jährige dem Niveau seiner Mitspieler in der Abwehr an. Will sagen: Je besser die Nebenleute, desto stärker wird Tuta selbst. Kein neues Phänomen.

Oder aber Toppmöller verschiebt den Mann aus São Paulo, wie ab und an in der vergangenen Saison, eine Position weiter nach vorne ins Mittelfeld. Der dort spielende Ellyes Skhiri hat sich zuletzt für einen Bankplatz wärmstens empfohlen.