Die neue Version des Dina Ebimbe
Es gibt diese eine Szene im letzten Bundesligaspiel der Eintracht gegen den FC Bayern, die sehr viel aussagt über das Profil des Fußballprofis Eric Dina Ebimbe. Es ist eine Aktion kurz vor Schluss, die Frankfurter liegen 2:3 hinten, und dann fliegt die Kugel im Mittelfeld in die Nähe des Eintracht-Allrounders, der sich Hals über Kopf in den Ball wuchtet, mit allem, was er hat, und das ist nicht wenig. Er räumt den Bayern-Akteur Konrad Laimer noch ab und köpft die Kugel mit letztem Einsatz perfekt in den Lauf von Omar Marmoush, der nur Sekunden später den ekstatisch bejubelten Ausgleich machen würde.
„Als ich den Ball verlängert habe, wusste ich schon, dass Omar das Tor erzielen würde“, erzählt der Franzose schmunzelnd. Dass er auch große Aktien in dem Treffer hat, stellte der 23-Jährige nicht groß heraus. Aber sein draufgängerischer Einsatz, die Konsequenz und Furchtlosigkeit in dieser Situation, ja, die würde er schon als sinnbildlich sehen für den Eric Dina Ebimbe im Frühherbst 2024. „Das ist meine neue Version.“ Es ist keine schlechte.
Auf Dina Ebimbe ist so ein bisschen was eingeprasselt in den letzten Wochen, weshalb er nach einer merkwürdigen Phase zu Saisonbeginn ein paar Korrekturen bei sich selbst vorgenommen hat. Er wolle sich mehr „auf einfache Dinge fokussieren“, sagt er, „nicht in Dribblings gehen, die ich nicht schaffe“, er wolle sein Spieler simpler gestalten. Das ist nicht die schlechteste Idee, denn unbenommen hat der vor knapp zweieinhalb Jahren von Paris Saint-Germain an den Main gewechselte Spieler eine Menge Potenzial in sich stecken, er ist robust, schnell, dynamisch, mit einem gestählten Körper gesegnet, er bringt vieles mit, um ein absoluter Topspieler zu werden. „Ich habe keine Angst“, sagt er. „Ich bin bereit für jeden Zweikampf.“ Wer ihm in die Augen sieht, der glaubt es.
Doch er hat auch andere Seiten, sein Spielstil ist unkonventionell, manchmal dribbelt er sinnlos in drei Gegner hinein, mit taktischer Disziplin hat er es auch nicht so. Er weiß das. Oder besser: Ihm musste eingetrichtert werden, dass er etwas würde verändern müssen, wenn er konkurrenzfähig sein will.
Im Kopf nicht bereit
Zumal er sich von der Vorsaison blenden ließ, zehn Tore hatte er da gemacht, und irgendwie glaubte er, das würde jetzt einfach so weitergehen. „Ich dachte, ich bin angekommen“, sagt er. „Aber das bin ich nicht, man darf sich nicht ausruhen, muss immer hart weiterarbeiten.“ Deshalb habe er irgendwann „den Fokus anders gesetzt“, Menschen, die ihm nicht gut getan haben, nicht mehr so nah an sich herangelassen. Er hat sich, wenn man so will, neu aufgestellt.
Die Wandlung geht natürlich auf den Saisonbeginn zurück, als der frühere Jugendnationalspieler Rätsel aufgab, seinen inneren Kompass völlig verlor. Wechselgerüchte rankten sich um ihn, er war nicht richtig bei der Sache, schien lustlos, abgelenkt, gar nicht mehr er selbst. Coach Dino Toppmöller griff eisern durch, strich ihn für die ersten beiden Bundesligaspiele aus dem Kader. Dina Ebimbe hatte sich in den Schmollwinkel begeben, aus dem er erst wieder einen Ausgang finden musste. „Ich war vielleicht im Kopf nicht bereit für die Spiele“, sagt er nun mit Abstand. „Die Mitspieler waren besser vorbereitet.“ Das kann er inzwischen einräumen. Er weiß ja, woran es lag.
Der Allrounder, der nun nur noch auf dem rechten oder dem linken Flügel eingesetzt werden soll, sagt zwar, dass er nicht vorhatte, den Verein zu verlassen. Doch sein Management hatte sehr wohl den Markt sondiert. Und auch die Eintracht wäre unter Umständen bereit gewesen, den Spieler gegen eine ordentliche Entschädigungssumme ziehen zu lassen. Es war eine Zeit voller Irrungen und Wirrungen, Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung blieben auf der Strecke.
Pilsen war die Befreiung
„Es war eine Zeit der Missverständnisse und Unklarheiten“, räumt der Spieler offen ein. „Ich hatte das Gefühl, dass man nicht mehr richtig auf mich zählt.“ Und die Frankfurter Verantwortlichen spürten, dass da einer nicht mehr zu 100 Prozent für das gemeinsame Projekt brennt. Die Situation schien verfahren. Doch sie löste sich auf, Ebimbe bekannte sich zur Eintracht. „Ein klares Commitment war uns wichtig“, sagte Toppmöller – und nahm den Filou wieder in Gnaden auf.
Seitdem zahlt er es mit Leistung zurück, er spielt nicht die Sterne vom Himmel, aber ist deutlich zielstrebiger und seriöser als zuvor. Ein Schlüsselmoment hat dem bald 24-Jährigen geholfen, sein Tor in der Europa League gegen Pilsen. „Das war eine Befreiung“, sagt er. Die Phase davor sei hart, aber auch lehrreich gewesen, erst neulich habe er sich mit seinem Onkel darüber unterhalten. „Ich kann daraus viel mitnehmen.“
Und plötzlich wirkt Dina Ebimbe tatsächlich so, als genieße er das Hier und Jetzt, als sei er, wie er sagt, „sehr glücklich, hier zu sein. Ich fühle mich am richtigen Ort und bin stolz, ein Spieler von Eintracht Frankfurt zu sein.“ Und das sogar in einer ganz neuen Version.
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