Dino Toppmöller ärgert sich: „Das ist ja völliger Quatsch“

25. April 2024, 16:19 Uhr

Lässt sich nicht jede Kritik gefallen: Dino Toppmöller. © AFP

Eintracht-Trainer Dino Toppmöller räumt vor dem Auswärtsspiel beim FC Bayern mit ein paar Behauptungen auf und äußert Verständnis für die Kritik von Boss Axel Hellmann.

Dino Toppmöller ist ein umgänglicher Mann, ein Mensch mit Manieren. Aus der Reserve lässt sich der Eintracht-Trainer selten locken. Einmal, nach dem 1:1 gegen den VfL Bochum Anfang des Jahres und Pfiffen von den Rängen, ließ er einen Reporter unterkühlt abblitzen, als dieser wissen wollte, wo die Mannschaft nach nur fünf Punkten gegen Darmstadt, Mainz, Köln und Bochum „gefühlt“ stehe. „Gefühlt stehen wir auf Platz sechs.“ Ende der Durchsage, nächste Frage.

Am Donnerstag wurde es ihm während der Pressekonferenz vor dem Auswärtsspiel am Samstag (15.30 Uhr/Sky) beim FC Bayern auch irgendwann zu bunt, als er zum wiederholten Male seine Einschätzung zum erlösenden 3:1-Erfolg gegen den FC Augsburg geben und erklären sollte, weshalb seine Mannschaft es nicht über 90 Minuten schafft, auf einem konstant hohen Energielevel zu performen. „Ich will nicht mehr etliche Fragen zum Freitag beantworten, wir sind alle froh, dass wir da gewonnen haben, haben aber am Samstag ein wichtiges Spiel. Wir sollten es damit jetzt gut sein lassen.“

Auch da blieb der 43-Jährige höflich, aber es ist sehr wohl zu spüren, dass ihn ein paar Deutungen schon nerven. Die Geschichte etwa, wonach er sein Team unter allen Umständen zu einer Ballbesitzmannschaft erziehen wolle. „Dass wir permanent darüber reden, dass wir nach totalem Ballbesitz streben, ist ja völliger Quatsch“, bedeutete er in ruhigem Ton, aber sehr bestimmt. Klar habe jeder Spieler lieber die Kugel am Fuß, statt ihr hinterherjagen zu müssen. Aber es gehe eher um die Balance. „Wir haben auch eine gute Zielstrebigkeit nach vorne“, sagt Toppmöller. „Im offensiven Umschalten sind wir eine der besten Mannschaften der Liga.“ Die Statistik sagt sogar: „Die drittbeste nach Torerzielung nach Ballgewinn.“ Auch gegen Augsburg seien zwei Treffer nach Umschaltaktionen gefallen. Wäre das geklärt. Aber auch ein für allemal?

In jedem Fall, und das räumte Urgestein Timothy Chandler unter der Woche ein, störten sich nicht wenige Fans an der Art und Weise des Fußballs. Weshalb es auch gegen Augsburg in und nach der ersten Hälfte Pfiffe gab, was manche verstehen konnten (Chandler), andere nicht (Torwart Kevin Trapp). Vorstandssprecher Axel Hellmann hat dieser seltsam matte erste Abschnitt und die signifikante Steigerung nach dem Pausenpfiff dazu bewogen, ein paar Botschaften loszuwerden. „Es ist bei uns nicht so schwer, das Stadion aus dem Sattel zu heben.“ Eine klare Forderung an den Trainer und seine Spieler.

Coach Toppmöller moderiert das Thema souverän ab. Hellmann sei eine „absolute Führungsfigur“, er habe „das Recht, sich zu jeder Zeit zu sportlichen Themen zu äußern.“ Er, Toppmöller, habe damit „überhaupt kein Problem“, und er sah Hellmanns Worte nicht als „Angriff auf mich oder die Mannschaft“. Vielmehr habe der Vorstand nur ausdrücken wollen, was viele denken und schwer zu erklären ist: Weshalb es diese Mannschaft quasi zweimal gibt. Toppmöller gefällt das auch nicht. „Es ist ja nicht so, dass wir sagen: Erste Halbzeit machen wir mal locker, zweite geben wir dann Gas.“ Auffällig ist es aber schon.

Genauso wie das veränderte Auftreten der Führungsspieler, die gerade jetzt im Endspurt vorangehen. Das ist zwar nicht explizit von der Sportlichen Leitung so ausgedeutet worden, aber „wir haben schon in diese Richtung gedacht“, befindet Toppmöller. „Es ist eine spezielle Situation, es ist mehr Druck drauf. Da ist es wichtig, auf Erfahrung zu setzen und diese Spieler mehr einzubinden. Denn sie haben solche Situationen schon oft erlebt.“ Im Gegensatz zu den der jüngeren Profis, die „an solchen Drucksituationen mehr zu knabbern haben, weil vielleicht auch die erste Unbekümmertheit weg ist“.

Und daher ist es für den Fußballlehrer selbstverständlich, die Routiniers mitzunehmen, „wir sind in ständigem Austausch, es ist wichtig, dass sich die Mannschaft in unsere Ideen wohlfühlt“. Der Dialog und die Demokratie haben aber Grenzen. Die Spieler werden nicht in den Matchplan eingebunden, „die Vorgaben kommen von uns“, sagt Toppmöller, der das verständlicherweise normal findet: „Als Trainer beschäftigst du dich 24/7 mit Fußball und damit, wie man den Gegner knacken kann.“ Als Spieler eher nicht.

Der nächste Gegner hat es ins sich, in München bei den Bayern ist es traditionell schwer. Trotzdem will der Coach an alter Wirkungsstätte nicht in Ehrfurcht erstarren. „Wir werden nicht den Bus hinten reinstellen, das passt nicht zu uns und nicht zu mir. Wir wollen mutig sein.“ Verzichten muss er dabei wohl auf den erkrankten Fares Chaibi, dafür kehrt der zuletzt gesperrte Tuta zurück. Und vielleicht hilft das Erlebnis gegen Augsburg: „Die Stimmung ist deutlich positiver und gelöster.“ Nicht nur, aber auch wegen dieses Mijat-Gacinovic-Gedächtnistores zum 3:1. „Das war ein Energiebooster für alle“, sagt Toppmöller, aber mahnt gleichzeitig: „Wir müssen scharf bleiben.“