Dino Toppmöller: „Mein härtestes Jahr“
Nach der Kopfwäsche hat sich Dino Toppmöller die Hunde geschnappt und ist in den Wald gegangen, den Kopf frei kriegen nach diesem Gespräch, nach teilweise schmerzhaften Wahrheiten, erst mal sacken lassen und nachdenken über das eben Erfahrene. Er hat einfach nur „zugehört“, was ihm Markus Krösche da im Frühsommer zu sagen hatte, „ohne gleich in eine Verteidigungshaltung zu gehen“. Und es war ja keine richtige Standpauke, die ihm der Sportvorstand in den privaten Gesprächen, zuweilen bei einem Glas Wein, gehalten habe, ganz und gar nicht. „Er hat mir, offen und ehrlich, ein überragendes, konstruktives Feedback gegeben“, erzählte Dino Toppmöller zwischen den Jahren im vereinseigenen Podcast im Rückblick.
Und seitdem läuft´s auch mit Eintracht Frankfurt.
Natürlich ist das nur die halbe Wahrheit, wenn überhaupt. So furchtbar viele grundlegende Dinge habe man gar nicht verändert, vielmehr versuche man, „einfach noch schneller nach vorne zu spielen, mehr Vertikalität in unserem Spiel zu haben“, meinte der 44 Jahre alte Fußballlehrer, der die richtigen Schlüsse aus dem kritischen Strategiegespräch gezogen hat. Erleichternd kam eine längere Vorbereitungszeit hinzu, in der sich bald ein besonderer Spirit in der Kabine entwickelte, dazu habe die Sieger-Mentalität der beiden Neuzugänge Arthur Theate und Rasmus Kristensen die Mannschaft nach vorne gebracht. Zwei absolute Volltreffer.
Klar habe es im Rückblick auf diese Halbserie Spiele gegeben, die prägend waren für das Gefüge, die vielleicht gar als Initialzündung durchgehen, Partien, die „etwas gemacht haben mit der Mannschaft“: Zum einen das Pokalspiel gegen Borussia Mönchengladbach, als die Hessen 75 Minuten in Unterzahl spielen mussten und eine bemerkenswerte Moral an den Tag legten, die Gladbacher mit 2:1 schlugen und am Ende auch 4:1 hätten gewinnen können. „Defensiv“, erinnert sich Toppmöller, sei dies „das ideale Spiel“ gewesen.
In Gänze war auch die Begegnung gegen Besiktas Istanbul in der Europa League überragend verlaufen, „das war etwas besonderes mit allem drum und dran, auch mit dem Fanmarsch vorbei an unserem Hotel“. Da hat Toppmöller am eigenen Leib gespürt, welche Energie dieser Klub entwickeln kann, wenn es drauf ankommt. Begeistert habe ihn das erste Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim, in dem man erstmals eine Ahnung davon bekommen habe, zu welchem „Highspeed-Fußball“ diese Elf in der Lage ist. Aber: „Das perfekte Spiel haben wir noch nicht gesehen.“
Natürlich hat es in der Rückschau auf 2024 Tiefschläge gegeben, einige sogar, auch deshalb sprach Toppmöller vom bislang „härtesten Jahr“ seiner Trainerkarriere. Die quälenden drei Monate nach Februar zählten dazu, in denen die Eintracht dröge und uninspiriert vor sich hin fußballerte, ebenso das überraschende und „extrem bittere“ Aus in der Conference League. „Das musste ich erst mal überstehen, als Mensch, aber auch als Führungsfigur“.
Ihm habe in dieser schweren Zeit geholfen, geerdet zu sein: „Das Wichtigste in solchen Phasen ist: Du darfst nie das Vertrauen in die eigene Stärke verlieren“, findet Toppmöller, der natürlich weiß, dass Selbstzweifel in Krisenzeiten normal seien. Aber man dürfe weder die positiven noch die negativen Dinge zu hoch hängen und müsse „auf dem Boden bleiben“. Ihn im schlechten Fall nicht unter den Füßen zu verlieren, im Erfolgsfall nicht abzuheben, damit sei er immer gut gefahren. Er selbst habe seinen Führungsstil nicht groß verändert, er sei weiterhin nahbar, allerdings: „ich gebe klare Vorgaben, und das sind keine Vorschläge“.
Und was wird es in 2025 geben? Toppmöller, der in der Rückserie auf 100 Pflichtspiele mit Eintracht Frankfurt als Spieler und Trainer kommen wird, hält sich da an die Klubversion: Keine konkreten Ziele nennen. Vor zwei Jahren hatte Sportchef Krösche das Verteidigen des Champions League-Platzes als Ziel ausgerufen, damals rangierte die Eintracht ebenfalls mit 27 Punkten auf Platz vier, das hatte nicht so gut funktioniert. Aber: „Wir werden versuchen, diesen offensiven Spektakelfußball weiterhin zu zeigen“, versprach er im HR. International, da gibt es freilich keine zwei Meinungen, sollen die Hessen auch in der Saison 2025/26 dabei sein.
Los geht es bereits am kommenden Donnerstag, 2. Januar, da bittet Toppmöller zum ersten Training in den Stadtwald, am Sonntag steht das Freundschaftsspiel beim FSV Mainz 05 an, eine Woche (11. Januar) später rollt der Bundesliga-Ball wieder beim FC St.Pauli, ohnehin haben die Hessen im Januar gleich sechs Spiele, vier in der Liga, zwei in der Europa League. Womöglich kehrt Jens-Petter Hauge zurück, der seit einem Jahr an FK Bodo/Glimt ausgeliehen ist, um eigentlich für 5,5 Millionen bis Ende Dezember von den Norwegern fest verpflichtet zu werden. Bislang indes ist der Transfer ins Stocken geraten. Ansonsten erwartet Krösche auf dem Transfermarkt wenig Bewegung, es wird „keinen turbulenten Winter“ geben, es ist nicht die Absicht der Eintracht, „dem Kader etwas hinzuzufügen“, sagte er. Und Omar Marmoush bleibt ohnehin.
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