Drei Punkte zu Ehren von „Holz“

18. April 2024, 16:17 Uhr

Eintracht Frankfurt ist gegen Augsburg schon fast zum Siegen verdammt, will man Europa erreichen.

Vor ein paar Jahren, die Älteren werden sich erinnern, hat ein Frankfurter Trainer zwecks Motivation vor einem wichtigen Spiel mal einen lebenden Adler mit in die Kabine gebracht. „Ihr müsst den Gegner packen wie ein Adler seine Beute“, hatte er die Herren Bein, Yeboah, Stein, Okocha und Co. heiß gemacht. Auf solche Dinge will der aktuelle Frankfurter Trainer verzichten, dabei ist die Partie am Freitagabend (20.30 Uhr/live Dazn) mehr als ein wichtiges Spiel, es ist das berühmte Sechs-Punkte-Spiel. „Wir wollen das Spiel nicht höher hängen, als es ohnehin ist“, sagt Dino Toppmöller. Es wird die ganz normale Vorbereitung auf eine Partie unter Flutlicht an einem Freitag geben, keine gesonderte Motivationsfilmchen gezeigt, ans Herz gehende Ansprachen gehalten oder andere Kinkerlitzchen, Business as usual also.

Natürlich ist es kein Spiel wie jedes andere. Es ist die erste Partie nach dem Tod der Eintracht-Ikone Bernd Hölzenbein, an ihn wird mit einer Trauerminute und Trauerflor gedacht. Zudem will die Mannschaft, so Toppmöller, schon allein „zu Ehren von Bernd“ diese Begegnung „unbedingt“ für sich entscheiden. „Wir wollen ihm die letzte Ehre erweisen.“

Und natürlich geht es um das Erreichen des letzten verbliebenen Saisonziels, das Erreichen eines internationalen Wettbewerbs. Und dazu ist ein Sieg gegen den Tabellensiebten aus Augsburg, bis auf drei Punkte schon an die Hessen herangekommen, dringend erforderlich. „Wir haben eine Riesenchance, den Gegner, den wir an uns herankommen ließen, wieder zu distanzieren“, sagt Toppmöller.

Und es geht halt auch um den Job von Dino Toppmöller. Der 43 Jahre alte Fußballlehrer muss jetzt nicht fürchten, bei einer etwaigen Niederlage sofort den Stuhl vor die Tür gesetzt zu bekommen, aber im Hinblick auf die neue Saison könnte eine Schlappe Auswirkungen haben. Er würde mit einer gewaltigen Hypothek in die neue Runde gehen, wenn überhaupt.

Fast alle Mann an Bord

Aber so weit ist es noch nicht. Eintracht Frankfurt, obzwar aktuell ein bisschen derangiert, hat, wie es Schlussmann Kevin Trapp formulierte, „alles selbst in der Hand“. Dazu muss das Team aber besser Fußball spielen, vor allem aber eines tun, findet Toppmöller: „Emotionalität, Leidenschaft und Intensität auf den Platz bringen“, endlich die seit Wochen geforderte Reaktion zeigen. Längst geht es nicht mehr um taktische Belange, um Schönspielerei, um spielerische Weiterentwicklung. Die „Basics“ müssten gezeigt werden, Einsatz, Wille, Aktivität, Körperlichkeit, das sei der Schlüssel zu einem erfolgreichen Spiel. „Es geht ganz plump darum, ein Tor mehr zu schießen als der Gegner“. Und deshalb würde Dino Toppmöller auch einen „ekligen Standard zum 1:0 nehmen“. Dummerweise ist Eintracht Frankfurt in dieser Saison alles andere als gesegnet mit tollen Aktionen nach ruhenden Bällen. Die Hessen werden also andere Mittel und Wege finden müssen, die Kugel über die Linie zu drücken, selbst wenn ihnen das zuletzt so verdammt schwergefallen ist, ganze zwei Tore gelangen ihnen in den letzten vier Bundesligapartien bei lediglich zwei Punkten.

Immerhin kann der Coach personell so ziemlich aus dem Vollen schöpfen. Eric Dina Ebimbe hat seine Sperre abgesessen, Mario Götze, Ellyes Skhiri haben sich fit und spielfähig gemeldet, sogar Stürmer Hugo Ekitiké hat eine „sehr gute Trainingswoche“ beschwerdefrei durchgestanden, und im abschließenden Trainingsspielchen Tore erzielt. Es fehlen nur die Langzeitverletzten Sebastian Rode und Sasa Kalajdzic, der junge Jean-Matteo Bahoya sowie der noch für eine weitere Begegnung gesperrte Tuta.

Toppmöller hat also ein Ensemble beieinander, das durchaus Potenzial hat, das dank individueller Qualität in der Lage sein sollte, die zwar nickligen und vor Selbstvertrauen strotzenden bayerischen Schwaben in die Schranken zu weisen. Eigentlich. Aber Trend und zuletzt gezeigte Leistungen der Frankfurter, die sich zwischen Trägheit und Harmlosigkeit einpendelten, lassen die 90 Minuten im Stadtwald zu einer Herkulesaufgabe anwachsen. Aber es hilft ja nichts: Für Eintracht Frankfurt zählt an diesem Freitagabend nichts anderes als ein Sieg, alles andere würde die latente Krise - bei noch ausstehenden Spielen gegen Bayern, Leverkusen, Gladbach und Leipzig - nur noch vergrößern. „Wir müssen zeigen, dass wir den Sieg mehr wollen als der Gegner“, appelliert Toppmöller an seine Mannschaft und darf wie stets auf eine frenetische Unterstützung von den Rängen rechnen. Er weiß aber auch: „Der Funke muss von uns kommen.“

Auch ohne Adler vorher in der Kabine. Der Trainer von damals war natürlich Klaus Toppmöller, Dinos Vater.

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