Druck auf dem Kessel
Sorgen? Nee! Sorgen mache er sich nicht. Dino Toppmöller umschifft die Frage nach der Flut an Gegentoren nach der abermaligen 1:3-Niederlage in Mainz im einzigen Testspiel vor Bundesliga-Wiederbeginn ganz geschmeidig. Er macht das nicht gezielt oder bewusst, um von etwas Offensichtlichem abzulenken. Vielmehr kann der Frankfurter Fußballlehrer (noch) keinen Trend erkennen in den vielen Einschlägen im Eintracht-Kasten, 13 in den zurückliegenden fünf Pflichtspielen, noch dazu jetzt wieder drei bei der Testspielniederlage am Sonntag beim FSV Mainz 05 .
Das ist ein Schnitt von mehr als 2,6 Gegentoren pro Spiel. Was wiederum den Ergebnissen nach bedeutet, dass die Eintracht stets drei oder vier Tore hätte schießen müssen, um ein Spiel zu gewinnen. Nicht ein einziges mal ist ihr das gelungen, was auch nur allzu logisch ist.
Die Eintracht macht da weiter, wo sie vor Weihnachten aufgehört hat.
Denn vorne ist ihr plötzlich die Kaltschnäuzigkeit abhanden gekommen und hinten patzt sie in schöner Regelmäßigkeit. Sie macht im Prinzip da weiter, wo sie vor Weihnachten aufgehört hat. Das ist nicht nur nicht gut, sondern fast schon ein bisschen alarmierend. Zur Erinnerung: Vier der letzten fünf Partien hat sie verloren, die Generalprobe in Mainz ausgeklammert. Der Trend spricht gegen sie.
Doch Dino Toppmöller kann in den Gegentoren kein Muster erkennen. Es gebe nichts Grundlegendes, Strukturelles, was seine Mannschaft falsch mache. Eben „nur“ persönliche Aussetzer, „individuelle Dinge“, wie sie der Chefcoach nennt. In Mainz führten wieder zwei Böcke (Hojlund und Trapp) zu zwei Gegentreffern. Indes: Fehlerminimierung ist eben auch ein signifikantes Qualitätsmerkmal - gerade auf gehobenem Niveau. Und: Mit dieser Anzahl an Gegentoren wird es die Eintracht ganz sicher nicht schaffen, Anschluss nach oben zu halten. Das weiß auch ihr Trainer.
Mit seinem Team arbeitet Toppmöller akribisch daran, die Missstände zu beheben, etwa durch Videoanalysen. „Wir bringen inhaltliche Themen rein“, sagt er, also eine klare Handhabe, wie man sich in bestimmten Situationen besser verhalten soll. Das betrifft auch die Standardsituationen: „Darauf legen wir jetzt noch einen Tick mehr Wert.“ Denn: „Wir schlucken zu viele Gegentore nach zweiten Bällen bei Standards.“
Zweifel haben die Lässigkeit verdrängt.
Toppmöller achtet bei allen taktischen Justierungen freilich darauf, seinem Team nach vorne Gestaltungsmöglichkeiten und Kreativität zu lassen. Denn diese Mannschaft braucht eine gewisse Lockerheit, eine Breitbein-Mentalität. Und sie benötigt dringend ein Erfolgserlebnis. Die derzeitige Malaise ist definitiv auch eine, die ihren Ursprung im Unbewussten hat. Zweifel haben die Lässigkeit verdrängt. Das ist etwas, was sich nur durch das Durchbrechen der sich nach unten drehenden Spirale umkehren lässt – egal, wie.
Und natürlich braucht die Mannschaft ihre besten Spieler in ihrer besten Form, Omar Marmoush etwa. Ob die vielen Gerüchte um seine Person den Shootingstar ablenken? Sportdirektor Timmo Hardung glaubt das nicht: „Er wirkt total gelöst, ist vollständig da. Er ist stabil genug und kann das wegstecken.“
In der Tat: In Mainz zeigte Marmoush eine engagierte Vorstellung, bereitete den einzigen Treffer durch Nathaniel Brown vor. Auch Brown konnte seine gute Verfassung offenbar erhalten. Im Gegensatz - und auch das ist Teil des Problems - zu anderen: Stürmer Hugo Ekitiké kommt nicht ins Spiel, Igor Matanovic noch viel weniger; Can Uzun enttäuschte genauso wie Fares Chaibi mal wieder. Mo Dahoud ist nicht spielprägend, auch Ellyes Skhiri oder Hugo Larsson nicht. Mario Götze findet kaum statt - selbst nicht im zweiten Abschnitt gegen eine Mainzer B-Elf, die mit Nachwuchsspielern gespickt ist. Niels Nkounkou fällt sogar deutlich ab.
Das ist alles eher suboptimal, denn viel Zeit bleibt Dino Toppmöller nicht, um sein Team in die Spur zu bekommen. Schon am Samstag geht es beim Aufsteiger FC St. Pauli weiter. Die sind nun auch keine Heimmacht, nur eine Partie konnten die Hamburger am Millerntor gewinnen, 3:1 gegen Holstein Kiel. Ob die Eintracht da zur rechten Zeit kommt? Oder ihr die Trendwende gelingt? Eines steht zumindest fest: Gleich zu Beginn ist Druck auf dem Kessel.