Eintracht Frankfurt: Ein Sturm zieht auf
Es hat nicht lange gedauert, da kam bei der offiziellen Pressekonferenz der Frankfurter Eintracht vor dem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach (Samstag, 18.30 Uhr) die Sprache auf die Stürmer. Omar Marmoush und Hugo Ekitiké haben an den ersten Spieltagen mächtig Eindruck hinterlassen, und mit Igor Matanovic steht ja schon ein dritter starker Angreifer in den Startlöchern. Also wurde Trainer Dino Toppmöller gefragt, ob er es sich vorstellen könne, alle drei gemeinsam aufzustellen. In Anlehnung an die sogenannte „Büffelherde“, die mit Ante Rebic, Sebastien Haller und Luka Jovic in der Saison 2018/19 unter Trainer Adi Hütter über die Bundesliga hinweggetrampelt war.
„Ich würde das nicht ausschließen“, antwortete Toppmöller, „für eines der nächsten Spiele ist es auf jeden Fall eine Überlegung.“ Gegen Mönchengladbach aber ist es (noch) keine. Aus Toppmöllers Sicht wäre es auch keine „Büffelherde“, sondern eher eine „Büffel-Gazellen-Herde“. Was ihre Vor-Vor-Vorgänger mit Kraft und Wucht erreicht haben, erledigen Marmoush und Ekitiké gerade mit Technik und Eleganz.
Dem Publikum im Waldstadion ist es freilich ziemlich egal, wie die Tore fallen, Hauptsache sie fallen. Auch die Partie gegen Mönchengladbach ist mit knapp 60 000 Zuschauenden wieder ausverkauft. Und die Vorfreude ist groß. „Alles ist angerichtet“, sagt Toppmöller, „wir haben ein gutes Gefühl und wollen in einen Flow kommen.“ Neben Torwart Kevin Trapp müssen die Frankfurter voraussichtlich auch auf Mario Götze verzichten, der sich nicht nur mit Adduktorenprobleme, sondern auch einer Erkältung plagt.
Von Toren der eigenen Stürmern sind sie bei der Eintracht in den letzten Jahren durchaus verwöhnt. Nur in der vergangenen Saison war die Produktion eingeschränkt, in erster Linie, weil Omar Marmoush über weite Strecken als Alleinunterhalter unterwegs war. In den Jahren zuvor aber gab es Treffer am Fließband. Immer wieder von anderen Stürmern, denn kaum hatten sie in Frankfurt Treffer in Serie erzielt, wurde die Spieler verkauft. Das Geschäftsmodell der Eintracht, günstig einkaufen, teuer verkaufen, hat auf keiner anderen Position so funktioniert wie bei den Angreifern. Zwei Jahre war die maximale Verweildauer. Der erste in den jüngeren Vergangenheit war Luka Jovic. Von der zweiten Mannschaft von Benfica Lissabon geholt, führte ihn der Weg mit 40 Toren in 93 Spielen für die Eintracht zu Real Madrid. Inzwischen steht er beim AC Mailand unter Vertrag. Sebastien Haller, geholt aus Utrecht, gehörte neben Jovic und Ante Rebic zu jener legendären „Büffelherde“, schoss in 77 Spielen 33 Tore für die Eintracht. Er wechselte zunächst zu West Ham United, ist aktuell von Borussia Dortmund an Leganes nach Spanien ausgeliehen.
Als im Sommer 2019 Jovic, Rebic und Haller am Stück verkauft wurden, schien der Frankfurter Torefluss zu versiegen. Doch André Silva, im letzten Moment vom AC Mailand verpflichtet, sprang erfolgreich in die Bresche. Der portugiesische Nationalspieler traf nach einer kurzen Anlaufzeit zuverlässig. Nach zwei Jahren in Frankfurt stand die eindrucksvolle Bilanz von 45 Toren in 71 Spielen.
Doch auch Silva zog bald weiter, nach Leipzig. Die Eintracht aber hatte vorgesorgt. Es kam Randal Kolo Muani. Der Franzose setzte noch einen drauf, in vielerlei Hinsicht. Muani erzielte in seiner ersten und einzigen Saison am Main 20 Tore in 45 Spielen. Und wie seine Vorgänger füllte er dann die Kasse. Sagenhafte 95 Millionen Euro Ablöse handelte die Eintracht mit Paris St. Germain aus. Wie zuvor 63 Millionen Euro von Real Madrid für Jovic, 50 Millionen für Haller von West Ham United. 23 Millionen für Silva aus Leipzig.
An kaum einem anderen Standort in Deutschland zeigen die Erfolgskurven von sportlicher Qualität bei gleichzeitigem wirtschaftlichen Hinzugewinn so konstant nach oben wie in Frankfurt. „Wir hatten das Glück, mit Fredi Bobic und nun Markus Krösche zwei Vorstände zu haben, die gut organisiert sind. Sodass wir bei einem Abgang auf Stürmerseite schon wissen, wer der künftige Topstürmer wird“, sagt Axel Hellmann, Vorstandssprecher der Eintracht – „diese Pipeline ist bei uns sehr gut entwickelt.“ Gerade in Bezug auf die Stürmerwahl bevorzuge die Eintracht eine „langfristige Planung“.
Bei aller Weitsicht der Frankfurter Stürmersucher, nennt Hellmann auch Standortvorteile der Eintracht abseits des monetären Zugewinns für alle Seiten und des reinen sportlichen Leistungsgedankens. „Stürmer haben es leicht in Frankfurt“, sagt er, „das Stadion pulsiert, du wirst getragen von den Fans.“ Und ganz verblüffend, aber nicht von der Hand zu weisen: Die Eintracht profitiere auch vom Flughafen. „Du bist schnell überall, in Frankreich, Portugal oder wo auch immer du hin musst zur Familie, die du mal besuchen willst. Das sind starke Argumente für uns“, sagt Hellmann, „darum bekommen wir auch mal Topstürmer der Zukunft“. Ein weicher Faktor, der hart einzahlt aufs Tore- und Bankkonto.