Eintracht Frankfurt und der Fall Omar Marmoush

09. Januar 2025, 16:55 Uhr

Wird er bald die Farben wechseln? Omar Marmoush würde der Eintracht eine Stange Geld in die Kasse spülen. © dpa

Der Überflieger strebt einen Wechsel zu City an. Am Samstag soll er aber noch für die Eintracht gegen St. Pauli spielen.

Irgendwann im Laufe der Spieltagspressekonferenz vor dem Bundesliga-Restart der Frankfurter Eintracht beim FC St. Pauli wurde es Trainer Dino Toppmöller zu bunt. „Ich übernehme jetzt mal Deinen Part, Bartosz“, sagte er an den neben ihm sitzenden Pressesprecher Niedzwiedzki gewandt und richtete dann das Wort an die Pressemeute vor ihm. „Wir hatten jetzt genügend Fragen zu Omar, ich würde Euch bitte, jetzt keine Fragen mehr zu seiner persönlichen Situation zu stellen.“ Danke. Bitte.

Natürlich wusste der Frankfurter Fußballlehrer schon vor seinem Gang zu den Medien, dass sich zunächst einmal alles um den Überflieger Omar Marmoush drehen würde, der drauf und dran ist, den Tabellendritten der Fußballbundesliga in Richtung Manchester City zu verlassen. Noch jetzt im Winter – zuvor war der Transfer erst für den Sommer angedacht. Doch City-Trainer Pep Guardiola drängt auf eine schnelle Lösung. Der englische Meister hat daher am Mittwoch seine Bemühungen um den 25 Jahre alten ägyptischen Nationalspieler intensiviert. Mit einigem Erfolg. Mit dem Mann aus Kairo, eine der heißesten Aktien in Europa, herrscht weitgehend Einigkeit über einen Wechsel auf die Insel. Im nächsten Schritt müssten die Skyblues dann bei der Eintracht vorstellig werden. Das ist bislang nicht passiert. Auch am Donnerstag herrschte noch Funkstille.

Ungewöhnlich ist das allerdings nicht, es ist gängige Praxis, dass der aufnehmende Verein erst ein fertiges Paket mit dem Spieler schnürt. Manchester City, das bislang eine enttäuschende Saison in der Premier League spielte und als Tabellensechster zwölf Punkte hinter dem FC Liverpool liegt, müsste dafür tief in die Tasche greifen. Denn eigentlich wollte die Eintracht, wie Sportvorstand Markus Krösche erst am Dienstag sagte, die Mannschaft zusammenhalten – und ganz sicher nicht ihren besten Spieler abgeben. Doch auch da schränkte der 44-Jährige bereits ein: „Natürlich gibt es extreme Situationen. Diese müsste man neu bewerten. Es müsste schon etwas Außergewöhnliches passieren.“ So wie jetzt.

Eine Ablösesumme in Höhe der Mal kolportierten 60 Millionen würde jetzt im Winter nicht mehr reichen. Der Eintracht schweben 80 Millionen Euro vor, auch eine Variante mit einem Sockelbetrag von 70 Millionen Euro plus Boni wäre denkbar. Für weniger würden die Hessen ihre Lebensversicherung nicht abgeben. Sportchef Krösche und Vorstandssprecher Axel Hellmann, der bei großen Transfers in der Regel ebenfalls involviert ist, haben sich in der Branche einen Ruf als harte Verhandlungspartner gemacht. Einknicken ist da nicht.

Schließlich müsste die Eintracht auf die Schnelle Ersatz organisieren. Sie ist da ein gebranntes Kind. Vor eineinhalb Jahren kaufte Paris Saint-Germain auf den allerletzten Drücker Stürmerstar Randal Kolo Muani weg. Die Eintracht konnte auf dem Transfermarkt nicht mehr reagieren. Damals sprang ein Spieler in die Bresche, den niemand wirklich auf dem Zettel hatte: Omar Marmoush.

Dessen Entwicklung ist atemberaubend, der bald 26-Jährige hat eine sensationelle Quote vorzuweisen: In 24 Pflichtspielen schoss er 18 Tore und bereitete zwölf weitere vor – das ist überragend. Marmoush, der zuletzt merklich schwächelte, fühlt sich bereit, den nächsten Schritt zu machen und sich auf höchstem Niveau zu beweisen. Seine Wechselabsicht hat nichts damit zu tun, dass er sich in Frankfurt nicht wohlfühle oder seinen aktuellen Klub nicht zu schätzen wüsste. Der Ägypter ist der Eintracht sogar zutiefst dankbar, seine Karriere neu entfacht zu haben. Doch Manchester City als einer der derzeit größten Klubs der Welt wäre natürlich eine einmalige Chance.

Die Eintracht ihrerseits müsste einen Backup aus dem Hut zaubern. Dafür kommt Arnaud Kalimuendo von Stade Rennes in Frage. Für ihn wären mindestens 20 Millionen Euro fällig. Doch auch der Name Jonathan Burkardt geistert weiterhin durch den Stadtwald. Mit dem Mainzer Angreifer beschäftigen sich die Frankfurter intensiv. In jedem Fall will die Eintracht so schnell wie möglich Klarheit im Fall von Marmoush. Am liebsten wäre es ihr, den Spieler bis zum Sommer halten und ihn dann verkaufen zu können. Doch das kalte Geschäft ist kein Wunschkonzert.

Trainer Toppmöller geht mit der wichtigen Personalie und dem tosenden Wirbel erstaunlich gelassen um. „Omar ist für uns von enormer Bedeutung“, sagt er, „er hat sich herausragend entwickelt.“ Dass jetzt Fahrt in die Angelegenheit komme und sich andere Klubs mit dem Senkrechtstarter beschäftigten, nun ja, das liege bei dessen grandioser Performance auf der Hand. „Das ist Part of the Business“, sagt Toppmöller und findet, dass sich die Eintracht durchaus ans Revers heften könne, immer wieder Spieler großzumachen, die Begehrlichkeiten bei absoluten Topklubs wecken. „Das zeichnet den Verein aus und zeigt, dass wir vieles richtig machen.“ In Frankfurt wachsen Fußballer, entfalten ihre ganze Kraft, die sie andernorts oft wieder einbüßen.

Toppmöller ist jedenfalls froh, Marmoush (noch) in seinem Team zu wissen. Er habe auch keine Veränderung bei ihm feststellen können. „Ich habe ihn ganz normal erlebt, er hat im Training einen guten Eindruck hinterlassen, hatte sehr viel Spaß.“ Er, der Chefcoach, der sehr nahe dran ist an seinem Goalgetter, habe „keine Anzeichen dafür, dass er abgelenkt ist“. Aber wirklich bestätigen wird sich das erst während der 90 Minuten am Samstag (15.30 Uhr/Sky) am Millerntor beim FC St. Pauli. „Er muss die Antwort auf dem Platz geben.“

Toppmöller denkt auch nicht daran, seinen Starspieler zu schützen oder ihn wegen des Trubels – oder einer drohenden Verletzung, die den Deal gefährden könnte – nicht aufzubieten: „Omar wird in der Startelf stehen.“ Außer etwas Außergewöhnliches geschieht. Kann ja immer mal passieren.