Eintracht Frankfurt und die verflogene Leichtigkeit

08. Dezember 2024, 15:23 Uhr

Fataler Fangfehler: Kevin Trapp patzt im Tor von Eintracht Frankfurt. © IMAGO/Jan Huebner

Der nicht mehr ganz so frische Bundesligist müht sich gegen den FC Augsburg zu einem 2:2-Remis und dämpft die hohen Erwartungen. Torwart Kevin Trapp zeigt sich selbstkritisch.

Der Frankfurter Kapitän Kevin Trapp ist kein Fußballer, der sich verstecken oder den Kopf einziehen würde, wenn es nicht so läuft wie gewünscht. Der Mann ist 34 Jahre alt, war Nationaltorwart, PSG-Keeper, Europapokalsieger, er ist ein kluger Kopf, eloquent, reflektiert, erfahren, und er weiß, dass große Siege zum Sport dazugehören wie bittere Niederlagen. Oder halt auch persönliche Fehlleistungen.

So wie die am Samstag beim 2:2 (0:0) im Bundesligaspiel im Waldstadion gegen den FC Augsburg, das die Eintracht eigentlich hätte gewinnen müssen, aber auch hätte verlieren können. Weil Kevin Trapp den Ball einmal von Phillip Tietz durch die Beine geschossen bekam, was passieren kann, Ausgleich zum 1:1 (60.). Und er danach einen kapitalen Bock schoss. Einen harmlosen Schuss von Arne Maier ließ er nach vorne abprallen, Samuel Essende staubte zum 2:1 ab (71.). Dumm gelaufen. „Das war kein guter Tag“, sagte ein sichtlich geknickter Torwart am Mikrofon von Sky. „Ich hatte wenig zu tun, mache einen Fehler. Das ist nicht so, wie man sich das vorstellt.“

Torwart Trapp patzt

Die beinahe spielentscheidende Szene beschrieb der Routinier ganz anschaulich, „ich hatte zwei Gedanken“, nämlich: „wegklatschen nach außen“ oder eben fangen. Das ging schief. „Klarer Fehler“, bemerkte er selbstkritisch. „Es ist mehr als ärgerlich.“

Denn eigentlich hätte die Eintracht diese Partie nach Hause bringen müssen, was angesichts der indiskutablen Vorstellung beim 0:3 im Pokal in Leipzig drei Tage zuvor nicht unwichtig gewesen wäre. So aber konnte sie sogar froh sein, durch den Ausgleichstreffer von Joker Can Uzun (74.) wenigstens noch einen Zähler behalten zu haben. „Das Spiel war nicht schlecht, das Ergebnis geht besser“, fasste Ansgar Knauff das Erlebte sehr treffend zusammen. Der umtriebige rechte Flügelläufer war es, der die Führung der Eintracht durch Hugo Ekitiké per Kopfballablage vorbereitete (55.). Das hat er gut gemacht.

Ansgar Knauff könnte man als Sinnbild für diesen im ersten Abschnitt unrunden und langatmigen, im zweiten Durchgang druckvolleren und beherzteren Auftritt der Eintracht heranziehen. Der 22-Jährige war an vielen vielversprechenden Aktionen beteiligt, zeigte großen Einsatz, doch im letzten Augenblick verhaspelte er sich oder spielte zu unpräzise. „In manchen Momenten haben wir die Bälle zu leicht verloren – auch ich“, sagte der Rechtsaußen. Eine Einschätzung, die Hugo Ekitiké teilte. „Es hat etwas gefehlt. Kleine Details, der letzte Pass, der letzte Touch.“

Ekitiké, der seinen siebten Saisontreffer machte, war dieses Mal der aktivere, bessere Angreifer, Sturmpartner Omar Marmoush kam gar nicht zur Entfaltung. Auch ein entscheidender Grund dafür, weshalb der Eintracht-Express zurzeit etwas lahmt. Und doch hätten die Frankfurter diese Begegnung auf ihre Seite ziehen müssen, sie waren gerade im zweiten Abschnitt die klar überlegene Mannschaft, gingen verdient in Führung. Auf den harmlosen FC Augsburg gaben da nur noch wenige einen Pfifferling. „Du denkst, du bist auf der Siegesstraße“, sagte Trainer Dino Toppmöller. „Und dann liegst du auf einmal aus dem Nichts mit 1:2 zurück.“ Ansgar Knauff verstand die Welt nicht mehr: „Die kommen zweimal vors Tor und treffen zweimal – das ist ärgerlich.“

Festhalten muss man gleichwohl auch, dass bei der Eintracht die Leichtigkeit verfolgen ist. Das Geschmeidige ist perdu, das Selbstverständliche weg. Das hängt sicher mit dem deprimierenden Erlebnis von Leipzig zusammen.

Kristensen am Kopf geflickt

Aber auch mit den körperlichen und mentalen Belastungen der vergangenen Wochen. „Wir haben sehr viele Englische Wochen in den Knochen“, befand Toppmöller. „Aber wir haben alles rausgehauen, was im Tank drin war. Und das war viel.“ Gegen Augsburg wurde der Verschleiß nicht nur deutlich, sondern auch sichtbar. Insgesamt vier Spieler trugen Platzwunden am Kopf davon (Oscar Hojlund und Rasmus Kristensen bei der Eintracht, Tietz und der Ex-Frankfurter Kristijan Jakic beim FCA) und beendeten die Partie mit einem Dieter-Hoeneß-Gedächtnisturban. Arthur Theate und Robin Koch schleppten sich mit einem gerissenen Außenband oder muskulären Problemen übers Feld. Rasmus Kristensen wurde in der Halbzeitpause „zehn Minuten am Kopf zusammengeflickt“, sagte Toppmöller und fügte anerkennend an: „Sie haben sich durchgebissen. Was für eine Energieleistung.“ Zwecks Regeneration gibt’s zwei Tage frei.

Zumal bis Weihnachten noch drei ungeheuer schwierige Spiele auf dem Programm stehen, am Donnerstag in der Europa League in Lyon, am Sonntag erneut in Leipzig, zum Abschluss zu Hause gegen Mainz 05. „Jetzt gilt es, die Batterien noch mal aufzuladen“, sagte Toppmöller. Und die beiden letzten Partien abzuschütteln. „Die waren für den Kopf nicht so schön“, wie Kevin Trapp sagte.

Auch deshalb warnt Sportvorstand Markus Krösche davor, jetzt plötzlich alles schlechtzureden und die Erwartungen ins Uferlose steigen zu lassen. Mit Blick auf das bisherige Abschneiden mahnt er einen differenzierten Blick aufs Große und Ganze an. „Wir sollten das Spiel bitte richtig einordnen“, sagte er bestimmt. „Wir haben nicht das Quäntchen Glück gehabt. Wir sollten alle die Kirche im Dorf lassen.“ Will sagen: Nach einem unglücklichen Remis in der Bundesliga und einem bitteren Pokal-Aus nicht gleich die Apokalypse ausrufen, sondern die Gesamtleistung anerkennen.

So sieht es auch Dino Toppmöller, der eine Frage nach der enttäuschenden letzten Woche locker abmoderierte: „Wir stehen nach 13 Spielen mit 27 Punkten auf dem zweiten Platz – Jammern auf hohem Niveau.“

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