Eintracht Frankfurt: Wer bremst, verliert
Beim letzten Mal gegen Gladbach: Robin Koch erstochert das Siegtor tief in der Nachspielzeit. © IMAGO/Jan Huebner
An das letzte Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach hat Dino Toppmöller noch sehr lebendige Erinnerungen. Was Wunder? Es war die letzte Partie vor der Winterpause, kurz vor Weihnachten, und die Eintracht schien sich mit einer unschönen Niederlage in die Ferien zu verabschieden; 0:1 lag sie hinten, die Uhr tickte runter. Nichts ging zusammen im Stadtwald, die Frankfurter brachten mal wieder einen trübseligen, düsteren Vortrag auf den Rasen. Oben auf der Tribüne auf den Presseplätzen war der eine oder andere Verriss bereits verfasst. Doch es sollte anders kommen, die Geschichte wurde neu geschrieben.
Denn kurz vor Ultimo flog der Gladbacher Max Wöber vom Platz, 88 Minuten waren rum, und plötzlich brannte die Luft. Der eingewechselte Niels Nkounkou brachte frischen Wind über links und scharfe Flanken vors Tor: Eine verwertete Aurelio Buta zum Ausgleich, zwei Minuten waren da schon drüber, und in der siebten Minute der Nachspielzeit stocherte Robin Koch im Fallen den Ball irgendwie über die Linie – mit größtem Willen und eiserner Entschlossenheit. Ein Kraftakt. Das Stadion bebte, es schien zu wanken, die Menschen flippten aus. „Das war das emotionale Highlight des Jahres“, sagt Eintracht-Trainer Toppmöller heute, und fast spürt man, dass die Gänsehaut wieder über seinen Körper krabbelt. „Es ist außergewöhnlich, dass du in der Nachspielzeit zwei Tore schießt und das Spiel drehst.“
Am Samstagabend (18.30 Uhr/Sky) stehen sich die beiden Teams erneut gegenüber, zum 101. Mal in der Bundesliga, und so schön die Erinnerungen an das Happy End auch sein mögen, Toppmöller ist ein Typ, der im Hier und Jetzt lebt. Und deshalb sagt er betont nüchtern: „Die Voraussetzungen jetzt sind andere.“ Keine schlechteren allerdings.
Die Eintracht ist mit drei Siegen aus vier Pflichtspielen gut gestartet, sie hat nur zwei ihrer letzten 28 Bundesligaheimspiele verloren, die Borussia hingegen nur drei ihrer letzten 26 Auswärtspartien gewonnen. Der Start der Elf vom Niederrhein war durchwachsen: zwei Heimniederlagen (allerdings gegen Leverkusen und Stuttgart) sowie ein Sieg in Bochum. Die Rollen sind klar verteilt. „Wir sehen uns als Favorit“, sagt auch Coach Toppmöller. Die Mannschaft gehe mit „totalem Selbstvertrauen“ ins Spiel.
Der Fußballlehrer will rund um die Eintracht eine „gewisse Euphorie“ ausgemacht haben, „und ich will auch nicht auf die Bremse treten“. Der Chefcoach hat unter der Woche, wie so oft, eine gute Energie gespürt, „die Jungs kommen mit Spaß zum Training“. Aber genau das müsse die Mannschaft dann auch am Spieltag zeigen.
Aus diesem Grund weist der Fußballlehrer explizit daraufhin, es nicht zu locker angehen zu lassen und insgeheim zu denken, es laufe jetzt alles wie am Schnürchen und quasi von alleine. Die Anfangsphase beim Spiel in Wolfsburg, als die Eintracht gar nicht stattfand, dient da als mahnendes Beispiel. „Wir sollten in den ersten 20, 25 Minuten nicht schläfrig ins Spiel gehen und uns den Schneid ablaufen lassen“, betont Toppmöller und gibt die einfache Losung aus: „Heimspiel, Flutlicht, da sollte der Fuß von Anfang an auf dem Gaspedal sein.“
Englische Wochen im Blick
Der 43-Jährige hat auch Verständnis für einen verkorksten Auftritt wie jenem in den ersten 20, 25 Minuten in Wolfsburg. „Du kannst auch mal so ein Spiel haben, in dem es nicht in die Richtung geht, wie wir es wollen. Das ist okay.“ Aber das solle doch, bitte schön, „nicht der Standard werden, da müssen wir schon immer mal den Finger in die Wunde legen.“
Mit einiger Sicherheit wird der Fußballlehrer am Samstag seine stärkste Elf ins Rennen schicken; Grund für Veränderungen gibt es ja nicht. Nur Mario Götze wird wohl mit einem Infekt ausfallen, und der Brasilianer Tuta könnte sich kurzfristig verabschieden, er wird zum ersten Mal Vater. Doch Toppmöller stellt auch klar, dass er im Hinblick auf die bevorstehenden Englischen Wochen keinesfalls immer dieselbe Startformation aufbieten werde. „Wir werden nicht am Samstag, am Donnerstag und am Sonntag mit der gleichen Elf auflaufen.“ Man habe sogar schon einen Plan für die kommenden Wochen ausgetüftelt, doch ob man sich an diesen genau halten kann, ist eher zweifelhaft, aber ein grober Umriss steht. „Wir haben das Große und Ganze im Blick“, sagt der Trainer, betont aber auch: „Wir wollen immer eine Topelf am Start haben.“
Daher müssten auch die Spieler, die jetzt erst einmal von der Bank kommen, ihre Eigenmotivation hochhalten. „Sie werden ihre Startelfmöglichkeit bekommen, und dann müssen sie vorbereitet sein für den Fall X.“