Eintracht-Spieler Jean-Matteo Bahoya: Der Lehrling

18. Juni 2024, 11:35 Uhr

Vielleicht zündet Jean-Matteo Bahoya den Turbo im zweiten Anlauf. © IMAGO/Kessler-Sportfotografie

Der 19 Jahre alte Flügelspieler der Eintracht Frankfurt hat ein halbes Jahr Bundesliga hinter sich, wird aber sehr schnell viel robuster und widerstandsfähiger werden müssen.

Wer sich in der Rückschau dem Eintracht-Talent Jean-Matteo Bahoya nähert, bleibt fast schon unweigerlich an einer Szene hängen, die sehr viel aussagt über den Status quo des 19 Jahre alten Franzosen. Es ist nur eine kurze Sequenz aus dem Spiel in Stuttgart im April, 2:0 steht es in einer einseitigen Partie für den VfB gegen eine desolate Frankfurter Mannschaft, und nach einer guten halben Stunde denkt sich Jean-Matteo Bahoya also, er müsste vielleicht mal etwas riskieren.

Viel zu verlieren gibt es eh nicht mehr, es ist sein erster (und einziger) Einsatz in der Startformation, das Spiel ist aus Frankfurter Sicht völlig zerfahren und vermurkst. Warum also nicht? Und dann nimmt sich der Außenbahnspieler auf dem offensiven linken Flügel den Ball und sprintet los; zwei, drei, vier schnelle Schritte, er will den Ball am Stuttgarter Verteidiger Leonidas Stergiou vorbeilegen, doch der Schweizer riecht den Braten, zieht kurz an und versetzt Bahoya einen ganz sachten Rempler. Der reicht aus, um den Eintracht-Spieler aus dem Tritt zu bringen und ihn mit dem Ball einfach ins Aus laufen zu lassen. Klassisch abgekocht, klassisch zerschellt. Eine Minute später fällt das 3:0. Messe gelesen.

Genau so sieht es aus, wenn ein Jugendspieler auf einen abgezockten Profi trifft, wobei: Auch Stergiou ist erst 22. Aber offenbar sehr viel weiter, cooler, erwachsener. Diese Szene war eine mit sinnbildlichem Charakter für das erste halbe Jahr des Jean-Matteo Bahoya, eine Szene, die zeigt, wie weit sein Weg bei Eintracht Frankfurt noch ist – ohne, und das sei explizit erwähnt, den hochveranlagten Spieler auf diese eine Situation zu reduzieren, was natürlich nicht fair wäre.

Kein Tor, keine Vorlage

Aber wenn der vom französischen Zweitligisten SCO Angers gekommene Flügelmann den Durchbruch schaffen oder näher an die erste Elf rücken will, muss er schnell dazulernen, die Bundesliga adaptieren und sich an die robustere, körperlichere, schnellere Spielweise gewöhnen. Ein halbes Jahr Lehrzeit liegt hinter ihm, viel zeigen können hat er nicht, weder eine Vorlage noch ein Tor stehen zu Buche, das eine oder andere Dribbling vielleicht. Aber das ist nicht die Welt.

Vielleicht haben ihm die sechs Monate dennoch geholfen. Vielleicht auch nicht. Das wird man erst beurteilen können, wenn es wieder losgeht. Die Eintracht gesteht dem Talent aber bewusst die Zeit zu, zu reifen und sich anzupassen, auch deshalb hat sie ihn schon im Winter geholt – als Vorgriff auf die neue Saison. Und sie hat tief in die Tasche gegriffen, zehn Millionen Euro investiert. Ob sich die amortisieren? Oder es eine Rendite gibt?

Sportvorstand Markus Krösche glaubt an den wuseligen Linksaußen, der bei seinem Ex-Klub Angers fünf Tore in 19 Zweitligapartien machte, aber nur auf sechs Startelfeinsätze kam. „Mit Bahoya und Hugo Ekitiké haben wir zwei Spieler dazugeholt, bei denen wir das Gefühl haben, dass sie uns das bringen, was wir noch brauchen“, sagt der Manager. Bei Stürmer Ekitiké gibt es da wenig Zweifel, er war schon in der Endphase der Saison die Versicherung für den internationalen Startplatz. Aber bei Bahoya? Zweifel bleiben – sollte er nicht förmlich explodieren und einen schnelleren Entwicklungsschritt machen als zu erwarten. Vielleicht wäre eine Leihe sinnvoll. Aber auch das wird erst die Vorbereitungszeit zeigen. Aktuell ist das jedenfalls nicht geplant. Der Bursche war halt auch nicht eben günstig.

Ein Qualitätsmerkmal ist sein Tempo. Der U-19-Nationalspieler ist fix auf den Beinen, keine Frage, aber ob er wirklich, wie kolportiert wurde, fast 37 km/h auf den Rasen bringt? Das wäre außergewöhnlich, ist von außen aber nicht zu erkennen. Vielleicht zündet er den Turbo ja erst im zweiten Anlauf. Auch das könnte man dann sinnbildlich sehen.

Eintracht-Zeugnis Eintracht Frankfurt läuft am Ende auf Rang sechs ein, kann aber die Menschen in der abgelaufenen Saison nicht begeistern. Im FR-Abschlusszeugnis reicht es daher nur für die Note 3- für den Bundesligisten. Das große Klassenbuc h gibt’s dieses Mal in Serienform und loser Folge. Spieler für Spieler im Porträt – vom Primus über den Musterschüler bis hin zu den Sitzenbleibern. Heute im Check : Jean-Matteo Bahoya.