Eintrachts Coup mit Can Uzun

12. März 2024, 12:52 Uhr

Das Toptalent aus Nürnberg: Can Uzun . © dpa

Nürnbergs Mega-Talent Can Uzun entscheidet sich für einen Wechsel nach Frankfurt. Die Hessen stechen den BVB und Bayern aus.

Dass der 1.FC Nürnberg doch noch mal ins Aufstiegsrennen der zweiten Liga eingreift, ist nicht unbedingt zu erwarten, aber auch nicht völlig illusorisch. Fünf Punkte liegen die Franken hinter dem drittplatzierten Hamburger SV – das ist in neun ausstehenden Partien durchaus wettzumachen. Okay, realistisch erscheint eine solche Aufholjagd nicht, zum einen sind die Clubberer viel zu inkonstant in ihren Leistungen, zum anderen liegen noch vier weitere Teams dazwischen, die sie auch erst einmal überholen müssten.

Dass der FCN aber überhaupt noch mal ranschnuppern darf, hat er zwei jungen Burschen zu verdanken, die erst jetzt am letzten Spieltag für Furore und mit einem herrlichen Angriff samt Torabschluss für den 1:0-Auswärtssieg beim 1.FC Magdeburg sorgten: Nathaniel Brown, 20 Jahre jung, Linksverteidiger. Und Can Uzun, 18, Vollstrecker im Sturmzentrum. Und das kam ziemlich genau so: Brown ging am linken Flügel wie eine Rakete ab, ließ den Magdeburger Herbert Bockhorn in höchstem Tempo stehen, flitzte bis an die Grundlinie, bog ab nach Innen, spitzelte den Ball mit links in den Rückraum, wo Can Uzun ihn aufnahm, ein Ballkontakt, Kopf nach oben und dann der überlegte Schlenzer mit der rechten Innenseite ins lange Eck, der Siegtreffer.

Brown kommt ja auch

Es war ein Tor, das man in Frankfurt früher häufig gesehen hat, von einem verehrten Spieler, dem Fußballgott, Alex Meier, dem König der Innenseite. Der Lange hat fast jedes seiner vielen Tore so erzielt. Can Uzun, dies vorneweg, macht seine Treffer auf ganz ähnliche Art und Weise, auch er beherrscht die gefühlvoll-platzierte Variante nahezu perfekt.

Die beiden Wegbereiter des Tores werden nicht mehr oft zusammen für den 1.FC Nürnberg spielen, noch neunmal, um genau zu sein. Dann werden sie den Club verlassen – gemeinsam und mit demselben Ziel: Eintracht Frankfurt. Den rasend schnellen Außenverteidiger Brown haben die Hessen bereits in Winter unter Vertrag genommen, ihn bis 2029 gebunden – und ihn für die Rückrunde direkt wieder nach Nürnberg verliehen. Drei Millionen Euro exklusive Boni hat die Eintracht für den U21-Nationalspieler gezahlt. Brown wird im Sommer in direkte Konkurrenz zu Routinier Philipp Max und dem noch unfertigen Niels Nkounkou treten. Unter Druck gesetzt werden soll er nicht. Aber wenn er schneller zündet als gedacht – umso besser.

Bei Can Uzun müssen die Frankfurter tiefer in die Tasche greifen, das 18 Jahre alte Mega-Talent wird rund zehn Millionen Euro kosten. Die Eintracht wollte den bevorstehenden Sommertransfer nicht bestätigen, ein Sprecher ließ sich lediglich das obligatorische „kein Kommentar“ entlocken, nach FR-Informationen hat der Klub vom Main aber den Zuschlag erhalten. Auch die „Bild“ hat entsprechend berichtet.

Damit ist der Eintracht zweifelsfrei ein gewaltiger Coup gelungen, denn Uzun gilt als eine der heißesten Nummern auf dem Stürmermarkt. Und hat Begehrlichkeiten bei vielen Vereinen geweckt – aus dem In- und Ausland. Darunter keine schlechten Adressen, Borussia Dortmund auch Bayern München buhlten um den in Regensburg geborenen Türken.

Doch den Zuschlag erhielt die Eintracht, weil sie in den vergangenen Jahren glaubhaft vermitteln konnte und bewiesen hat, dass sie für aufstrebende Spieler die ideale Plattform ist, um weiter zu reifen, sich zu entwickeln und den nächsten Schritt auf der Karriereleiter zu machen. So hat sie auch bei Schweden-Juwel Hugo Larsson schon Borussia Dortmund ausgestochen. Larsson ist in Frankfurt nicht nur Stammspieler, sondern längst Leistungsträger.

Krösche wirbt für den Weg

Sportvorstand Markus Krösche nimmt sich die Zeit, um dem Spieler einen genauen Plan aufzuzeigen, zu erklären, welche Rolle er einnehmen, wie er sich ins System Eintracht einfügen und zu einem besseren Fußballer gemacht werden soll. „Diese Dinge musst du dann auch einhalten“, sagt der Manager. „Glaubwürdigkeit ist das A und O.“

Can Uzun, der in dieser Saison in 22 Ligaspielen bereits 13 Tore gemacht hat (und drei weitere im DFB-Pokal) und auch im offensiven Mittelfeld eingesetzt werden kann, hat sich für den Eintracht-Weg entschieden. Dass die Nürnberger zwei Nummern zu klein geworden sind, ahnten die dortigen Verantwortlichen schon lange. „Wir sind heilfroh, dass wir so ein Talent in unseren Reihen haben, das Woche für Woche mit seiner Abschlussqualität den Unterschied ausmacht“, sagte Sportchef Dieter Hecking erst am vergangenen Wochenende. Und schob fast schon wehmütig nach: „Can wird seinen Weg gehen, aber ab Sommer sicherlich nicht beim 1. FC Nürnberg.“ Sondern in Frankfurt.

Dort freuen sie sich auf den Hochveranlagten, der erst kürzlich in aller Munde war, weil er sich dazu entschieden hat, in Zukunft für die Türkei und nicht für Deutschland zu spielen. Aller Voraussicht nach wird Uzun sogar schon bei der EM in Deutschland für die Türkei auflaufen, Nationaltrainer Vincenzo Montella stellte ihm die Teilnahme in Aussicht.

Für den DFB war die Entscheidung des Spielers ein Rückschlag, eine hochrangige Delegation um Sportdirektor Rudi Völler und Geschäftsführer Andreas Rettig bemühte sich in einem persönlichen Treffer mit der Familie sehr um Uzun. Doch der sagte ab. „Die Nationalmannschaft muss man fühlen – und hier haben mein Herz und mein Bauch gesagt, dass die Türkei die richtige Wahl für mich ist“, befand der 18-Jährige, der sich aber aufrichtig freute, dass der DFB um seine Zusage kämpfte. Er empfand das Werben als „riesige Ehre“ und spüre „große Dankbarkeit Deutschland“ gegenüber. Gerade Rudi Völlers Verhalten, „eine absolute Fußballlegende“, habe ihn berührt. Völler habe ihm geraten, „auf mein Herz“ zu hören. Das hat er getan. Nicht nur bei dieser Entscheidung.