Ermittlungen wegen des Verdachts des illegalen Glücksspiels bei SG Büdingen 1905

27. September 2023, 12:00 Uhr

Bruchwiese im Fokus: Bei einer Kontrolle im Sportheim der SG Büdingen stellen Polizei und Ordnungsbehörde Spielautomaten und Bargeld sicher. Nun wird wegen des Verdachts des illegalen Glücksspiels ermittelt. © Björn Leo

Die SG Büdingen 1905 steht erneut vor einem Scherbenhaufen. Nach einer Razzia ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des illegalen Glücksspiels im Sportheim.

Ein schmaler Gang in der Nähe der Spielerkabinen führt in Richtung Toiletten. An einer Tür hängt ein Schild mit der Aufschrift „privat“. Sie ist in der Regel verschlossen. Dahinter befindet sich ein etwa 16 Quadratmeter großer Raum, in dem bis zum Sommer zwei Spielautomaten standen. Die Rollläden waren heruntergelassen, im Hinterzimmer verkehrten vorwiegend Männer, die aus dem Schankraum des Sportheims ihre Getränke bekamen. War der unscheinbare Zweckbau in der Eberhard-Bauner-Allee ein Treffpunkt für illegales Glücksspiel? So jedenfalls schildern es Beobachter, die sich sicher sind, dass von diesen Vorgängen viele in der SG Büdingen gewusst haben müssen. Das Regierungspräsidium Darmstadt jedenfalls ordnete schließlich eine Kontrolle an. Polizei und Ordnungsamt stellten zwei Geräte, mit denen Glücksspiel betrieben werden kann, und Bargeld im hohen dreistelligen Bereich sicher. Die Ermittlungen wegen des Verdachts des illegalen Glücksspiels laufen, berichtet kreis-anzeiger.de.

Verdachts des illegalen Glückspiels bei der SG Büdingen

Was nach einem billigen Vorabendkrimi klingt, hat für die SG, ihr Image und die Debatte um die Zukunft der Bruchwiese fatale Folgen. In einem Sportheim, in dem sich regelmäßig Kinder und Jugendliche aufhalten, haben Spielautomaten nichts verloren. „Das ist eine Katastrophe für den Verein und mit den Werten der SG nicht vereinbar“, sagt Bodo Winter, Sprecher des Ältestenrats, der stets darum bemüht ist, dass der Club durch Fußball, mit sportlichen Erfolgen und guter Nachwuchsarbeit für Schlagzeilen sorgt. Jetzt muss der Büdinger, der als Mann des Ausgleichs und des Miteinanders in der Stadt einen ausgezeichneten Ruf genießt, erneut eine Krise moderieren. „Hier ist klar eine Grenze überschritten worden. Und natürlich ist der Vorsitzende in der Verantwortung“, sagt Bodo Winter im Gespräch mit dieser Zeitung.

Zu Beginn dieser Woche habe Winter von der Schatzmeisterin einen Anruf erhalten, in dem sie ihm mitgeteilt habe, dass der gesamte Vorstand in diesen Tagen zurücktreten wird. Die SG wird in der Folge beim Amtsgericht einen Notvorstand bestellen müssen. „Unser Ziel ist jedoch ein funktionierender Vorstand, der einen anderen Stil pflegt und den Verein wieder aufs richtige Gleis setzt“, so Winter. Nur ungern fasst er die jüngsten Entwicklungen mit Worten zusammen, die auf kriminelle Strukturen schließen lassen. Bodo Winter spricht von clan-ähnlichen Verhältnissen.

Fassungslos ist auch Martin Vosseler. Der Mann hat das Kunststück geschafft, binnen eines Jahres eine Jugendarbeit zu etablieren, die kreisweit ihresgleiches sucht. 130 Kinder und Jugendliche trainieren plötzlich unter dem Vereinsdach der SG. Sie kommen aus 16 Ländern, der Migrationsanteil liegt bei 80 Prozent. Es ist bis heute das größte Integrationsprojekt in der Stadt. Der Jugendleiter ist vor einigen Tagen aus dem Verein ausgetreten. „Dabei sind die Ermittlungen wegen des Verdachts des illegalen Glücksspiels nur die Spitze des Eisbergs“, sagt er. Martin Vosseler betont, dass es dem Vorstand nie um Nachwuchsentwicklung gegangen sei. „Das Erstarken der Jugendarbeit war gut fürs Image, fürs Marketing.“ Er spricht von fehlender Unterstützung und davon, dass für Ali Köksal nur die Erste Mannschaft zählt. »Bei der SG konzentriert sich alles aufs Sportheim und auf eine Truppe, die im besten Fall aus Legionären besteht.« Es sei ein Netzwerk entstanden, das ausschließlich an einer unmittelbaren Vorteilsnahme und an einer Absicherung untereinander interessiert sei. »Das Terrain auf der Bruchwiese ist vergiftet.« Er erzählt von einem Milieu, von fragwürdigen Sponsoren, von Störfeuern und einer Frequenz dubioser Leute am Sportheim, die dem ruhigen und sicheren Arbeiten mit Kindern und Jugendlichen nicht zuträglich sind. »Damit der Verein wieder Luft zum Atmen bekommt, braucht es schnell und effektiv schonungslose Aufklärung.«

So reagiert der Vorsitzende

Der Vorsitzende will sich angesichts des laufenden Verfahrens und der Vorwürfe gegen ihn eigentlich nicht äußern. Es seien 25, 30 Jahre alte Automaten, sagt Ali Köksal dann doch. „Die standen im Sportheim in meinem Büro und nicht in der Wirtschaft. Da habe ich ab und zu ein bisschen gespielt.“ Ja, er habe Fehler gemacht, „aber ich habe viele Jahre für die SG geopfert. Und jetzt bin ich der Depp der Nation“, bricht es aus Ali Köksal heraus.

Seit er den Aufhebungsvertrag unterschrieben hat, in dessen Folge die SG im Sommer 2024 die Bruchwiese verlassen muss, damit sie bis zur Landesgartenschau in vier Jahren zu einem Stadtpark umgebaut werden kann, spüre er Druck. „Die wollen mich loswerden“, schimpft Ali Köksal. „Aber nie wieder halte ich für die SG meinen Rücken hin.“

Kommentieren