Feuerzeug-Wurf gegen Patrick Drewes: Es gibt nur Spielverderber

20. Dezember 2024, 06:15 Uhr

Patrick Drewes wurde beim Auswärtsspiel des VfL Bochum bei Union Berlin mit einem Feuerzeug getroffen. © Andreas Gora/dpa

Kolumnist Harald Lange sieht beim Wurf eines Feuerzeuges gegen Bochum-Torhüter Patrick Drewes nur Spielverderber bei den beteiligten Personen.

Das in Berlin geworfene Feuerzeug beim Spiel in der Fußball-Bundesliga zwischen Union und dem VfL Bochum hatte Konsequenzen, die weit über die Verletzung des getroffenen Torhüters Patrick Drewes und die Verhängung eines Stadionverbots für den Werfer des Gegenstands hinaus gehen. Die inzwischen ausgiebig und überaus kontrovers diskutierte Szene hat einige Spielverderber sichtbar gemacht und – soviel lässt sich jetzt bereits sagen – die Liste derer, die sich im Zuge des Verfahrens beim DFB-Sportgericht und der daran gebundenen öffentlichen Debatten ebenfalls des Spielverderbens verdächtig machen, wird noch weitaus länger werden..

Bundesliga: Feuerzeug-Wurf gegen Drewes mit weitreichenden Folgen

Aus meiner Sicht auf dieses Spiel gibt es allerdings nur einen einzigen Spielverderber: Den Werfer des Feuerzeugs. Eine unterirdische Tat eines Einzelnen, der die Idee des Spiels ganz offensichtlich nicht begriffen und eine Grenze überschritten hat. Das haben die Union-Fans ganz spontan und ohne Zweifel auch so gesehen. Der Typ hatte keine Chance irgendwo in der Anonymität des Fanblocks unterzutauchen. Im Gegenteil: Es waren Fans von Union, die ihn identifiziert, dingfest gemacht und übergeben haben.

Alles Weitere an diesem Fall ist derart verworren, so dass am Ende alle Involvierten etwas verlieren werden. Allen voran der 31-jährige Torwart der Bochumer Drewes, den vor diesem Vorfall kaum jemand kannte. Er ist das Opfer dieses Wurftreffers und nur er allein kann entscheiden, ob und wie ihn diese Aktion in der Nachspielzeit gesundheitlich beeinflusst hat. Kurz zuvor hatte er sich noch eine Gelbe Karte wegen Zeitspiels abgeholt, weil er ganz offensichtlich dazu beitragen wollte, das 1:1 über die Zeit zu bringen. Das war unsportlich und dafür hat der Fußball glasklare Sanktionen. Dessen ungeachtet steht dieser Keeper nun aber wegen seines Verhaltens nach dem Treffer mit dem Feuerzeug als Spielverderber am Pranger. Ein Makel, den er nie wieder los wird. Anders als beim Werfer kennen wir aufgrund der tausendfach gezeigten Fernsehbilder jedes Detail seines Verhaltens.

Deshalb hat sich auch die Prominenz zu Wort gemeldet. Der erfahrene Ex-Schiedsrichter Manuel Gräfe verurteilte den Wurf des Feuerzeugs, sprach allerdings auch mit Blick auf den Torhüter und die Verantwortlichen beim VfL Bochum von „Schmierentheater“. Auch der ehemalige Weltklasse Torwart Oliver Kahn formulierte Kritik am Kollegen Patrick Drewes: „Ich hätte es besser gefunden, wenn der Torwart versucht hätte, weiterzuspielen. Und sich erst dann hätte auswechseln lassen, wenn es nicht mehr gegangen wäre.“

Sowohl Manuel Gräfe als auch Oliver Kahn wurden in der Diskussion ihrer Sätze ebenfalls des Spielverderbens bezichtigt. Es sei unangemessen, einem Opfer so etwas zu unterstellen und in der Folge vielleicht sogar aus Drewes einen Täter machen zu wollen. Gleichwohl finden die Positionen von Kahn und Gräfe in der Öffentlichkeit enorm viel positive Resonanz. Die Fernsehbilder lassen in der Tat entsprechende Interpretationsräume zu. Mehr als Interpretationen sind für Fans und andere außerhalb des Spielfeldes stehende Akteure auch nicht möglich. Öffentlich inszenierter Fußball ist ein Schauspiel, in dem es um Unterhaltung, Drama, Klamauk und auch um eine Menge Geld geht. Dieses Geschäft mit dem Fußball funktioniert nur, weil die Menschen das, was sie auf dem Spielfeld sehen, unterschiedlich bewerten und entsprechend heiß und engagiert diskutieren. Nicht beliebig offen, sondern immer im Bemühen, die Idee des Spiels, die Regeln des Fußballs und vor allem die Moral des Sports als Maßstab und Beleg für das Wahrgenommene und die eigene Position heranzuziehen.

Wird das DFB-Sportgericht der nächste Spielverderber?

Nun liegt der Ball beim DFB-Sportgericht. Das Regelwerk würde es hergeben, aus dem 1:1 einen Sieg für Bochum zu machen. Allein, dass so etwas nach diesem Spielverlauf und der unsportlichen Spielverzögerung der Bochumer Mannschaft von den Funktionären des VfL überhaupt in Betracht und mit dem formalen Einspruch und Antrag an den DFB auf den Weg gebracht wurde, macht die VfL-Bosse zu weiteren potenziellen Spielverderbern. Der DFB und sein Sportgericht befinden sich aktuell in einer schwierigen Lage, denn es liegt auf der Hand, dass dort die nächsten Spielverderber identifiziert werden. Je nachdem, wie entschieden und das Urteil begründet wird.

Mit Blick auf das Spiel, den Verlauf der Nachspielzeit und die wegen Spielverzögerung verhängte Sanktion gegen Keeper Patrick Drewes (gelbe Karte) fällt es mir schwer, auch nur im Entferntesten daran zu glauben, das Bochum dieses Spiel hätte gewinnen können. Aus sportlicher Sicht ist dieser Protest gegen die Spielwertung ebenso kleinkariert wie realitätsfern. Daher mein Rat an den DFB: Wertet das Spiel unentschieden und gebt jeder Mannschaft einen Punkt. Auch Patrick Drewes sollte sich hierzu unmissverständlich äußern. Mich würde brennend interessieren, ob er in der Nachspielzeit Anhaltspunkte dafür gesehen haben will, dass der VfL dieses Spiel tatsächlich hätte gewinnen können.