Hessenpokal: Lehnerz schrammt an der Sensation vorbei - Fotostrecke

Jänicke trifft in der Verlängerung

15. November 2014, 16:30 Uhr

Foto: Max Lesser

Das Wunder ist ausgeblieben: Der TSV Lehnerz hat im Hessenpokal-Viertelfinale gegen den Drittliga-Primus SV Wehen Wiesbaden einen großen Kampf abgeliefert, am Ende steht aber eine 1:2-Niederlage nach Verlängerung zu Buche.

Eine euphorische Kulisse von 1500 Zuschauern an der Richard-Müller-Straße hatte die leidenschaftlich kämpfenden Mannen von Henry Lesser bis in die 99. Minute getragen, ehe der ehemalige Bundesligaspieler des FC Hansa Rostock, Tobias Jänicke, einen Diagonalball quasi an der Grundlinie noch in die Mitte brachte, und das Spielgerät unglücklich hinter dem überraschten Keeper Benedikt Kaiser zum 2:1 für die Landeshauptstädter ins Tor trudelte. Umso bitterer, dass Jänicke nach dem Abpfiff zugab, "dass ich das Ding einfach nur in den Strafraum bekommen wollte" und damit Benedikt Kaiser, der zuvor prächtig gehalten und dirigiert hatte, nach Abpfiff konsterniert auf der Lehnerzer Bank zurückließ.

Dabei hatte das große Highlight in der Lehnerzer Vereinsgeschichte einen traumhaften Beginn genommen: Nach einer sensationellen Ballverarbeitung hatte Tusha seinen Stürmerkollegen Dominik Rummel herrlich in Szene gesetzt; der Ex-Fürther umkurvte Wehens Keeper Florian Fromlowitz, wurde danach geblockt, ehe Trainersohn Patrick Lesser den Ball ins Tor beförderte (9.). Zuvor hatte bereits Luca Schnellbacher seinen Dienst quittieren müssen. Der Wehener Stürmer war nach einem Luftduell unglücklich aufgekommen, sodass sich Gästecoach Marc Kienle zum Umstellen genötigt sah. Der Underdog hatte so gerade in den ersten 20 Minuten mächtig Aufwind, stand hinten gewohnt sicher und spielte nach vorne technisch ansprechend.

Eine "bombastische Leistung" hatte Lehnerz-Stürmer Dominik Rummel vor allem vor der Pause bei seiner Mannschaft ausgemacht, und in der Tat: Der große Favorit Wehen Wiesbaden kam so recht nicht zum Zuge, zeigte sich in Person von Keeper Florian Fromlowitz bisweilen sogar unsouverän und hatte in einem Freistoß von Alexander Riemann kurz vor der Pause, der zu mittig geriet, nur eine echte Torchance.

Auch nach der Pause standen die Lehnerzer hinten äußerst kompakt, was Henry Lesser hernach zu einem Riesenkompliment an seine Mannschaft verleitete. Wehen verlagerte das Spielgeschehen nun zwar weiter Richtung des Tores von Benedikt Kaiser, doch am Strafraum war meistens Ende im Gelände für den Aufstiegsfavoriten der Dritten Liga. Erst nach 62 Minuten gelang dem bis dahin bemühten, aber glücklosen Rechtsaußen der Wehener, Maximilian Ahlschwede, an seinem umsichtigen Gegenspieler Niklas Breunung vorbeizuziehen. Die Hereingabe der Wehener Nummer 22 drückte Soufian Benyamina dann über die Linie.

Wer nun ein Aufstecken der Lehnerzer erwartet hatte, der wurde positiv überrascht. Obwohl mit Leon Pomnitz (Kreuzbandriss) und Alexander Scholz (Zerrung) zwei wichtige Stützen kurzfristig ausgefallen waren, verteidigte der TSV weiterhin umsichtig und konsequent, sodass man den Favoriten bis in die Verlängerung zwang. Und dort zeigte die Lesser-Elf, dass sie topfit ist: Der normalerweise zwei Klassen tiefer spielende TSV bekam nämlich noch einmal Aufwind und brachte mit seiner Courage das Publikum, das frenetisch wie wohl nie mit dabei war, hinter sich. Es roch zu Beginn der Verlängerung eher nach einem 2:1 für die Hausherren, ehe Jänicke mit seinem Kunstschuss die Euphorie erstickte. Die letzten 20 Minuten sollten dem mitreißenden Pokalfight allerdings die Krone aufsetzen: In Minute 107 tauchte Pierre Mistretta frei vor Fromlowitz auf, scheiterte aber am Ex-Lauterer. Noch enger war es fünf Minuten später, als Kemal Sarvan die Latte traf. Doch der Ball sollte nicht mehr die Wehener Torlinie überschreiten.

"Es tut weh, dass sich mein Team nicht für den Aufwand belohnen wollte", war TSV-Coach Henry Lesser hin- und hergerissen zwischen Enttäuschung und Begeisterung über die Leistung seiner Mannschaft. Sein Gegenüber Marc Kienle zollte dem TSV auf jeden Fall Respekt: "Klar hat ihnen der Spielverlauf in die Karten gespielt, dennoch muss ich den Hut ziehen vor der Leidenschaft, die Lehnerz aufgebracht hat. Solche Pokalspiele gegen unterklassige Clubs sind für den Favoriten immer undankbar, deshalb bin ich in erster Linie froh, dass wir nur im Halbfinale stehen." "Bitter war es", befand TSV-Pressesprecher Michael Hamperl, der dennoch das Positive aus dem Spiel ziehen wollte: "Die Region hat einen großen Fußballnachmittag geboten bekommen. Die Kulisse hat gepasst, organisatorisch gibt es nichts zu bemängeln." / hall