Gersfelds Schritt nach Bayern: „Vorerst eine Übergangslösung“
Auf dem Gersfelder Sportgelände wird auch kommende Saison – zumindest ab und an – ein Fußballspiel stattfinden. © Ralph Kraus
Warum meldet die SKG Gersfeld zur neuen Saison keine Mannschaft mehr?
Es gibt mehrere Gründe: Einer davon ist die personelle Situation im Jugendbereich. Es kommen immer weniger Spieler nach. Damit hat fast jeder Verein zu kämpfen und dadurch ist die Spielerdecke sehr klein. Aus diesem Grund haben wir vor drei, vier Jahren schon versucht, mit benachbarten Vereinen in eine Kooperation zu kommen. Diese Bemühungen sind aber leider allesamt gescheitert. Deshalb haben wir uns jetzt Richtung Bayern orientiert und dies Kreisfußballwart Torsten Beck auch am 7. Mai mitgeteilt.
Wie genau geht es weiter?
Wir sind über die Landesgrenze hinaus gegangen, denn wir haben mit dem VfR Stadt Bischofsheim schon länger ein gutes Verhältnis. Wir tauschen uns oft aus, machen Freundschaftsspiele, spielen regelmäßig gegenseitig auf unseren Sportfesten. Dort sind wir sofort mit offenen Armen empfangen worden.
Wie groß ist der Faktor der schwierigen geografischen Lage von Gersfeld, was das Personalproblem angeht?
Wir liegen am äußersten Zipfel des Landkreises. Da jemanden nach Gersfeld zum Fußballspielen zu bewegen, ist nicht leicht. Man muss viel Idealismus mitbringen, wenn man aus dem Raum Fulda zweimal die Woche 60 Kilometer zum Training fahren soll. Ein Faktor, der mir schon lange bitter aufstößt, ist das Thema Geld. Jeder Spieler meint, dass er bereits in der B-Liga Geld verlangen muss. Leider werden diese Gelder bei anderen Vereinen gezahlt. Dieses Spiel haben wir noch nie mitgespielt und werden das auch in Zukunft nicht. In meinen Augen macht Geld den Amateurfußball kaputt. In Unterfranken gibt es dieses Problem nicht, dort bekommen Spieler in den unteren Klassen kein Geld. Wir wollen lieber versuchen, die Gemeinschaft im Verein zu fördern, denn wir haben als Verein eine soziale Aufgabe in der sich wandelnden Gesellschaft.
Ist das nun eine Spielgemeinschaft, löst sich die Fußball-Abteilung auf oder wie wird es künftig laufen?
Wir lösen uns nicht auf. Es handelt sich auch nicht um eine Spielgemeinschaft. Das ist länderübergreifend zwischen den beiden Verbänden schwierig. Wir werden uns dem VFR Stadt Bischofsheim, der aus Schönau-Wegfurt und Bischofsheim besteht, anschließen. Das heißt, dass unsere Spieler komplett im Block nach Bischofsheim wechseln.
Ist das eine Dauerlösung?
Nein. Es ist vorerst als Übergangslösung angedacht. Sobald wir wieder eigenständig werden können, kommen wir zurück nach Hessen und schicken eine eigenständige SKG-Mannschaft ins Rennen.
Werden in der kommenden Saison Spiele in Gersfeld stattfinden?
Es wurde vereinbart, dass wir vier oder fünf Heimspiele in Gersfeld austragen werden. Es wird eine zweite Seniorenmannschaft eröffnet, die in der untersten Klasse anfängt. Wir wollen unbedingt in Gersfeld das Vereinsleben erhalten. Das ist mit dem Klassenleiter auch alles bereits abgestimmt. Klassenleiter ist übrigens André Nagelsmann, der Bruder von Bundestrainer Julian Nagelsmann.
Welche Liga spielt man dann im kommenden Jahr?
Die Liga heißt Kreisklasse Rhön 2. Das ist vergleichbar mit unserer A-Liga hier im Bezirk Fulda. Die Zweite beginnt in der untersten Staffel. Das ist in Bayern die B-Klasse. Die zweite Mannschaft wird von den beiden Gersfeldern Julian und Patrick Klein trainiert.
Wie schwer ist den Verantwortlichen der Schritt gefallen? Hat man lange mit sich gerungen?
Wir haben tatsächlich lange mit uns gerungen, wobei der Entschluss dann sehr zügig gefallen ist. Es gab keine große Alternative für uns, denn wir wollten, dass es unbedingt mit dem Fußball in Gersfeld weitergeht. Wenn du die Abteilung ganz aufgelöst hättest, wäre alles zerfallen. So können wir den Jungs was anbieten. Und von Gersfeld aus nach Bischofsheim zu fahren ist nicht viel weiter, als wenn wir in Hettenhausen, Dalherda oder Poppenhausen spielen würden.
Wie viele Spieler hat die SKG Gersfeld aktuell noch?
Uns haben 15 Spieler zugesagt. Hinter zwei weiteren steht noch ein Fragezeichen.
Wie waren die Reaktionen im Umfeld?
Es kamen viele positive Stimmen, weil der Gersfelder sich doch eher Richtung Bischofsheim gezogen fühlt als Richtung Fulda.
Was macht die Jugend?
Die läuft zunächst einmal ganz normal in der JSG Vorderrhön weiter. Aber Bischofsheim will um den Kreuzberg einen Kreis von zwölf Kilometern ziehen und dort alle Vereine in der Jugendarbeit versammeln. Ob und in welcher Form das letztlich so kommen wird, muss sich zeigen, ist aber zur Zeit kein Thema für uns.
Wie viele Kinder und Jugendliche spielen denn noch in der Jugend?
Hinter Thalau stellen wir mit mehr als 50 Kindern die zweitmeisten Spieler von allen Vereinen der JSG Vorderrhön.
Sie hängen sehr am Verein. Welche Schlagzeile würden Sie sich für das Jahr 2030 wünschen?
Gersfeld schafft den Wiederaufstieg in die Kreisoberliga Fulda.
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