„Ich bin Carlo Ancelotti ewig dankbar“

13. September 2024, 13:51 Uhr

Eintrachts Niels Nkounkou im Zweikampf mit Hoffenheims Pavel Kaderabek. Die Eintracht gewann die Partie Ende August mit 3:1 (2:0). © IMAGO/Jan Huebner

Eintracht-Verteidiger Niels Nkounkou über den Real-Trainer als seinen großen Förderer, seine Beziehung zu Dino Toppmöller, frühe Gelbe Karten und ein Stadion, das er zum Beben brachte. Ein Interview.

Herr Nkounkou, nicht wenige behaupten, Ihre Leistung beim 3:1-Sieg im letzten Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim sei Ihre beste im Eintracht-Dress gewesen. Gehen Sie da mit?

Es war ein gutes Spiel, in der Tat, aber ob es das beste seit meiner Ankunft in Frankfurt war, weiß ich nicht. Ich finde, in der letzten Saison gab es auch einige Spiele von mir, die ähnlich waren.

Sie sind seit einem guten Jahr in Frankfurt und haben schon ein paar Spuren hinterlassen. Gleich bei Ihrem Debüt den Ausgleichstreffer gegen Köln, dann die beiden Vorlagen zum späten 2:1-Erfolg gegen Mönchengladbach oder den wunderbaren Pass in Leipzig zu Ansgar Knauff, der den Siegtreffer machte. Was war Ihr Highlight?

Der größte Augenblick war sicherlich mein erstes Tor gegen Köln. Ich bin erst einen Tag vorher hier angekommen, meine gesamte Familie war im Stadion. Dann werde ich eingewechselt – und mache den Ausgleich. Das war etwas ganz Besonderes für mich.

Und das Stadion schien förmlich zu wanken nach Ihrem Treffer.

Ja, es bebte! Alle waren „on fire“. Das war ein tolles Erlebnis, das ich nie mehr vergessen werde.

Wie würden Sie Ihr erstes Jahr in Frankfurt bewerten?

Durchschnittlich bis gut. Es gibt immer Dinge, die es zu verbessern gilt. Die ersten sechs Monate waren ein bisschen schwieriger, man muss sich auch erst an alles gewöhnen. Neue Mannschaft, neuer Verein, neue Stadt, neues Umfeld – das braucht seine Zeit. Ich bin aber immer besser reingekommen, ab der zweiten Saisonhälfte lief es besser für mich. Ich finde, dass ich mich im Laufe der Zeit gut an die Bundesliga angepasst habe. Ich kenne die Liga jetzt besser, habe ein besseres Gespür.

Ihre Stärken liegen klar in der Offensive, das sieht zeitweise richtig spektakulär aus. Doch Trainer Dino Toppmöller mahnte auch an, dass Sie sich defensiv verbessern müssten. Nehmen Sie diesen Hinweis auf?

Ich bin ein Spieler, der gerne den Schwung aufnimmt und Akzente in der Offensive setzen will. Aber natürlich ist mir auch bewusst, dass ich mich in der Rückwärtsbewegung noch verbessern muss. Das hat mir der Trainer auch gesagt. Ich arbeite daran und finde, dass ich auf einem guten Weg bin.

Ein Thema in der Vorsaison waren auch Ihre Gelben Karten, manchmal früh im Spiel, die Sie dann in die Bredouille gebracht haben, weil Sie Gelb-Rot gefährdet waren. Auch das sprach der Trainer schon mal an. Und dann in Braunschweig sind Sie sofort wieder früh verwarnt worden. Was ging da in Ihnen vor?

Ich finde, das war eine harte Entscheidung. Es war eine Minute gespielt, es war das erste Foul. Da muss man meiner Meinung nach nicht unbedingt die Gelbe Karte geben.

Der Trainer lobte Sie nach der Partie aber auch. Er sagte, Sie hätten das Spiel sehr seriös und erwachsen zu Ende gespielt, seien in keine brenzlige Situation mehr geraten.

Der Trainer schenkt mir Vertrauen, das freut mich. Aber insgesamt habe ich mir schon vorgenommen, die Verwarnungen zu minimieren. Allerdings lässt sich dies durch den Fokus und das Adrenalin im Spiel nicht immer vermeiden, speziell in brenzligeren Situationen. Man muss dann versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren.

Die letzte Saison wurde auf Platz sechs abgeschlossen, es gab aber dennoch Kritik am Spielstil. Was sind die Unterschiede zwischen den beiden Spielzeiten?

Man muss ja sehen, dass es letzte Saison einen großen Umbruch gab. Das braucht seine Zeit. Jetzt sind wir ein Jahr weiter. Die Mannschaft lebt, wir kommen gut klar miteinander, die Stimmung ist sehr gut. Wie Sie richtig sagen, war der sechste Platz am Ende ein gutes Ergebnis. Aber wir haben jetzt eine starke Mannschaft mit hoher Qualität. Mein Ziel ist, dass wir mindestens Platz sechs erreichen und die Mannschaften oben ärgern. Wir wissen, was wir können.

Das heißt ja dann: Champions League.

(schweigt erst mal). Am Ende werden wir sehen, wo wir landen werden. Ich will jetzt keine großen Töne spucken, es sind ja erst zwei Bundesligaspiele absolviert. Aber ich habe nichts gegen ambitionierte Ziele.

Vielleicht kann ja der neue Traumsturm Omar Marmoush/Hugo Ekitiké helfen. Geht Ihnen da als Mitspieler manchmal das Herz auf, wenn Sie diese beiden spielen sehen?

Das sind zwei Spieler mit enormen Qualitäten, auch wenn sie unterschiedliche Profile haben. Sie tun uns gut. Ich verstehe mich mit beiden sehr gut. Wenn sie solche Leistungen bringen wie gegen Hoffenheim, dann freut sich natürlich jeder von uns.

Der Trainer spricht auch Französisch. Hilft Ihnen das, bekommt man dadurch einen anderen Zugang zueinander?

Es macht den Umgang im Alltag natürlich leichter, es ist hilfreich und angenehm. Vor allem auch, wenn es um taktische Erklärungen und Spielzüge geht. Dass der Trainer mehrere Sprachen spricht, ist ein großes Plus für mich und uns als Mannschaft.

Fühlen Sie sich mittlerweile heimisch in Frankfurt?

Ich bin sehr gut aufgenommen worden, habe einen guten Draht zu allen hier. Ich würde inzwischen sagen, ich gehöre zur Familie.

Sie sind schon weit herumgekommen, waren in jungen Jahren ein richtiger Wandervogel: Marseille, Everton, Lüttich, Cardiff, St.-Etienne, jetzt Frankfurt. War Ihnen eigentlich immer klar, dass Sie Ihr Leben als Fußballprofi bestreiten wollen?

Das war mein Traum von Kindesbeinen an. Dem Fußball habe ich alles untergeordnet und viel investiert. Ich bin jetzt auf einem guten Weg, strebe aber das Maximum an. In Frankfurt fühle ich mich sehr wohl und bin sehr froh, hier zu sein. Man weiß natürlich nie, wo einen der Weg am Ende hinführt, aber aktuell sehe ich mich hier sehr gut aufgehoben, auch um mich persönlich und sportlich weiterzuentwickeln. Ich werde weiter hart an mir arbeiten, das steckt in mir, das ist mein Naturell.

Sie sagten mal, dass Sie dem heutigen Real-Trainer Carlo Ancelotti viel zu verdanken haben. Erzählen Sie doch mal.

Er war in Everton mein erster Trainer im Profibereich. Carlo Ancelotti hat mir vieles beigebracht und mich zu dem Spieler gemacht, der ich heute bin. Er war für meine Entwicklung sehr wichtig. Ich werde ihm ewig dankbar sein.

Zur Person Niels Nkounkou , im französischen Pontoise geboren, 23 Jahre alt, hat für Eintracht Frankfurt 42 Pflichtspiele absolviert, 25-mal stand er in der Startelf, machte drei Bundesligatore und gab drei Vorlagen. Damit ist er bisher ganz zufrieden. Doch besser geht immer, findet der Linksverteidiger, der sich für diese Saison hohe Ziele gesetzt hat – persönlich, aber auch als Mannschaft. Das erzählte er im halbstündigen Interview; Sacha Gempek übersetzte. FR